Kapitel 2 - Ipce
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vgl.: „Nachdem die Kindheit wichtiger geworden war, schrieb ihr die Gesellschaft alle möglichen negativen Züge<br />
zu: Irrationalität, Geistesarmut, Schwachheit, Unverstand und Primitivismus" (Farson 1974, S. 20)<br />
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vgl.: „Vorher wuchsen Kinder einfach heran; jetzt aber mußten sie erzogen werden" (Farson 1974, S. 20)<br />
24 vgl.: „Vor dem 16. Jahrhundert gab es keine Absonderung der verschiedenen Altersgruppen und keine eigene<br />
Welt für Kinder. Kinder nahmen an allem teil und machten alles mit. Sie kannten dieselben Spiele, Geschichten,<br />
Tänze und denselben Zeitvertreib. Erwachsene und Kinder waren nie voneinander getrennt. Internate, die im 17.<br />
Jahrhundert entstanden, stellen den Beginn der Absonderung nach Altersgruppen dar. Die Trennung scheint<br />
heutzutage nahezu vollendet zu sein" (Farson 1974, S. 21)<br />
25 Prónay (1991, S. 2f)<br />
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vgl.: „Die jungen Menschen brauchen keine sexuelle Aufklärung, da sie aus der Welt der Erwachsenen sehen,<br />
fühlen und lernen können, was sie wissen müssen [...] Die ideale Quelle für diese Untersuchung ist ein<br />
weitverbreitetes Schulbuch: die Colloquia des ERASMUS VON ROTTERDAM. Es wurde bekanntlich dem<br />
Patenkind des ERASMUS, JOHANNES ERASMUS FROBEN, gewidmet, dem sechsjährigen Söhnchen seines<br />
Buchdruckerfreundes in Basel [...] An ihrer großen Verbreitung kann nicht gezweifelt werden [...] In eine moderne<br />
Terminologie übersetzt, kommt unter anderem folgendes zur Sprache: die leidenschaftliche Liebe, [...] die sexuelle<br />
Magie und Aphrodisiaka [...] die festen Grundlagen für eine Partnerschaft; der Wert der körperlichen Schönheit; die<br />
Bewertung der Jungfräulichkeit [...] der Sinn des Koitus [...] Der Wert der Ehe [..] die Kastration [...] das Zölibat [...]<br />
der voreheliche Koitus [...] Über die Heirat zwischen einem alten, syphilitischen Ritter und einer sechzehnjährigen<br />
Blume der Jugend. Die Gültigkeit dieser Ehe wird diskutiert. Der intime Verkehr zwischen den ungleichen Partnern<br />
wird besprochen [...] Alle Einzelheiten über die Syphilis werden mitgeteilt einschließlich der dazugehörigen<br />
Prophylaxe [...] Der junge Mann und die Dirne („Adolescens et Scortum", 1523). Der junge Mann kehrt nach langer<br />
Abwesenheit wieder zu seiner Freundin, einer Dirne, zurück. Sie spricht ihn an mit den Worten: mea mentula, meine<br />
Rute [...] In diesem Dialog wird einige Male erwähnt, daß Geistliche fleißige Bordellbesucher sind, zum Beispiel<br />
werden die Bettelmönche dort um ihre Almosen erleichtert [...] Es fällt auf, daß die sexuellen Dinge in einen<br />
größeren Zusammenhang integriert waren, nicht weil ERASMUS es so besser fand, sondern weil das Sexuelle in der<br />
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch nicht losgelöst vom Ganzen gesehen wurde. ERASMUS widmet in den<br />
pädagogischen Schriften dem Sexuellen weniger Beachtung als zum Beispiel der Schwatzhaftigkeit der Schüler oder<br />
dem stets wiederkehrenden Thema der Mäßigkeit auf allen Gebieten. Er setzte stets voraus, daß die jungen<br />
Menschen, für die er schreibt, über die sexuellen Dinge Bescheid wissen. Ein Verzeichnis der Stichworte dieser<br />
Dialoge würde genauso vollständig sein wie das Handbook on Sex Instructions in Swedish Schools (1956), sich aber<br />
in wesentlichen Punkten unterscheiden: der sexuelle Inhalt wird nicht sorgfältig in ein System gebracht, es gibt kein<br />
Thema, das allmählich entwickelt wird [...] Autoren des 20. Jahrhunderts haben geschrieben, daß ERASMUS als<br />
erster sexuelle Aufklärung gegeben habe. Das stimmt nicht, da die Begriffe sexuell und Aufklärung nicht für das 16.<br />
Jahrhundert verwendbar sind, und da die Autoren vor und nach ERASMUS in der gleichen freimütigen Art sexuelle<br />
Elemente in ihre Werke aufnahmen, ohne daß sie damit hätten Aufklärung geben wollen [...] Nach dem Urteil<br />
einiger Kenner verblassen die Colloquia im Vergleich zu der sonstigen Jugendlektüre, die den Humanisten als sehr<br />
wohlanständig erschien. Gerade die anderen Autoren werden beschuldigt, sich Freimütigkeiten bis zur<br />
Schamlosigkeit zu erlauben [...] Um das Jahr 1500 hielt ein Magister in der Universität von Heidelberg, umgeben<br />
vom üblichen akademischen Zeremoniell, eine Rede über Die Treue der Dirnen zu ihren Liebhabern. Ein anderer<br />
Magister hatte zum Thema Die Treue der Konkubinen gesprochen und ein dritter über die verschiedenen Arten der<br />
Ausschweifung. UDENHEMIUS, Rektor in Schlettstadt, schrieb eine lobende Einleitung zu diesen Reden und<br />
empfahl sie der Jugend, die sie nicht ohne Gewinn lesen werde [...] Als Schullektüre findet man Dichter wie<br />
HORAZ, JUVENAL, OVID (dessen Ars amatoria noch im 18. Jahrhundert in der Schule gelesen wurde),<br />
PROPERZ und ARISTOPHANES [...] Es wurden in der Schule Stücke gelesen und aufgeführt, wie sie in unserer<br />
Zeit bis vor kurzem nicht einmal vor Erwachsenen gespielt wurden" (van Ussel 1977, S. S. 25ff, 31f, dort auch<br />
zahlreiche weitere Beispiele)<br />
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Weitere Beispiele vgl. unten Kap. 4.11(4)(e).