Wirtschaftswoche Ausgabe vom 21.12.13 (Vorschau)
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Unternehmen&Märkte<br />
Dubiose Bieter<br />
Formel-1-Rennen auf<br />
dem Nürburgring<br />
KOBLENZ | Nürburgring<br />
Zieleinlauf mit Trauerrand<br />
Rheinland-<br />
Pfalz<br />
Es liegt in der Natur einer<br />
Autorennstrecke, dass Triumphe<br />
und Tragödien<br />
dicht beieinander liegen.<br />
Am insolventen Nürburgring<br />
gilt das sogar neben<br />
der Strecke: Endet der Verkauf mit einem<br />
Erfolg, oder platzt er ganz? Auf wie vielen<br />
Millionen bleiben die Gläubiger sitzen?<br />
Schon im ersten Quartal 2014 wollen der<br />
Koblenzer Insolvenzverwalter Jens Lieser<br />
und sein Trierer Kollege Thomas Schmidt<br />
einen neuen Besitzer für die legendäre<br />
Nordschleife von 1927 sowie den 1984 erbauten<br />
Grand-Prix-Kurs gefunden haben.<br />
Zum Verkauf steht auch ein 2009 eingeweihter<br />
Business- und Freizeitkomplex,<br />
den die frühere rheinland-pfälzische Landesregierung<br />
unter Kurt Beck (SPD) für 330<br />
Millionen Euro in die Eifel betonieren ließ –<br />
der Hauptgrund für den Bankrott.<br />
Forderungen von insgesamt 560 Millionen<br />
Euro müssen die Insolvenzverwalter<br />
befriedigen, die meisten liegen beim rheinland-pfälzischen<br />
Steuerzahler. Gläubiger<br />
müssen sich auf ein trauriges Jahr einstellen,<br />
selbst wenn der Verkauf klappt. Zwar<br />
ging ein unverbindliches Angebot über immerhin<br />
275 Millionen Euro ein. Doch der<br />
Bieter, eine La Tene Capital Limited aus<br />
Hongkong, entpuppte sich bei Recherchen<br />
der WirtschaftsWoche als reichlich dubios.<br />
Die Firma ist erst wenige Monate alt und<br />
hat zwielichtige Hintermänner, aber keine<br />
nachvollziehbaren Referenzen.<br />
Andere der zunächst unverbindlichen<br />
Angebote lagen weitaus niedriger. Der<br />
ADAC bot mit geschätzten 30 bis 40 Millionen<br />
Euro jedoch zu wenig, die Offerte war<br />
nicht konkurrenzfähig. Allerdings: Wie viele<br />
Bieter verbindliche Angebote abgeben<br />
und was sie tatsächlich bereit sind zu zahlen,<br />
das muss sich noch zeigen.<br />
florian.zerfass@wiwo.de | Frankfurt<br />
RHEDA-WIEDENBRÜCK | Tönnies<br />
Um die Wurst<br />
Nordrhein-<br />
Westfalen<br />
„Rheda-Wiedenbrück<br />
mit seinen 47 000 Einwohnern<br />
ist zugleich eine<br />
sehr alte und eine sehr junge<br />
Stadt“, wirbt die Kleinstadt zwischen<br />
Dortmund und Bielefeld für sich.<br />
Jung, weil sie erst 1970 durch die kommunale<br />
Neugliederung entstand. Alt, weil es<br />
Urkunden von Rheda und Wiedenbrück<br />
aus Zeiten von Kaiser Otto I. vor mehr als<br />
1000 Jahren gibt.<br />
Alt und Jung prallen in der Doppelstadt<br />
auch in anderer Hinsicht aufeinander: in<br />
Form einer Familienfehde zwischen den<br />
Schweinebaronen Clemens Tönnies, 57,<br />
und seinem 22 Jahre jüngeren Neffen Robert.<br />
Der Ausgang des Streits, inzwischen<br />
vor Gericht, wird 2014 erwartet.<br />
Es geht um die Macht bei Tönnies, dem<br />
größten Fleischkonzern Deutschlands mit<br />
einem Umsatz von rund fünf Milliarden<br />
Euro und 8000 Mitarbeitern. Clemens will<br />
der alleinige Boss bleiben. Neffe Robert<br />
macht ihm diese Rolle streitig und hat<br />
mehrere Klagen auf den Weg gebracht.<br />
Zunächst geht es um ein Doppelstimmrecht,<br />
das Clemens die Vorherrschaft im<br />
Fleischkonzern sichert, obwohl er und Robert<br />
je 50 Prozent der Anteile halten. Das<br />
Doppelstimmrecht haben ihm die Neffen<br />
verliehen, behauptet Clemens. Stimmt so<br />
nicht, entgegnet Robert, das sei damals<br />
lediglich als eine „Augenblickslösung“ eingeräumt<br />
worden. Im Januar will die 8.<br />
Kammer für Handelssachen des Landgerichts<br />
Bielefeld mit der Vernehmung von<br />
Zeugen beginnen.<br />
Das ist nur der Aufgalopp. Robert fordert<br />
wegen „groben Undanks“ zudem fünf Prozent<br />
der Unternehmensanteile zurück, die<br />
er dem Onkel 2009 geschenkt hatte.<br />
Für Clemens Tönnies, im Nebenjob Aufsichtsratschef<br />
bei Schalke 04, geht es um<br />
sein Lebenswerk. Schließlich war er es, der<br />
aus der Fleischgroßhandlung seines 1994<br />
verstorbenen Bruders binnen 20 Jahren eine<br />
weltweit operierende Fleischmaschine<br />
machte. Damit mehrte er auch das Vermögen<br />
seines Neffen Robert in Höhe von<br />
schätzungsweise rund 400 Millionen Euro.<br />
Roberts Meriten lesen sich bescheiden:<br />
Mitglied der 2. Kompanie, Gruppe Busche,<br />
im Schützenverein zu Rheda, dem Onkel<br />
Clemens als General und Vereinschef vorsteht.<br />
Metzgerlehre, BWL-Studium, mit einer,<br />
wie jüngst kolportiert, gepfuschten Diplomarbeit.<br />
Danach wechselnde Positionen<br />
auf der mittleren Führungsebene im<br />
gemeinsamen Unternehmen.<br />
Leute in Rheda-Wiedenbrück fragen sich<br />
daher: Was will Robert eigentlich? Geld?<br />
Rache? Macht? Gerechtigkeit? Irgendetwas<br />
davon wird er 2014 bekommen.<br />
»<br />
mario.brueck@wiwo.de<br />
FOTO: IMAGO/HOCHZWEI<br />
60 Nr. 52 21.12.2013 WirtschaftsWoche<br />
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