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Kapitel 2 - Ipce

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Sind Selbstbestimmung und Autonomie des Einzelnen jene Werte, die den Menschenrechten<br />

zu Grunde liegen, so darf niemand in seinem freien Handeln nur deshalb eingeschränkt<br />

werden, „because in the opinion of others to do so would be wise or even right" 14 .<br />

,,[T]he mere knowledge that other individuals do not adhere to one's value system cannot be<br />

a legally cognizable interest, [ ...] let alone an interest that can justify invading the houses,<br />

hearts and minds of citizens who choose to live their lives differently" 15 .<br />

Es verstößt gegen das ureigenste Anliegen der Grundrechte, nämlich Minderheiten und<br />

Schwache gegen die herrschende Meinung und die Meinung der Herrschenden in Schutz zu<br />

nehmen 16 , wenn Verhaltensweisen nur deshalb verboten werden, weil sie viele Menschen<br />

negativ beurteilen. 17 Das gilt auch - und gerade dann -, wenn diese die Mehrheit bilden. 18<br />

Die gegenteilige Auffassung 19 beruht auf einem fundamentalen Mißverständnis von Demokratie,<br />

wenn sie sich zur Abstützung ihrer Meinung darauf beruft, daß „a democratic society is<br />

governed by the rules of the majority". 20<br />

Daß „die Rechts- und Sozialordnung auf das Empfinden und den Natürlichkeitsbegriff der<br />

Mehrheit Rücksicht zu nehmen hat" 21 kann nicht bedeuten, daß die Mehrheit einer Minderheit<br />

oder auch nur einen Einzelnen zwingen darf, sich gemäß ihren moralischen Auffassungen zu<br />

verhalten oder zu leben. 22<br />

Andernfalls wandelte sich „a tool intended to liberate human capacities for the enlightened<br />

pursuit of interests on terms fair to all" zu einem „instrument for the crudest oppression of<br />

the varieties of the pursuit of happiness into Procrustean convention - rigid, unintelligent,<br />

wilful" 23 .<br />

Schränkt der Staat die Freiheit des Individuums deswegen ein, weil dies „millenia of moral<br />

teaching" 24 entspricht, so hieße dies nichts anderes, als die unhinterfragte Herrschaft der<br />

konventionellen Moral zu akzeptieren. Eine Herrschaft, die J.S. Mill (in Anlehnung an de<br />

Tocqueville) bereits im vergangenen Jahrhundert als Verrat an den grundlegendsten Werten<br />

der politischen Theorie der Demokratie qualifiziert hat. 25<br />

Mit diesen grundlegenden demokratischen Werten, zu denen etwa der Europäische Gerichtshof<br />

für Menschenrechte in ständiger Rechtssprechung „pluralism, tolerance and broadmindedness"<br />

zählt 26 , ist es unvereinbar, Strafbestimmungen mit den herrschenden moralischen Anschauungen<br />

zu begründen. 27

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