Kapitel 2 - Ipce
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genügen. 35 Für nationale Eingriffe in Grundrechte, die solchen Entwicklungen widersprechen,<br />
verlangt er „very weighty reasons". 36<br />
Gerade im Bereich strafrechtlicher Normen ist - im Sinne derer Natur als „ultima ratio" und<br />
im Sinne der Freiheitsvermutung des Menschenrechtsgedankens - besonders genau darauf zu<br />
achten, inwieweit andere Rechtsordnungen den Einsatz der schärfsten Waffe des Staates für<br />
notwendig erachten. Je mehr Staaten ein bestimmtes Verhalten nicht strafrechtlich verfolgen,<br />
desto sorgfältiger und strenger ist die Notwendigkeit einer Pönalisierung zu prüfen. Trifft dies<br />
auf eine wesentliche Zahl von Staaten zu, so müssen sehr schwerwiegende Gründe für die<br />
Kriminalisierung sprechen. 37<br />
Bei der Beurteilung des Ermessensspielraums ist nicht nur auf das Maß rechtlichen Konsenses<br />
abzustellen, sondern - je nach der gegenständlichen Materie - auch auf die Übereinstimmung<br />
der Expertenmeinungen und der öffentlichen Meinung. 38<br />
Bei der Erfüllung von positiven Verpflichtungen, die sich aus den Konventionsrechten<br />
ergeben 39 , gesteht der Gerichtshof den Staaten einen weiten Ermessensspielraum zu, der<br />
allerdings ebenfalls von Ausmaß des Konsenses zwischen den nationalen Rechtsordnungen, in<br />
der Wissenschaft sowie der öffentlichen Meinung beeinflußt wird. 40<br />
EMRK als innerstaatliches Recht<br />
Die EMRK ist nicht nur ein völkerrechtliches Instrument, sondern hat in Österreich seit 1958<br />
auch innerstaatlich Gesetzeskraft, seit 1964 in Verfassungsrang.<br />
Im großen und ganzen ergeben sich dadurch jedoch keine allzugroßen Unterschiede in der<br />
Anwendung, denn auch innerstaatlich müssen die EMRK-Normen „im Zusammenhalt mit der<br />
Rechtsprechung [der europäischen Instanzen] gesehen werden" 41 .<br />
Eine Ausnahme besteht nur insofern als die nationalen Gerichte, die innerstaatlich über die<br />
Einhaltung der Konventionsrechte zu wachen haben, an den Ermessensspielraum bei<br />
Grundrechtseinschränkungen strengere Kriterien anlegen können als die Konventionsorgane;<br />
trifft auf sie die Begründung doch nicht zu, daß sie keine nationale Behörden seien und sich<br />
nicht an deren Stelle setzen dürften.<br />
Zusammenfassung Kap. 2.13