stereoplay Klang aus Licht (Vorschau)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SINFONIK<br />
Maurice Ravel: Orchesterwerke Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Stéphane Denève (2012)<br />
Hänssler Classic 93.305 (69:34) <br />
Stéphane Denève, der Chefdirigent<br />
des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart,<br />
ist ein Feinziseleur der Klänge,<br />
ein Farbensucher und sensibler Ergründer<br />
leiser Ekstasen. Grelle Grimasse<br />
und dynamisch Explosives liegen<br />
ihm weniger. Damit trifft er bei<br />
Ravel zwar Timbre und Ton, nicht<br />
aber Geste und Gehalt. Das zeigt sich<br />
zuvorderst, doch keineswegs <strong>aus</strong>schließlich<br />
in „La Valse“: Die expressionistischste<br />
Komposition des Meisters<br />
pumpt sich bei Denève zwar wundersam<br />
koloriert, wenn auch mit be-<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />
<strong>Klang</strong>: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ grenzter Transparenz durch die Dreivierteltakt-Phantasmagorien,<br />
aber sobald<br />
der Himmel nicht mehr voller<br />
Geigen, sondern voller Kampfgeschwader<br />
hängt, dräut hier statt Weltkriegs-Apokalypse<br />
Verharmlosung.<br />
Die bittere Botschaft bleibt auf der<br />
Strecke, verkommt zur bloßen Orchester-Demonstration.<br />
Vergleichbares gilt beim „Boléro“:<br />
Hier gelingen Denève und seinen Radio-Sinfonikern<br />
farbechte und konzis<br />
konturierte Solo-Auftritte samt einem<br />
bruchlosen Crescendo, doch<br />
Letzteres meidet mit dem Exzess auch<br />
die kollabierende Ekstase. Manie<br />
mündet in brave Filmmusik. Das<br />
„Tombeau de Couperin“ mit einer<br />
wenig eleganten Forlane und einem<br />
aufgeplüschten Menuett bleibt unverbindlich<br />
muntere Nostalgie.<br />
Am ehesten überzeugt Denève in der<br />
„Rapsodie espagnole“. Hier spürt sein<br />
<strong>Klang</strong>sinn dem imaginativen Geist<br />
der Komposition nach: duftige, luftige<br />
Nuancen, stringent verflochten<br />
zum Kaleidoskop der Stimmungen<br />
und Atmosphären.<br />
Martin Mezger<br />
SINFONIK<br />
Sämtliche Nationalhymnen der Welt Slowakisches RSO, Staatsphilharmonie Košice, Peter Breiner (1996 – 2012)<br />
Eine musikalische Weltreise in knapp<br />
zwölf Stunden. Alphabetisch von der<br />
südlichen Kaukasus-Republik Abchasien<br />
bis zum südafrikanischen<br />
Zimbabwe. Historisch von der ältesten<br />
Nationalhymne (dem „Het<br />
Wilhelmus“-Lied der Niederländer<br />
<strong>aus</strong> dem 16. Jahrhundert) bis zur<br />
jüngsten, mit der Mendi Mangjiqi<br />
2008 den Kompositionswettbewerb<br />
für die Nationalhymne der Republik<br />
Kosovo gewann. Oder auch von der<br />
längsten – „Sarnia Chérie“, 1911 für<br />
Musik: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ die Kanalinsel Guernsey komponiert<br />
<strong>Klang</strong>: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ (4:07) – bis zur kürzesten: Die Natio-<br />
Marco Polo 8.201001 (11 Std., 51 Min., 10 CDs)<br />
nalhymnen von Polen und Thailand<br />
dauern nur jeweils 41 Sekunden.<br />
Einige Hymnen gibt es in Kurz- und<br />
Langfassungen (oder sogar in speziellen<br />
Olympia-Versionen); einige Monarchien<br />
(wie Dänemark, Norwegen<br />
oder Schweden) haben neben ihrer<br />
National- auch eine Königshymne zu<br />
bieten; und bei manchen Ländern<br />
spiegelt sich ihre wechselhafte Geschichte<br />
in mehreren Hymnen wider:<br />
So gibt es etwa für Afghanistan eine<br />
kommunistische Hymne für die Zeit<br />
