'Die Gemeinde' November 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...
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POLITIK • INLAND<br />
POLITIK<br />
Geplante Erregung<br />
Am 18. Oktober, einem Sonntag, warb ei -<br />
ne vermeintlich neue Partei namens RWT<br />
(Österreichs Partei für Recht Wür de und<br />
Tugend) in Zeitungsinseraten mit dem<br />
Slogan „Soziale Wärme statt Woar me“.<br />
Parteisymbol: ein Zahnrad mit Ru ne, bei -<br />
des im neonazistischen Eck in Ge brauch.<br />
Bald war geklärt: es handelt sich nicht<br />
um eine neue rechte Bewegung, sondern<br />
um eine Werbekampagne für einen Film.<br />
Doch: wie sinnvoll – und wie akzeptabel –<br />
ist solch ein Kampagne?<br />
VON ALEXIA WEISS<br />
Bei der Tageszeitung „Die Presse“ liefen<br />
an diesem Sonntag die Telefone<br />
heiß. Die Beschwerdeflut war groß.<br />
Auch per mail. So schrieb etwa Ro -<br />
land Kemer, der seinen Leserbrief in<br />
Kopie auch an die Redaktion der „Ge -<br />
meinde“ sandte: „Sehr geehrte Damen<br />
und Herren, <strong>als</strong> langjähriger Abonnent<br />
der Tageszeitung ‚Die Presse‘, auch <strong>als</strong><br />
Leser anderer Qualitätszeitungen, war ich<br />
erschüttert <strong>als</strong> mir die Anzeige auf Seite<br />
11 links unten ins Auge sprang. (…) Hat<br />
die Presse es denn nötig, solchen Orga ni -<br />
sationen eine Plattform zu bieten? (…)<br />
Solche Anzeigen haben NICHTS, aber<br />
auch GAR NICHTS in Tageszeitungen<br />
zu suchen, und das Mindeste was ich mir<br />
von Ihnen erwarte ist eine Distanzierung<br />
von solchem Gedankengut!“<br />
Doch auch nach der erfolgten Auflö -<br />
sung – seit <strong>als</strong>o klar ist, dass es sich<br />
bei dieser vermeintlichen Anzeige für<br />
eine Partei namens RWT um marke -<br />
ting für den Film „Blutsfreundschaft“<br />
von Peter Kern (mit Peter Berger in<br />
der Hauptrolle eines alten Homose -<br />
xu ellen, der einem jungen neonazi<br />
Unterschlupf gewährt) handelt, ge -<br />
hen die meinungen auseinander: ist<br />
diese Form der Werbung erlaubt? Vor<br />
allem, da es im Grundsujet keinerlei<br />
Auflösung, keinerlei Hinweis auf ein<br />
Kulturprojekt gab?<br />
Ganz im Gegenteil: die Homepage<br />
www.rechtwuerdetugend.at gab zu nächst<br />
ebenfalls vor, Webauftritt einer Partei<br />
zu sein, noch dazu einer, die nur mit<br />
einer Registrierung Zugriff auf in hal -<br />
te erlaubt. Ein in der rechtsextremen<br />
Szene durchaus übliches mittel, viele<br />
Seiten gewähren nur ihren registrierten<br />
mitgliedern nähere Einblicke auf<br />
den gebotenen Content.<br />
Franz novotny gegenüber „Die Ge -<br />
meinde“ auf die Frage, mit welchen<br />
Reaktionen das Filmteam nach der<br />
Schaltung der ersten inserate konfrontiert<br />
worden sei: „Mit berechtigter Em -<br />
pörung, dem integralen Bestandteil unserer<br />
Kampagne. Und es ist all jenen zu<br />
Recht Empörten für die Entrüstung zu<br />
dan ken, die aus dem ersten Teil der künstlerischen<br />
Intervention abreifte. Die Em pör -<br />
ten wurden Teil eines Widerstands gegen<br />
das Umsichgreifen menschenverachtender<br />
Parolen, die in der Stadtlandschaft in an de -<br />
ren Fällen beinahe schon <strong>als</strong> ‚ist halt hier<br />
so‘ hingenommen werden. Man denke an<br />
die unsäglichen FPÖ-Wahlkämpfe der Ver -<br />
gangenheit und besonders an die, die zu<br />
erwarten sind, oder an die ‚Ostküsten‘-<br />
Sager.“<br />
Berechtigte Empörung <strong>als</strong>o. Alles einkalkuliert.<br />
michael Fleischhacker,<br />
Chefredakteur der „Presse“ kommentierte<br />
die Kampagne am 21. Oktober<br />
unter dem Titel „Ein Lehrstück in<br />
medienkunde“. in Diskussionen mit<br />
Leserinnen und Lesern über das in -<br />
serat in der „Presse am Sonntag“ sei<br />
die Erklärung, dass es sich nicht um<br />
das Zulassen einer verabscheuungswürdigen<br />
Anti-Homosexuellen-Het ze<br />
handelte, sondern um die Unterstüt -<br />
zung eines Films, der diese Politik kri -<br />
tisch, aber unaufgeregt, eigentlich hu -<br />
mor voll behandelt, oft nicht akzeptiert<br />
worden.<br />
„Mit solchen Sachen, so das Gegenar gu -<br />
ment, triebe man keine Scherze, nicht einmal<br />
für einen guten Zweck“, sei gesagt<br />
worden und Fleischhacker weiter:<br />
„Das ist – so wie die Ablehnung der In hal -<br />
te der Anzeigen – ein nobler Standpunkt.<br />
Es war allerdings kein Scherz, sondern<br />
der sehr ernst gemeinte Versuch, die Wech -<br />
selwirkungen zwischen Politik, Me dien<br />
und Medienkonsumenten durchzuspielen.<br />
Er hat gezeigt, wie schnell Medien und<br />
Medienkonsumenten <strong>als</strong> Adressaten ag -<br />
gressiver politischer Kommunikation an<br />
die Grenzen ihres Entscheidungs spiel raums<br />
geraten: Soll/kann/darf ein Medium be -<br />
zahlte Anzeigen nach politischer Zu stim -<br />
mung oder Ablehnung selektieren? Wenn<br />
ja, nach welchen Kriterien? Was ist die<br />
an ge messene Reaktion auf Hetzpro pa -<br />
gan da?“<br />
Die Werbe-Kampagne <strong>als</strong>o nicht nur<br />
<strong>als</strong> Kampagne für den Film, sondern<br />
auch <strong>als</strong> gesellschaftspolitisches in -<br />
stru ment, um gegen rechte Ten den zen<br />
aufzustehen. So argumentiert auch<br />
novotny. Gefragt, warum in den ers -<br />
ten Sujets auf Hinweise auf den Film<br />
gänzlich verzichtet wurde, meinte<br />
der Filmproduzent: „Da die Pointe nicht<br />
schon am Anfang verraten werden darf.<br />
Weblink und Affichen führten aber nahezu<br />
unmittelbar von Medien unterstützt zu<br />
Kerns Film ‚Blutsfreundschaft‘, dessen<br />
Thema sich u.a. den von rechts genutzten<br />
Hetz-Mechanismen widmet. Weblinks,<br />
12 november <strong>2009</strong> - Cheschwan/Kislew 5770