Kapitel 2 - Ipce
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Menschenrechtsgedanke zu einem Torso. Ein Schutzsystem, das die Schwächsten und<br />
Schutzlosesten sehenden Auges in ihr Unglück laufen ließe, stellte bloß einen Schatten seiner<br />
selbst dar.<br />
Diese ausnahmsweise Zulassung des Kriteriums der Selbstgefährdung trägt auch der Tatsache<br />
Rechnung, daß die Grundrechte „für Minderjährige wie für Erwachsene" 96 gelten. Auch die<br />
Grundrechte Erwachsener, deren Einsichts- und Urteilsfähigkeit (ständig oder auch nur<br />
vorübergehend) gegenüber dem Durchschnitt wesentlich gemindert ist (psychisch Kranke,<br />
Personen mit Bewußtseinsstörungen u . ä.), können bei Selbstgefährdung eingeschränkt werden. 97<br />
Konsequenterweise findet sich das Konzept der Einsichtsfähigkeit auch in der UN-<br />
Kinderrechtskonvention, deren Art. 12 bestimmt, daß „States parties shall assure that the child<br />
who is capable of forming his or her own views the right to express those views freely in<br />
all matters affecting the child, the views of the child being given due weight in accordance<br />
with the age and maturity of the child".<br />
An die Einsichts- und Urteilsfähigkeit sind jedoch keine zu strengen Kriterien anzulegen. So<br />
ist dafür etwa keine perfekte Meisterung neuer Lebenssituationen nötig. „Eine gewisse Zeit der<br />
Erprobung in Selbständigkeit und die damit verbundene Gefahr entwicklungsbedingter Mißgriffe<br />
ist unumgängliche Voraussetzung eines allmählichen, einigermaßen konfliktlosen<br />
Hineinwachsens in die Gesellschafts- und Rechtsordnung" 98 .<br />
Zusammenfassung Kap. 2.12<br />
Nach ganz überwiegender Ansicht ist jeder Mensch von Geburt an grundrechtsfähig, also<br />
Träger der Grundrechte.<br />
Von dem allgemeinen Grundsatz, wonach niemand in seiner Freiheit bloß deswegen<br />
eingeschränkt werden darf, weil er sich selbst gefährdet (oben Kap. 2.11), wird bei Personen,<br />
deren Einsichts- und Urteilsfähigkeit gegenüber dem Durchschnitt wesentlich herabgesetzt ist<br />
(Kindern, psychisch Kranken, Personen mit Bewußtseinsstörungen u . ä.), eine Ausnahme<br />
gemacht. Bei ihnen kann die (selbständige) Ausübung von Grundrechten zur Hintanhaltung von<br />
Selbstgefährdung, eingeschränkt werden.