ab 1978, die 1992 von einer Mudschaheddin-Hymne<br />
abgelöst wurde,<br />
bis 2004 die neue Verfassung des Landes<br />
die bis heute gebräuchliche Hymne<br />
festlegte.<br />
Einige Hymnen kennt man von globalen<br />
Sportereignissen, viele kann<br />
man auf dieser Weltreise neu entdecken.<br />
Musikalisch sind sie zum Teil<br />
weniger interessant, historisch dafür<br />
umso mehr. Gespielt werden jeweils<br />
nur Instrumentalfassungen ohne Gesang;<br />
die beiden Orchester unter Peter<br />
Breiners Leitung musizieren auf<br />
sehr solidem Niveau.<br />
Michael Stegemann<br />
KLASSIK NEWS<br />
Foto: Alexander Basta – Sony<br />
DIE SCHUHE DER GARANCA<br />
Auf die Frage, was man für hochdramatische Partien<br />
wie Isolde und Brünnhilde vor allem mitbringen müsse,<br />
antwortete seinerzeit die führende Sängerin in diesem<br />
Fach, Birgit Nilsson: „Vor allem ein paar bequeme<br />
Schuhe“. Dieses viel zitierte Statement stand offenbar<br />
bei der Planung des Buches von Elina Garanca<br />
im Raum. „Wirklich wichtig sind die Schuhe“ lautet<br />
der Titel der autobiografischen Aufzeichnungen,<br />
die die <strong>aus</strong> Riga gebürtige Mezzosopranistin im Salzburger<br />
Ecowin-Verlag veröffentlicht hat. Neben einer<br />
vollständigen Diskografie enthält das Buch auch ein<br />
detailliertes Verzeichnis von Garancas Konzert- und<br />
Opern-Auftritten.<br />
„FAUST“ FÜR CHRISTIAN GERHAHER UND CLAUS GUTH<br />
Am 18.11.2013 wurde der Theaterpreis<br />
„Der F<strong>aus</strong>t“ im Berliner Schiller-Theater<br />
vergeben. Ausgezeichnet<br />
als bester Sängerdarsteller wurde<br />
der Bariton Christian Gerhaher<br />
(Bild) für die Rolle des Pelléas in<br />
Claude Debussys „Pelléas et Mélisande“.<br />
Der Regisseur Cl<strong>aus</strong> Guth,<br />
erhielt den „F<strong>aus</strong>t“ für die beste Musiktheater-Regie.<br />
„Der F<strong>aus</strong>t“ ist ein undotierter<br />
Theaterpreis, der auf besondere<br />
Leistungen in der deutschen Theaterlandschaft aufmerksam machen will. Er wird<br />
vom Deutschen Bühnenverein gemeinsam mit den Bundesländern, der Kulturstiftung<br />
der Länder und der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste vergeben.<br />
Ausgezeichnet werden Künstler, deren Arbeit wegweisend für das<br />
deutsche Theater ist.<br />
FURTWÄNGLER-„OTELLO“ RESTauRIERT<br />
Jahrelang gehörte er zu den begehrtesten Dokumenten<br />
auf dem Schwarzmarkt: der Salzburger<br />
„Otello“ von 1951. Hoch besetzt mit Vinay, Martinis,<br />
Schöffler und Dermota und dazu das einzige<br />
Furtwängler-Dokument einer kompletten<br />
Verdi-Oper, wurde der Mitschnitt in unzähligen<br />
Raubpressungen verbreitet. Da leider keine Originalbänder<br />
vorhanden sind, war auch die erste<br />
legale CD-Ausgabe (EMI 1995) klangtechnisch<br />
nicht wirklich befriedigend, zumal im Vergleich<br />
mit gleichaltrigen Bayreuth-Aufnahmen.<br />
Anlässlich des 200. Geburtstags von Giuseppe<br />
Verdi haben die Tontechniker des Labels Orfeo<br />
unter Benutzung aller verfügbaren Quellen das<br />
Material sorgfältig restauriert. Laut Gottfried<br />
Kr<strong>aus</strong>, der die Neuveröffentlichung als Artistic<br />
Supervisor betreute, konnte dabei eine <strong>Klang</strong>qualität<br />
erzielt werden, „die das Nacherleben dieser<br />
einzigartigen Aufführung auch späteren Generationen<br />
erlaubt.“ (Orfeo C 880 132 1, zwei<br />
CDs).<br />
Musik max. 10 Punkte, <strong>Klang</strong> max. 10 Punkte erhältlich auf CD erhältlich auf SACD erhältlich als Download<br />
1/14 <strong>stereoplay</strong>.de 149