Kapitel 2 - Ipce
Kapitel 2 - Ipce
Kapitel 2 - Ipce
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Neben dem Recht auf Achtung des Privatlebens, dem Gleichbehandlungssatz und dem Verbot<br />
unmenschlicher und erniedrigender Behandlung kommen auch noch andere Grundrechte als<br />
Schutzrechte eines selbstbestimmten Sexuallebens in Frage.<br />
2.241 Recht auf Freiheit des Gewissens (Art. 9 EMRK, Art. 14 StGG, Art. 63 StV. v. St.<br />
Germain)<br />
Sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 9 EMRK) als auch die österreichische<br />
Bundesverfassung (Art. 14 StGG; Art. 63 StV. v. St. Germain) schützen das Recht auf<br />
Freiheit des Gewissens.<br />
Dieses Recht umfaßt auch die Gewissensbetätigungsfreiheit, also das Recht, sein ganzes Leben<br />
seinen Gewissensanforderungen entsprechend gestalten zu können. 1<br />
Der Begriff „Gewissen" ist in den entsprechenden Normen nicht näher erläutert, die Definition<br />
des deutschen Bundesverfassungsgerichts kann aber als allgemein akzeptiert gelten.<br />
Danach ist „Gewissen", ein real erfahrbares seelisches Phänomen, dessen Forderungen,<br />
Mahnungen und Warnungen für den Menschen unmittelbare evidente Gebote unbedingten<br />
Sollens sind. Eine Gewissensentscheidung ist danach jede ernstliche, sittliche, an den<br />
Kategorien von Gut und Böse orientierte Entscheidung, die der einzelne für sich bindend und<br />
unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so daß er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot<br />
handeln könnte. 2 Gewissensmotivationen können auch gefühlsmäßiger Natur sein und müssen<br />
nicht auf einer vernunftmäßigen Abwägung des Für und Wider beruhen. 3<br />
Gewissensentscheidungen sind auch nicht sittlich ausgereiften Menschen mit festen und<br />
dauerhaften Grundvorstellungen vorbehalten. 4<br />
Es ist unschwer vorzustellen, daß eine aus einem tiefen Gefühl der Zuneigung entspringende<br />
Entscheidung zur Intimität mit einem bestimmten Liebespartner eine solche ernste, sittliche, an<br />
den Kategorien von Gut und Böse orientierte Entscheidung darstellen kann. Gelten doch Liebe,<br />
Zuneigung und Fürsorge als klassische ethische Merkmale zur Unterscheidung von Gut und<br />
Böse. Die sexuelle und emotionelle Orientierung ist auch tief in der Persönlichkeit eines<br />
Menschen verankert 5 und wird ein Mensch gehindert, dieser Grundstruktur entsprechend zu<br />
handeln, so kann dies massive Persönlichkeitsstörungen hervorrufen, ihn somit in schwere<br />
(Gewissens)Not bringen. 6