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'Die Gemeinde' November 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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KULTUR • THEATER<br />

kam ins Gespräch – und Laher wurde<br />

der Übersetzer dieser Lebenserinne -<br />

run gen des Psychiaters Hans Rei chen -<br />

fels, vom Englischen ins Deutsche.<br />

Reichenfels wiederum hat inzwischen<br />

begonnen, seinen ersten Roman zu<br />

schreiben – in deutscher Sprache, der<br />

einen seiner Vorfahren zum Thema<br />

hat, der in den Zeiten Josephs ii. am<br />

Zustandekommen des narrenturms in<br />

Wien Anteil hatte. „Diese späte, auch<br />

sprachliche Rückkehr hat mich sehr be -<br />

rührt“, erzählt Laher.<br />

Den Lehrer Martin Krist wiederum, der<br />

sich seit Jahren in seinem Ge schichts -<br />

un terricht um das Vermitteln des Ho -<br />

lo caust und zeitgeschichtli cher Zu sam -<br />

menhänge bemüht, hat ein Kind heits -<br />

erlebnis geprägt. „Als ich in den 1960-er<br />

Jahren die Volksschule be such te, wurde ich<br />

<strong>als</strong> ‚braver‘ Schüler ne ben einen ‚schlimmen‘<br />

gesetzt. Dieser – Sti peck hieß er –<br />

wur de von allen ausgegrenzt. Das verstand<br />

ich bald nicht mehr, denn ich konnte<br />

mich gut mit ihm unterhalten. Doch dann<br />

war er plötzlich weg – er war dort, wo er<br />

‚hingehörte‘: in der Sonder schu le. Erst<br />

Jah re später verstand ich: Sti peck war Rom<br />

– das reichte zur Stig ma tisierung. Seit<br />

da m<strong>als</strong> lässt mich das The ma der Außen -<br />

seiter in der Gesell schaft nicht mehr los.“<br />

Die Theodor Kramer-Gesellschaft, die<br />

sich seit 25 Jahren der österreichischen<br />

Exil-Literatur widmet, will alle Bei trä -<br />

ge der Tagung in einem Jahr buch herausbringen.<br />

Darin werden dann auch<br />

die persönlichen Bezüge zu dem The -<br />

ma „Subjekt des Erin nerns?“ von u.a.<br />

Evelyn Adunka (Histori ke rin, Publi ka -<br />

tionen zur jüdischen Ge schich te und<br />

Literatur), Primavera Gruber (Grün-<br />

derin des „Klangforum Wien“ sowie<br />

des „Orpheus Trust“, der sich vertriebenen<br />

und vergessenen Künst lern wid -<br />

mete), Hans Haider (AHS-Leh rer und<br />

Gründer des Vereins „Er in nern“ in<br />

Villach), Doris Ingrisch (Do zentin für<br />

Zeitgeschichte), Marina Jamritsch (AHS-<br />

Lehrerin, Erinne rungs projekte in Her -<br />

magor), Bern hard Ku schey (His toriker,<br />

Studien zu Ernst und Hilde Fe dern,<br />

letz te Zeugen der Grün derge ne ration<br />

der Psycho ana ly se), Eleonore Lappin-<br />

Eppel (institut für jü di sche Geschichte<br />

Österreichs), Karl Müller (Germanist<br />

und Vorsitzender der Kramer-Gesell -<br />

schaft), Vladimir Vert lib (in Leningrad<br />

geborener Schrift steller) und David<br />

Vys soki (ärztlicher Leiter von ESRA)<br />

nachzulesen sein.<br />

www.theodorkramer.at<br />

Perfekter hätte das Stück für den Auf -<br />

takt nicht gewählt werden können. „ha<br />

makom“, „der Ort“, nennt sich die<br />

neu belebte Spielstätte mitten im Zwei -<br />

ten. Der Ort, das Haus, der Schau platz,<br />

spielen mit, spielen eine Rolle in „Rück-<br />

kehr nach Haifa/ Small Talk“ des is ra e -<br />

lischen Erfolgs autors ilan Hatsor, das<br />

im Theater nestroyhof Hamakom<br />

An fang no vem ber seine österreichische<br />

Erstauf führung erlebte. Eine Pre -<br />

miere nach so vielen Jahrzehnten für<br />

dieses Wie ner Jugendstil-Theater ju wel,<br />

das un zugänglich hinter einem Su per -<br />

markt verborgen war und erst 1997<br />

wieder entdeckt wurde.<br />

Seine Geschichte ist eine Wiener jü di -<br />

sche Geschichte. 1898 vom Wiener jü -<br />

dischen Architekten Oskar marmo rek<br />

geplant, bis in die Dreißiger Jahre ein<br />

kulturelles jüdisches Zentrum, u. a. hat<br />

Karl Kraus hier Wedekind inszeniert,<br />

schließlich Arisierung, eine zwei fel -<br />

haf te Restitution und Zweck ent frem -<br />

dung. Wach geküsst und in die Gegen -<br />

