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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 21.12.13 (Vorschau)

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Unternehmen&Märkte<br />

»<br />

ders. Die Bank braucht Zeit für den Wandel.<br />

Und es hat sich schon viel getan. Die<br />

Bank hat ihr Vergütungssystem komplett<br />

überarbeitet, Kontrollen ausgebaut, Geschäftsbeziehungen<br />

überprüft. Und sie hat<br />

mit Integrität, Partnerschaft, Disziplin, Innovation,<br />

Kundenfokus und Nachhaltigkeit<br />

sechs Werte hervorgehoben, an denen sich<br />

alles Handeln ausrichten soll.<br />

Solche Werte sind leicht verkündet.<br />

Sie wären tatsächlich leicht verkündet,<br />

wenn sie vor allem dem Marketing dienen<br />

sollen. Aber die Werte sind bei uns aus langen,<br />

harten Diskussionen zwischen Aufsichtsrat,<br />

Management und Mitarbeitern<br />

entstanden. Was meinen Sie, wie lange allein<br />

über den Begriff Innovation debattiert<br />

wurde, der bei Bankgeschäften ja leicht einen<br />

negativen Beiklang hat? Der Prozess<br />

hat mehr als ein Jahr gedauert. Da hat sich<br />

niemand irgendetwas leicht gemacht.<br />

Selbst wenn die Bank es ernst meint,<br />

gehen Vorsätze im Alltag schnell verloren.<br />

Jeder Einzelne muss verstehen, was sich<br />

für ihn ändert. Die Bank macht dazu insgesamt<br />

250 000 Schulungen. Die Werte sollen<br />

nicht nur in einer ethischen Dimension parallel<br />

zum regulären Geschäft existieren,<br />

sondern Teil des Geschäfts sein. Wer sich<br />

dem nicht anpassen kann oder will, hat in<br />

der Bank keinen Platz mehr.<br />

Wie lange wird es noch dauern, bis alle<br />

Altlasten abgearbeitet sind?<br />

Viele Fehlentwicklungen haben Wurzeln,<br />

die Jahrzehnte zurückreichen. Das lässt<br />

sich nicht in wenigen Monaten korrigieren.<br />

Wie gehen Sie persönlich damit um?<br />

All die Rück- und Querschläge lassen sich<br />

nicht routinemäßig wegstecken. Das geht<br />

nur, wenn man glaubt, dass es sich für etwas<br />

zu kämpfen lohnt. Ich bin davon überzeugt,<br />

dass eine Industrie- und Exportnation<br />

wie Deutschland mindestens eine große<br />

und globale Bank braucht.<br />

Wir Deutschen müssen doch nicht in<br />

jeder Disziplin in der Weltliga mitspielen.<br />

Globales Bankgeschäft ist Kapitalmarktgeschäft.<br />

Und auf den Kapitalmärkten entscheidet<br />

sich unsere Zukunft mit. Früher<br />

haben sich Unternehmen allein über Kredite<br />

finanziert. Heute läuft ein großer Teil<br />

über den Kapitalmarkt. Dessen Bedeutung<br />

wird wachsen, weil die Regulierung die Kapazität<br />

der Banken beschränkt.<br />

Warum muss eine Bank deutsch sein?<br />

Weil es die Kunden wünschen. Und weil<br />

wir an den Ausspäh- und Abhöraktionen<br />

der NSA gesehen haben, was passieren<br />

kann, wenn eine Nation ein globales Netzwerk<br />

wie das Internet beherrscht. Die USA<br />

dominieren die Finanzmärkte bereits zu etwa<br />

80 Prozent. Wir Europäer sollten unseren<br />

Sitz am Tisch nicht freiwillig räumen.<br />

Ginge es Deutschland ohne Deutsche<br />

Bank wirklich schlechter?<br />

Über Erfolg entscheiden in der globalisierten<br />

Wirtschaft vier Netze: Energieversorgung,<br />

Internet, Kapitalmarkt und Industrie.<br />

Bei den ersten beiden spielt Deutschland<br />

keine Rolle, wir profitieren aber von der<br />

überproportional großen industriellen Infrastruktur.<br />

Ob sich diese Position dauerhaft<br />

verteidigen lässt, wenn wir in allen anderen<br />

Feldern nicht mehr vertreten sind,<br />

wird sich zeigen. Als Österreicher weiß ich,<br />

dass Nationen kein gottgegebenes Recht<br />

auf Bedeutung haben.<br />

Geht das Programm der großen Koalition<br />

hier in die richtige Richtung?<br />

Prozesse fressen Profite auf<br />

Weil dieDeutsche Bank mehr Geld für<br />

Rechtsstreitigkeiten zurückstellen<br />

muss, fallen dieGewinne<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

