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'Die Gemeinde' November 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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KULTUR • ISRAELISCHE AUTOREN<br />

Einmal<br />

Jenseits<br />

und retour<br />

Yoram Kaniuks<br />

autobiographischer<br />

Roman „Zwischen<br />

Leben und Tod“<br />

VON ANITA POLLAK<br />

Kein Tunnel, keine Lichter und das Le -<br />

ben zieht nicht an einem vorbei. Alles<br />

Unsinn, Mist, was da so erzählt wird<br />

vom Sterben, sagt einer, der es besser<br />

weiß. Rund drei Wochen war Yoram<br />

Kaniuk drüben, tot, am Ende, und er<br />

berichtet: Dort ist nichts. Und dann<br />

folg ten vier monate Halbschlaf, in de -<br />

nen er langsam ins Leben zurückkehrte.<br />

Eine Rückkehr, um die er nicht ge -<br />

beten hatte, denn Dort war Watte, hier<br />

ist Leid. Von Leben und Tod im wahrsten<br />

Wortsinn und von dem, was da -<br />

zwischen liegt, erzählt Yoram Ka ni uk.<br />

Einen autobiographischen Roman<br />

nennt er seinen Erfahrungsbericht,<br />

dem wir ihm nur staunend folgen<br />

können.<br />

74 war der israelische Autor, <strong>als</strong> er<br />

nach zwei Darmkrebsoperationen mit<br />

unerwarteten Komplikationen ins<br />

Koma fiel und quasi klinisch tot war.<br />

in seinem wochenlangen Erwachen in<br />

einem Tel-Aviver Krankenhaus hal lu -<br />

zi niert er, phantasiert er, erinnert sich.<br />

Die Rückkehr vom Tod war vielleicht die<br />

eindringlichste Erfahrung, die ich je ge -<br />

macht habe. Schade, dass mir all das so<br />

spät im Leben passiert ist. Ein Satz, der<br />

die Tonart anschlägt, in der da von den<br />

so genannten letzten Dingen gesprochen<br />

wird. Ohne Pathos, ohne Kli -<br />

schees, ohne Selbstmitleid, ohne Ta bus.<br />

nüchtern und sogar mit makabrem<br />

Humor und Selbstironie erzählt Ka ni -<br />

uk von sich und seinem alten, kranken<br />

Körper, seinem Krebs, der ja schließ -<br />

lich ein Teil von ihm war. muss er be -<br />

graben werden und wo? Eine der Fra -<br />

gen, die der Autor zu einer ebenso<br />

kun digen wie bizarren Auseinan der -<br />

set zung mit religiösen Vorschriften<br />

benützt. Religiös ist er aber keineswegs,<br />

plädiert wiederholt für die Feu -<br />

erbestattung, schon aus Platzgründen<br />

im kleinen israel, und wünscht sich,<br />

dass seine Ehefrau miranda neben ihm<br />

beigesetzt werde, obwohl sie kei ne<br />

Jüdin ist. miranda, die all die Wochen<br />

an seinem Spit<strong>als</strong>bett saß, nach all den<br />

Jahren, in denen er ein Scheißvater und<br />

ein Scheißehemann war, wie er rückblickend<br />

resümiert. Und so ist dieses<br />

Buch auch eine Liebeserklärung an<br />

die se Gefährtin, an ihre Schönheit und<br />

an ihre Leidensfähigkeit.<br />

Eine Liebeser klärung mit Ein schrän -<br />

kun gen ist es auch an sein Land, für<br />

das er 1948 kämpfte, verwundet wur -<br />

de und dabei <strong>als</strong> 18-jähriger das erste<br />

mal mit dem Tod konfrontiert war.<br />

Seine Freunde fielen neben ihm, er<br />

überlebte und wusste nicht, warum.<br />

Und er erinnert sich an all die Toten<br />

sei nes Lebens, die Verwandten, Leh -<br />

rer und nachbarn, die seltsamen<br />

Käuze seiner Kindheit, ein Panopti -<br />

kum von liebenswerten jüdischen<br />

Originalen. Wie in vielen israelischen<br />

Büchern seiner Generation ist dieser<br />

wehmütige Rückblick letztlich auch<br />

ein Abgesang, eine Art Kaddisch auf<br />

die Gründer, die Pioniere, auf ihre<br />

Hoffnungen, ihre Kämpfe und ihre<br />

Lieder. Eine Todeskrankheit ist vom Him -<br />

mel heruntergefallen und hat die meis ten,<br />

die ich gekannt habe, verschlungen.<br />

Das Überleben und das Leben und<br />

das Warum - die Sinnfrage schlechthin<br />

stellt und beantwortet Kaniuk<br />

nihilistisch und leidenschaftslos. Das<br />

nichts des Todes beendet für ihn die<br />

Sinnlosigkeit des Lebens. Bilanz zieht<br />

er über seine Jahre <strong>als</strong> Künstler, <strong>als</strong> ma -<br />

ler und Schriftsteller und diese Bilanz<br />

fällt erschreckend schonungslos und<br />

40 november <strong>2009</strong> - Cheschwan/Kislew 5770

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