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utzräUmen ·~ - Hochschule für bildende Künste Hamburg

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Die Alternative I hat zum Jahresende 1982 ihr<br />

Erscheinen eingestellt. Das letzte<br />

Doppelheft ( 145/46) liefert- z.T. auch kontrovers<br />

diskutiert- die Begründung: so komplex sie im Heft<br />

insgesamt vorgetragen wird, im Editorial läuft sie auf<br />

die provokative Behauptung hinaus, daß das Ende<br />

der Zeitschrift repräsentativ <strong>für</strong> das Ende der Linken<br />

von 1 968 sei.<br />

Diese Linken seien heute in ihrer Mehrzahl .. zu Mitarbeitern<br />

der staatlichen Befriedungspolitiken geworden".<br />

Denen, .. die mit ihrer Vorstellung vom revolutionären<br />

Kopfarbeiter gescheitert sind", aber gleichwohl<br />

immer noch den Traum vom Kopfarbeiter träumen,<br />

soll mit der Einstellung der Alternative zugleich<br />

eine residuale politische Legitimation entzogen werden.<br />

Profanere Gründe <strong>für</strong> die Beendigung des Projekts,<br />

wie die notorische Geldnot und die Uberforderung<br />

der seit Jahren unentgeltlich arbeitenden Redaktionsmitglieder<br />

fallen demgegenüber kaum ins<br />

Gewicht.<br />

Auch die Wahrnehmung der Endlichkeit der<br />

marxistischen Theorie, auf die Althusser im Zusammenhang<br />

mit der Diskussion um die Krise des Marxismus<br />

aufmerksam gemacht hat, steht offenbar auf<br />

einem ganz anderen Blatt, denn sie müßte theoretische<br />

Anstrengungen doch geradezu forcieren. Daß<br />

sich aus solcher theoretischen Verunsicherung auf<br />

<strong>für</strong> Redaktionsmitglieder und Autor(inn)en der Zeitschrift<br />

enorme Arbeitsschwierigkeiten und politische<br />

Identitätsprobleme ergeben können, die nicht sogleich<br />

als Integration oder Unterwerfung zu interpretieren<br />

sind, bleibt unerwähnt. Wichtiger scheint die<br />

Erfahrung zu sein, daß die Ausrichtung auf die neuen<br />

sozialen Bewegungen außerhalb der Universität der<br />

von der Alternative vertretenen Theorie nicht ohne<br />

w eiteres ihren Ort zuweisen kann, sondern Theorie<br />

erst einmal theoretische Selbstreflexion der Linken<br />

von 1968 in ihrem Verhältnis zu diesen Bewegungen<br />

bleibt. Damit aber ist wieder einmal das Verhältnis<br />

von Theorie und Praxis problematisch geworden<br />

-wie schon gegen Ende der Sechziger Jahre in der<br />

Studentenbewegung. Die Alternative muß sich die<br />

provokative Gegenfrage gefallen lassen, ob sie nicht<br />

jetzt erst- unter anderen Bedingungen freilich -von<br />

einer Auseinandersetzung eingeholt wird, die universitätsbezogene<br />

Projekte seit dem Ausgang der antiautoritären<br />

Studentenbewegung län~st geführt ha ­<br />

ben, bevor sie die jeweils unterschiedliche .. Anerkennung<br />

des proletarischen Klassenkampfs" mittels<br />

Selbstauflösung in die unterschiedlichen Fraktionen<br />

vollzogen.<br />

Daß die Alternative diese Phase überlebt hat, ohne<br />

ihre theoretische. und politische Autonomie ·als linke<br />

Kulturzeitschrift preiszugeben, hat in den vergangenen<br />

Jahren dazu beigetragen, daß die Diskussion um<br />

eine materialistische Kulturtheorie offen blieb und<br />

wichtige theoretische Positionen zu Wort kamen, die<br />

innerhalb des Spektrums der neugegründeten linken<br />

Parteiorganisationen niemals die Chance hatten, sich<br />

unzensiert artikulieren zu können. Wie nun das<br />

Theorie/Praxis-Problem in der Debatte der Alternative<br />

mit Kari-Heinz Roth und der Zeitschrift Autonomie<br />

aufgenommen wird, läßt darauf schließen, daß<br />

die alte Suche der Intellektuellen nach dem unbestreitbar<br />

revolutionären Subjekt fortgesetzt wird, nur<br />

daß das Proletariat hier durch das Subproletariat ersetzt<br />

ist. Erst vor dem Hintergrund solcher traditionellen<br />

Hypostasierungen des revolutionären Subjekts,<br />

das den historischen Gesamtprozeß zu repräsentieren<br />

hat, wird dann die Formulierung solcher<br />

sektiererischen Pauschalurteile vom reformistischen<br />

