utzräUmen ·~ - Hochschule für bildende Künste Hamburg
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Strauss war bald die "repräsentativste<br />
deutsche Musikerpersönlichkeit" in der ersten<br />
Hälfte des 20Jahrhunderts (woraufJoseph<br />
Wulf in der rororo-Dokumentation<br />
"Musik im Dritten Reich", 1966, ausdrücklich<br />
hinweist). Und Strauss wußte um<br />
seinen Rang. Er gab sich in Gesellschaft wie<br />
ein gelangweilter Kommerzienrat, dem jede<br />
noch so wichtige oder aufi·egende Nachricht<br />
- sofern sie nicht ihn oder die Auffuhrung<br />
eines seiner Werke betraf- lediglich<br />
hochgezogene Augenbrauen und ein<br />
skeptisch-gleichgültiges bayerisches "Sa"<br />
entlockte. Mit Gustav Mahler verband ihn,<br />
wie es heißt, ein freundliches, zugleich aber<br />
durch gegenseitigen kühlen "Riesenrespect"<br />
begrenztes Verhältnis: Einverständnis<br />
auf der obersten Etage des elitebewußten<br />
Kulturbetriebs. Von Arnold Schönberg,<br />
der sich mit 35 Jahren auffiihrungshilfesuchend<br />
an Strauss wandte, hielt er so wenig<br />
wie von dem, was nach Schönberg an Moderne<br />
kam - Strauss begriff sich als letzter<br />
Repräsentant "der deutschen Kultur" und<br />
sagte dies auch laut. Aus taktischen Motiven<br />
befiirwortete er ein Stipendium von ca.<br />
3000 Kronen aus einer "Mahler-Stiftung"<br />
an Schönberg: "Wenn ich auch glaube, daß<br />
es besser wäre, wenn er Schnee schaufeln<br />
würde, als otenpapiervollzukritzeln - geben<br />
Sie ihm immerhin die Stiftung . . . , da<br />
"Er ist weiterhin gesinnungslos und nzimnt seziz Matena/,<br />
wo er es findet; aber zu Zeiten findet er auch etwas<br />
Gutes, 1i1 dem Vertrauen mifselize mühelose, IIIZbt•dl'llklidie<br />
und an sidz vollignarve Freudeam Mus1~<br />
z ierl'll." (Emst Bloch, 1918/ 1923)<br />
Die Regierung Hitler erwies Strauss im<br />
ovember 1933 die Ehre und ernannte den<br />
Komponisten - bei dem sie nachgefragt<br />
hatte- zum Präsidenten der "Reichsmusikkammer".<br />
Der fast siebzigjährige Künstler<br />
mag das- in naiver Freude- als "Krönung<br />
seiner Karriere" (Prieberg) gesehen haben.<br />
..fc/zßilde m/dz z•erpfkchtet, an dt"eser Stelle<br />
Hemt Retdzskanzlcr /Jdo(j"H/tler und Hemt<br />
Rdchsmtin:rter Dr.Goebbdrßir rft(• Sdzq/fimg<br />
des Kulturktlll!!lll'Tgesetzes den ht•r.::.!tdls!m<br />
Dan!.· der gc.wmten dcutsdzen Mustk ersc/1~(1<br />
aus:::;usprcd!en. (. .. ) l#mt scti der J\ladzttibcmal!!nc<br />
dwdz /JdolfH/tlerstdlmcht nurau/<br />
dem po!tit"sdll'!t, sond.·m auc/1 tlt(/dem Ku/tu;-_<br />
geb/et schon so ·vtdt•s tit Deutsdiland geilitdcrt<br />
Iw!, (. . . ) so bewcirt das, dtijS das neue Dmlschlandm{·/it<br />
gewtl!t irt, dti• ktinstlerirdll'!t /Jngelegenlietien<br />
w/e hi1·hermchrodcrwm/gcr m(/<br />
Jich selbst bcmlll'lt z u lassm, sondem dt!f.? 11/t///<br />
z tdbtwtijSt naclz J\1titeln und lf/egm .wdzt, um<br />
z umal tmserem Mustkleben etitm 1/l'lll'll At(/<br />
tneb zu venmtteln." (Rtd~t~rd Strtm.u: /Jnspmclze<br />
anli!ß!t"ch der Erqffinmg der mlm Tagung<br />
der "Rndwnustl.•kmnmer'; 13.2.193-1)<br />
haben, Strauss würde sich mit diesem Werk<br />
,janz furchtbar schaden". Der Kommentar<br />
des Komponisten zu diesem Kaiserwort:<br />
"Von diesem Schaden konnte ich mir die<br />
Garmiseher Villa bauen!"<br />
Schon 1898 hatte Strauss zusammen<br />
mit Fr.Rösch und H.Sommer die "Genossenschaft<br />
deutscher Tonsetzer" gegründet<br />
-zur Durchsetzung ökonomischer Forderungen<br />
der Komponisten gegenüber den<br />
Verlegern und Bühnen. Aus ihr ging 1903<br />
die "Anstalt fiir musikalische Auffi.ihrungsrechte"<br />
(AFMA), eine Vorläuferinder heutigen<br />
GEMA, hervor. Strauss erwies sich als<br />
Meister in der ökonomischen Verwertung<br />
seiner Kompositionen. Für ihn waren steigende<br />
Einnahmen der unmittelbare Gradmesser<br />
des wachsenden Erfolgs. Er besaß<br />
gutentwickelte Ellenbogen und wußte sie<br />
zu gebrauchen.<br />
Zugleich hatte sich Strauss jenen Qualitäts-Purismus,<br />
den Richard Wagner mit der<br />
Durchsetzung seines Werks verband, nicht<br />
zu eigen gemacht: Strauss kam es darauf<br />
an, daß es gespielt wurde. Biograph Panofsky<br />
rühmt das fast als Tugend: "Was sich in<br />
den Koppelungsverträgen seiner frühen<br />
Opern eindeutig abzeichnet, hat die Partitur<br />
seines Lebens wie in Leitmotiv durchzogen:<br />
er wollte, daß seine Opern so viele<br />
Menschen wie nur möglich zugänglich gemacht<br />
würden." Ein zutiefst demokratischer<br />
Zug an Strauss?<br />
"Für mich exisflert das Volk erstzn dem Moment,<br />
wo es Publikum wird Ob dasselbe aus<br />
Chznesen, Oberbayern, Neuseekindern oder<br />
Berlznern besteht, ist mir ganz gleichgültig,<br />
wenn dze Leute nur den vollen Kassenpreis bezahlt<br />
haben." (Richard Strauss an Str:fon<br />
Zweig, 17.6.1935)<br />
man ja nie weiß, wie die Nachwelt darüber<br />
denkt." Eine generöse Geste, die Strauss<br />
nichts kostete und in der er sich gefiel.<br />
Der Reichsmusikkämmerer<br />
Propaganda-Minister Goebbels erhielt<br />
ein Lied "zur Erinnerung an den 15. o<br />
vember 1933 verehrungsvoll zugeeignet".<br />
An Stefan Zweig, den Autor, den er nach<br />
Hofmannsthals Tod auflange Zeit als Librettisten<br />
an sich binden wollte, schrieb er<br />
am 21.1.1934, daß ihm seinneuesAmt als<br />
Reichsmusikkammerpräsident "ziemlich<br />
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