–1<br />

–2<br />

–3<br />

–4<br />

III IV I II<br />

2012 2013<br />

Quelle:Unternehmensangaben<br />

Rückstellungen<br />

(inMrd.Euro)<br />

Vorsteuergewinn<br />

(inMrd.Euro)<br />

Wir sollten die Bundesregierung an Taten<br />

und nicht an Worten messen. Mit ihrem<br />

breiten Mandat sollte sie verantwortungsbewusst<br />

umgehen. Der Koalitionsvertrag<br />

ist da nur eine Absichtserklärung...<br />

...mit der Absicht, Reformen zurückzudrehen<br />

und neue Wohltaten zu verteilen.<br />

Deutschland ist relativ erfolgreich. Das<br />

macht es schwer, notwendige Veränderungen<br />

durchzusetzen. Dafür werden wir<br />

kämpfen müssen.<br />

Die Regierung will, dass Banken<br />

große Teile ihres Kapitalmarktgeschäfts<br />

abspalten. Was wären die Folgen?<br />

Wir halten unsere Argumente für das Modell<br />

Universalbank für glaubwürdig und<br />

belastbar. Wenn das die Politik nicht überzeugt,<br />

müssen wir uns von dem Anspruch<br />

verabschieden, global wettbewerbsfähig<br />

zu sein. Denn dafür brauchen wir das Kapitalmarktgeschäft.<br />

Mit der Abspaltung würde<br />

man zudem das Gegenteil von dem er-<br />

III<br />

reichen, was gewünscht ist. Die Teilbanken<br />

müssten sich eigenständig am Markt finanzieren,<br />

was teuer würde. Um die Kosten zu<br />

verdienen, müssten die Beschäftigten dort<br />

riskante Geschäfte machen.<br />

Genau das passiert schon. Große Teile<br />

des Investmentbankings dienen nur der<br />

Bank, nicht den Kunden.<br />

Das ist ein pauschaler Vorwurf. Die Gefahr<br />

ist groß, dass sinnvolle und gut entwickelte<br />

Instrumente in Verruf geraten, weil sie exzessiv<br />

genutzt wurden. Wenn wir von Derivaten<br />

sprechen, denken die meisten an<br />

Teufelszeug. Regulierung sollte Produkte<br />

nicht komplett verurteilen, sondern ihre<br />

sinnvolle Verwendung sichern. In der Autoindustrie<br />

funktioniert das. Heutige Wagen<br />

könnten deutlich schneller fahren, was<br />

aber eine Mischung aus staatlichen Beschränkungen<br />

und Selbstverpflichtung der<br />

Hersteller verhindert. Das sollte auch bei<br />

Banken funktionieren.<br />

Finanzminister Wolfgang Schäuble will<br />

kräftig weiter regulieren. Hat er recht?<br />

Eine stringente und harte Regulierung<br />

kann in der neuen Welt ein Wettbewerbsvorteil<br />

sein. Wir müssen aber Regeln vermeiden,<br />

die sich widersprechen, Konkurrenten<br />

in anderen Industrienationen Vorteile<br />

bieten oder reine Bürokratie darstellen.<br />

Der Sinn von Regulierung kann nicht<br />

sein, unternehmerische Initiative in der Finanzindustrie<br />

zu unterbinden. Dann fällt<br />

Europa im globalen Wettbewerb zurück.<br />

Wer hat hier die besten Voraussetzungen?<br />

Vor allem die USA. Die Kombination aus<br />

billiger Energie, billigem Geld, günstigen<br />

Arbeitskräften, innovativer Technologie,<br />

positiver Demografie und einer flexiblen<br />

Wirtschaftsstruktur wird für einen Sprung<br />

nach vorn sorgen. Hinzu kommt: Weil in<br />

den USA immer mehr spanisch gesprochen<br />

wird, werden sich die Beziehungen<br />

mit Lateinamerika deutlich intensivieren.<br />

Die USA wären in diesem Jahr fast pleitegegangen<br />

und profitieren von einer extrem<br />

lockeren Geldpolitik mit Nullzinsen.<br />

Schulden an sich sind nichts Schlechtes.<br />

Wir müssen sie im Verhältnis zur wirtschaftlichen<br />

Kraft eines Landes sehen. Die<br />

hohe Verschuldung überall auf der Welt<br />

war ein leistungsförderndes Mittel, eine Art<br />

Doping für die Wirtschaft. Jetzt sind wir in<br />

einem Prozess des Entzuges, den die meisten<br />

Volkswirtschaften nur mit Ersatzdrogen<br />

durchstehen. Das sind die außergewöhnlichen<br />

Maßnahmen der Notenbanken.<br />

Mit ihrer Hilfe kann sich die Welt<br />

Schritt für Schritt auf eine niedrigere Verschuldung<br />

einstellen.<br />

72 Nr. 52 21.12.2013 WirtschaftsWoche<br />

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