Kapitel 2 - Ipce
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von Geburt an, verfassungsrechtlich garantiert" 71 . „Solange [Minderjährigen] die Ausübung und<br />
gerichtliche Durchsetzung ihrer Rechte verwehrt" sei, sei auch ihre „menschenwürdige Existenz<br />
nicht ausreichend gesichert" 72 . 73<br />
Darüberhinaus sei die Bestimmung der persönlichkeitsnahen Grundrechte (bei denen auch die<br />
traditionelle Ansicht Mündigkeit schon vor der Volljährigkeit zugesteht) 74 meist willkürlich 75 .<br />
Dem Konzept der Grundrechtsmündigkeit setzen die Kritiker das Gefährdungsprinzip entgegen.<br />
Grundsätzlich stehe auch Minderjährigen die selbständige Ausübung von Grundrechten zu. Sie<br />
könne aber eingeschränkt werden, wenn der Minderjährige andere oder sich selbst durch diese<br />
Ausübung untragbar gefährde. 76 Der Gesetzgeber trage dabei „die Beweislast dafür, daß<br />
Grundrechtsbeschränkungen dem Minderjährigen gegenüber unausweichlich sind" 77 .<br />
Selbstgefährdung als Kriterium<br />
Den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung bildet die sexuelle Selbstbestimmung von<br />
Kindern und Jugendlichen. Es ist dies zweifellos ein höchstpersönliches Recht, das schlichte<br />
Verhaltensweisen schützt („Realhandlungen").<br />
Bei solchen Grundrechten ist der Gegensatz zwischen der traditionellen Ansicht und den<br />
Kritikern der Grundrechtsmündigkeit sehr gering. Er reduziert sich im wesentlichen darauf,<br />
daß die einen die Einsichts- und Urteilsfähigkeit, die anderen hingegen die Fremd- und<br />
Selbstgefährdung als Kriterium heranziehen. Darüberhinaus scheint die Verteilung der<br />
Beweislast strittig.<br />
Dieser Unterschied ist jedoch weitgehend ein scheinbarer. Auch die traditionelle Ansicht<br />
begründet das Kriterium der Einsichtsfähigkeit mit der Gefahr der Fremd- oder<br />
Selbstgefährdung 78 und die Definitionen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit weisen klar in diese<br />
Richtung. 79<br />
Die Rechtsprechung im deutschsprachigen Raum hat sich zur Frage der Grundrechtsmündigkeit<br />
nicht ausdrücklich geäußert. 80 Aber auch sie bindet die Grundrechtsausübung nicht starr an die<br />
Volljährigkeit.<br />
So stellte in Österreich der Oberste Gerichtshof fest, daß bei einer „nicht<br />
rechtsgeschäftliche[n] Verfügung über höchstpersönliche Rechte" „nicht die Regeln über die<br />
allgemeine Geschäfts-(Handlungs-)fähigkeit Anwendung finden", sondern nach Lehre und