Charakter der Grün-Alternativen, dem Aufkauf der<br />

gesamten französischen Linken durch Mitterand bis<br />

hin zur These von der völligen politischen Integration<br />

der westdeutschen Linken von 1968 plausibel.<br />

Indem nun die Alternative nicht bloß ihr Ende ausspricht<br />

und zu analysieren versucht, sondern es als<br />

programmatisch-politischen Akt inszeniert, zeigt sie<br />

auf, daß sie selbst noch in einem traditionellen<br />

Selbstverständnis der westdeutschen Linken befangen<br />

ist. Ihm kann auch die schlichte Selbstauflösung<br />

immer nur als repräsentatives Ereignis der Geschichte<br />

gelten.<br />

J.N.<br />

KultuR-Revolution 1 Der faustische<br />

Wunsch zu erkennen, was den<br />

Überbau dieser Gesellschaft im<br />

Innersten zusammenhält, prägt<br />

die Visitenkarte, die der Herausgeber<br />

Jürgen Link in der Eröffnungsnummer<br />

abgegeben hat.<br />

Er stellt uns- halb ernst gemeint,<br />

halb parodistisch - die<br />

Erfindung seines Systems .,Sysykoll"<br />

vor- seine Theorie von<br />

den .,Synchronen Systemen von<br />

Kollektiv-Symbolen". Was er da<br />

schreibt, hat teils gute deutsche<br />

Professorentradition - und Link<br />

entstammt ja dem linken Zweig<br />

des aufgeblähten germanistischen<br />

Universitätsgewerbes.<br />

Zum anderen ist es handfest<br />

schlechtes Deutsch - geschrieben<br />

in der Hoffnung, daß dann<br />

eine bestimmte Scene besser<br />

zuhöre. Aber die Rechnung dieses<br />

Gemischtwarenladens wird<br />

nicht aufgehen : der Abdruck<br />

seiner Seminarpapiere, die er<br />

<strong>für</strong> die nächsten Nummern in<br />

Aussicht stellt, diese Mischung<br />

aus positivistischer Linguistik<br />

und alberner linker Radikalität,<br />

wird niemand aus dem Ohrensessel<br />

reißen.<br />

Transatlantik 1 treibt kieloben. Karl Markus Michel hat, was<br />

längst kein Geheimnis mehr ist, die Kommandobrücke<br />

und die Redaktionsmannschaft ihre Arbeitsplätze<br />

verlassen, Enzensberger kann nicht mehr den Reeder spielen, Gaston<br />

Salvatore läßt auf den unsicheren Griff nach den Sternen den<br />

sicheren Griff nach dem <strong>Hamburg</strong>er "Stern" folgen. Kein Journal<br />

des Luxus und der Moden, liebe Freunde, also in Zukunft: woher<br />

nur sollen die parsehefahrenden ehemaligen SDSier jetzt ihren<br />

Gesprächsstoff nehmen?<br />

Ich denke, ich gehe in der Annahme<br />

nicht fehl, daß jenes Pu ­<br />

blikum, das sich über .. abgehobene<br />

Schreibe" mokiert (und an<br />

das Link in seinem Editorial appalliert),<br />

kaum bereit ist, in die<br />

technokratischen Sprachlabyrinthe<br />

des KultuR-Revolution­<br />

Herausgebers einzudringen.<br />

Aber auch die in wissenschaftlicher<br />

Lektüre geschulten Leser<br />

werden sich mit seinem Sprachgebrauch<br />

schwertun.<br />

Dabei enthält KultuR- Revolution<br />

hochinformative Analysen von<br />

Sprach-Bildern, die in den offiziösen<br />

Medien im Schwange<br />

sind: Analysen des Bildes vom<br />

Flugzeug, vom Motor, der<br />

kussion", zum .. Türkenwitz" -<br />

und Gedichte des Herausgebers<br />

(ungereimte politische Anmerkungen<br />

nochmal).<br />

KultuR-Revolution ist eine Zeitschrift<br />

gegen den Sprachgebrauch<br />

der Herrschenden. Ich<br />

halte ein Publikatisonsorgan,<br />

das sich der Sprach-Kritik annimmt,<br />

<strong>für</strong> nötig und wün-<br />

Bremse, vom Auto, vom Panzer,<br />

vom Ölhahn, vom Ausländer,<br />

vom Fußball. Sie enthält ein<br />

(fingiertes) Interview mit den<br />

Betreiberen eines Super-Computers,<br />

der die gesamte .,öffentliche<br />

Meinung" der Bundesrepublik<br />

steuert; sie enthält streitbare<br />

Artikel zur .. Friedensdissehenswert-<br />

freilich treffsicherer,<br />

verständlicher, grundsätzlicher<br />

müßte es sein . Und :<br />

weniger akademisch. Auch weniger<br />

unter der Vorgabe eines<br />

angeblich selbstverständlichen,<br />

in Wirklichkeit längst zerbrökkelten<br />

.,linken Einverständnisses".<br />

fcr<br />

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