Wirtschaftswoche Ausgabe vom 21.12.13 (Vorschau)
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Technik&Wissen<br />
DROHNEN<br />
Fliegende Postboten<br />
Noch sind sie Spielzeug – oder Waffe. Doch bald schon werden die<br />
Robo-Flieger auch für Logistiker und Entwicklungshelfer abheben.<br />
Wer künftig ein Buch beim US-Internet-<br />
Händler Amazon bestellt, soll nicht mehr<br />
lange auf den Paketboten warten. Spätestens<br />
30 Minuten nach der Bestellung wird<br />
der Schmöker per Drohne vor der Haustür<br />
landen. Noch ist der gerade erst werbewirksam<br />
vorgestellte Lieferdienst nicht<br />
mehr als ein Konzept – dem unter anderem<br />
die US-Luftaufsichtsbehörde erst noch zustimmen<br />
muss, bevor er frühestens 2015<br />
an den Start geht. Doch die Transporttechnik,<br />
die auch die Deutsche Post erprobt, ist<br />
alles andere als eine Luftnummer.<br />
So will etwa der australische Buchhändler<br />
Zookal schon kommendes Jahr zusammen<br />
mit dem Startup Flirtey in Sydney Bücher<br />
per Minihubschrauber ausliefern. Das<br />
soll die Kosten für Expresslieferungen von<br />
8,60 auf 0,80 australische Dollar senken.<br />
Auch das US-Startup Matternet arbeitet intensiv<br />
an einem sich selbst steuernden<br />
Drohnenschwarm, der etwa Medikamente<br />
in abgelegene Dörfer in Entwicklungsländern<br />
transportieren könnte.<br />
Damit werden Drohnen, die bisher nur<br />
als Spielzeug, fliegende Filmkameras oder<br />
sündhaft teures Militärgerät unterwegs waren,<br />
plötzlich zu einer Option für die Logistiker.<br />
Ganze Schwärme unbemannter Fluggeräte<br />
könnten Waren ausliefern – ohne<br />
die Straßen zusätzlich zu belasten. Der Online-Einkauf<br />
wäre dann mitunter sogar<br />
29Drohen wegen<br />
der Energiewende<br />
Stromausfälle?<br />
Obwohl der Anteil von Wind und Sonne<br />
an der Stromproduktion 2013 in<br />
Deutschland auf voraussichtlich gut<br />
22 Prozent steigt, gab es keine<br />
Blackouts. Laut Bundesnetzagentur<br />
bleibt die Stromversorgung auch bei<br />
einem weiteren Ausbau der Erneuerbaren<br />
stabil. Allerdings hob sie den<br />
Bedarf an Reservekraftwerksleistung<br />
an: von 2540 auf 4800 Megawatt.<br />
schneller als die Fahrt zum nächsten Shoppingcenter.<br />
Und selbst in Dörfern mitten in<br />
Afrika, die bisher kein Lkw erreichte, könnten<br />
Menschen bald Handel treiben.<br />
Technisch steht dieser Vision nicht<br />
mehr viel entgegen. Sogar Spielzeugdrohnen<br />
wie die AR Drone 2.0 des französischen<br />
Anbieters Parrot sind schon jetzt mit<br />
GPS-Sensoren ausgestattet, die die Position<br />
der Fluggeräte metergenau bestimmen.<br />
Aufsichtsbehörden könnten also Flugkorridore<br />
bestimmen, durch die sich die<br />
Drohnen bewegen dürfen. Zudem sind die<br />
Geräte versierte Flieger: Computerchips<br />
und die Bildverarbeitung sind so weit entwickelt,<br />
dass Drohnen sich in der Luft gegenseitig<br />
Bälle zuwerfen, in Formation<br />
fliegen und sogar im Flug wie digitale<br />
Greifvögel Dinge aufschnappen können.<br />
Und schließlich können die Mikroflieger<br />
ihre Umgebung mit Radarsensoren und<br />
Kameras scannen und so Hindernissen<br />
ausweichen. Schneller als Lastwagen, die<br />
an jeder roten Ampel halten und in Staus<br />
stehen, sind sie ohnehin. Noch aber fehlen<br />
Umladestationen, an denen Drohnen entweder<br />
die Batterien tauschen oder die<br />
Fracht an Flieger mit frischem Akku weitergeben.<br />
LASTENESEL IN DER LUFT<br />
Ein solches Netzwerk soll etwa der Wettbewerb<br />
schaffen, der kommendes Jahr in Kenia<br />
startet: Beim Flying Donkey Challenge<br />
sollen Teams Drohnen bauen, die bis zu 60<br />
Kilogramm Last tragen und durch vorgegebene<br />
Flugkorridore selbstständig von Dorf<br />
zu Dorf fliegen. Bauern könnten dann beispielsweise<br />
per Drohne Gemüse zum<br />
nächsten Markt schicken, glaubt Ausrichter<br />
Jonathan Ledgard, Leiter von Afrotech –<br />
einer neuen Forschungseinrichtung an der<br />
Eidgenössischen Technischen Hochschule<br />
Lausanne (EPFL), die Technologien für<br />
Afrika entwickelt. „Der Lastenesel“, sagt<br />
Ledgard, „muss fliegen lernen.“<br />
Viel Zeit haben die Teams nicht. Schon<br />
2018 sollen die fliegenden Esel im Finale<br />
gegeneinander antreten – in einem Rennen<br />
rund um den Mount Kenia. Die Drohnen<br />
sollen Ostafrikas zweithöchsten Berg<br />
in maximal 24 Stunden umrunden. Auf der<br />
200 Kilometer langen Strecke müssen sie<br />
drei Pakete aufsammeln, die jeweils 20 Kilogramm<br />
wiegen, und sie an festgelegten<br />
Punkten abliefern. Den Teams, deren Flieger<br />
am besten abschneiden, winken zwei<br />
Millionen Dollar Preisgeld.<br />
Die Aufmerksamkeit der Medien wird<br />
Ledgard mit dem Projekt sicher sein. Aber<br />
dem Briten, der jahrelang als Journalist für<br />
den „Economist“ aus Afrika berichtet hat,<br />
geht es keineswegs um ein irres Casting in<br />
der Savanne. „Wenn es gelingt, Transportdrohnen<br />
für unter 2000 Dollar zu bauen“,<br />
sagt der Afrika-Kenner, „kann sich die<br />
Technik rentieren.“ Im Jahr 2030, so seine<br />
Vision, transportiert ein globales Drohnennetzwerk<br />
Güter so sicher, wie es heute nur<br />
mit bemannten Flugzeugen möglich ist.<br />
andreas.menn@wiwo.de<br />
ILLUSTRATIONEN: ROLAND WARZECHA<br />
94 Nr. 52 21.12.2013 WirtschaftsWoche<br />
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