wart zurückgeholt vom neuen künstlerischen<br />

Leiter Frederic Lion, der die<br />

Tradition des Hauses für sein Pro -<br />

gramm nutzen und es mit Lesun gen,<br />

Ausstellungen und Konzerten auf die<br />

Wiener Kulturlandkarte setzen möch te.<br />

Der Geist der „Jüdischen Künstler -<br />

spie le“, die bis 1938 hier be hei matet<br />

waren, soll dabei mitge dacht werden.<br />

Architektonisch hat der zweigeschossige,<br />

durch eine Glasdecke licht durch -<br />

flutete Saal mit dem originalen Ge -<br />

län der jedenfalls mehr <strong>als</strong> Potenzial.<br />

Er hat eine Seele.<br />

Der Hausherr Frederic Lion hat diese<br />

Seele mit der Stückauswahl und seiner<br />

inszenierung erstm<strong>als</strong> zum Schwin -<br />

gen gebracht. Und die Richtung vor -<br />

ge zeichnet, in die das Theater gehen<br />

will. Die nicht ausschließlich jüdischen<br />

Themen wie Heimat, Exil und Besitz<br />

sollen hier einen Ort der künstleri -<br />

schen Auseinandersetzung finden.<br />

„Mein Haus ist Ihr Haus“ begrüßt der<br />

Gastgeber, ein israelischer Wissen -<br />

schaft ler, einen Professor aus Ameri ka,<br />

der zu Recherchezwecken nach Haifa<br />

gekommen ist. Die Wahrheit dieser<br />

höflichen Floskel ist, wie sich heraus -<br />

stellen wird, der Zündstoff dieses Zeitund<br />

Familiendramas, in dem es um<br />

ideal und Wirklichkeit, um Lügen und<br />

Schutzbehauptungen, um Generatio -<br />

nen konflikte und nicht zuletzt um den<br />

Konflikt zwischen israelis und Paläs -<br />

ti nensern geht.<br />

Mehr <strong>als</strong> ein<br />

Schauplatz<br />

Mit „Rückkehr nach Haifa/<br />

Small Talk“ eröffnete das<br />

Theater Nestroyhof Hama kom<br />

VON ANITA POLLAK<br />

Liberal und engagiert in der Frie dens -<br />

bewegung lebt das intellektuelle Ehe -<br />

paar moris und Amalia mit zwei er -<br />

wachsenen Kindern in seinem stilvoll<br />

renovierten alten Haus in Haifa. Poli -<br />

tisch ist man links, was schon der ironische<br />

Titel „Small Talk“ - small heißt<br />

hebräisch links- <strong>als</strong>o eigentlich „Links-<br />

geschwätz“, andeutet. Professor Abli ni<br />

aus Yale wurde aus nicht ganz un ei -<br />

gen nützigen Gründen eingeladen, er<br />

soll indirekt die ins Stocken geratene<br />

Karriere des Gastgebers befördern und<br />

könnte auch für ein Projekt der ehr gei -<br />

zigen Ehefrau wichtig werden. Dass<br />

mit Ablini ein Palästinenser auf der Su -<br />

che nach seinen Wurzeln und konkret<br />

nach seinem Geburtsort quasi <strong>als</strong> trojanisches<br />

Pferd ins Haus gekommen<br />

ist, lässt bald die Diskrepanz zwischen<br />

ideologischer Theorie und gelebter Re -<br />

alität aufbrechen und bringt auch sonst<br />

ziemlich viel Wirbel ins Fami li en le ben,<br />

das stellenweise in ein Ehe dra ma à la<br />

„Wer hat Angst vor Vir gi nia Woolf“<br />

eskaliert.<br />

Fragen nach legitimen Ansprüchen auf<br />

verlorenen Familienbesitz finden gera -<br />

de in diesem einst arisierten The ater -<br />

raum ein fast gespenstisches Echo.<br />

Erst wenn alle enteigneten Häuser und<br />

Besitztümer dieser Welt wieder ihren<br />

rechtmäßigen Besitzern zurückgege -<br />

ben würden, das Haus ihrer mut ter in<br />

Warschau, die Villa ihres Vaters in Bag -<br />

dad, dann wäre auch sie bereit, dieses<br />

Haus, in dem sie nun wohnten, her -<br />

zugeben, meint Amalia.<br />

Die eher altmodische, aber durchaus<br />

stimmige inszenierung des aktuellen<br />

Thesenstücks setzt zu recht auf Hu mor<br />

und Satire und lässt das Ensemble<br />

(Doi na Weber, Fritz Hammel, Eduard<br />

Wild ner und Anwar Kashlan) seine Qua -<br />

litäten voll ausspielen. Einige szenische<br />

Straffungen hätten dem keinen<br />

Abbruch getan. Ein guter Anfang. mit<br />

etwas mehr mut könnte es noch besser<br />

werden.<br />

www.hamakom.at<br />

november <strong>2009</strong> - Cheschwan/Kislew 5770 37

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