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Integrationsförderung durch Migrantenorganisationen

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Röbke - Netzwerke: Konzepte und Handlungsstrategien für die Praxis<br />

der Akteure zunimmt. Zwar können sie Informationen<br />

schnell übermitteln, doch ihre multifokale Struktur mit<br />

flachen Hierarchien führt häufig zu einem enormen<br />

Diskussions- und Rückkopplungsaufwand, wenn es<br />

um Entscheidungen geht.<br />

Verbindungen<br />

Im Zentrum der Netzwerkarchitektur steht die Qualität<br />

der Verbindungen. Schwache Beziehungen erlauben<br />

es im Prinzip, in Kontakt zu einer viel größeren Menge<br />

von Partnern zu treten, als es enge, aber zeitraubende<br />

Verpflichtungen oder Freundschaften zulassen.<br />

Andererseits beruhen Netzwerke auf Vertrauen.<br />

Wie aber sollen wir jemandem Vertrauen schenken,<br />

den wir nur flüchtig kennen?<br />

Zugänge<br />

Netzwerke verbinden. Sie können aber auch trennen.<br />

Bürgerschaftliche Netzwerke bieten einerseits die<br />

Aussicht auf einen niedrigschwelligen Zugang zum<br />

gesellschaftlichen Leben. Diese Funktion wird umso<br />

wichtiger, je weiter sich unsere Gesellschaft individualisiert.<br />

Zugleich können starke Binnenbeziehungen<br />

in Netzwerken aber auch zum Ausschluss einzelner<br />

Gruppen und Milieus führen.<br />

Kopplungen<br />

Netzwerke leben als freiwillige Zusammenschlüsse<br />

von den Zielen, die sie sich setzen. Wenn es sich<br />

um professionelle Partner handelt, die, jeder für sich,<br />

ein strategisches Interesse am Netzwerk formulieren,<br />

ist dieses Spiel zwischen Sonderinteressen und<br />

Netzwerkzielen nicht unproblematisch. Immer wieder<br />

kommt es zu Vereinnahmungen von Interessen. Auf<br />

dieser tertiären Ebene des bürgerschaftlichen Engagements<br />

agieren beispielsweise Wohlfahrtsverbände<br />

oder Unternehmen, Bildungseinrichtungen oder Beratungsdienste.<br />

Ihnen ist ein professionelles Verständnis<br />

ihrer Arbeit selbstverständlich und sie können die<br />

Schnittstellen, die sie mit dem Netzwerk gemeinsam<br />

haben, genau definieren. Es kann dann aber auch<br />

geschehen, dass die professionelle Handlungslogik<br />

Netzwerke überformt und instrumentalisiert.<br />

Aufgaben des Netzwerkmanagements<br />

Damit sind schon viele Bruchstellen und Ambivalenzen<br />

benannt, die ein Netzwerkmanagement im<br />

Bereich des bürgerschaftlichen Engagements zu<br />

bearbeiten hat. Es muss versuchen, Machtungleichgewichte<br />

auszugleichen. Ich glaube, das Netzwerkmanagement<br />

leicht gegen den Strom steuern muss,<br />

um gerade jene Augenhöhe herzustellen, die nicht<br />

selbstverständlich ist. Ein zweites Prinzip sehe ich in<br />

der Aufgabe, Vielfalt zu organisieren. Im Bereich der<br />

Integrationsarbeit gibt es den Begriff des Diversity-<br />

Managements. Wie kann es gelingen, eine Kooperation<br />

unterschiedlicher Kulturen zu erreichen, obwohl<br />

oder besser: gerade weil diese so unterschiedlich<br />

sind? Ich möchte die zugrunde liegende Steuerungsphilosophie<br />

als Suche nach Synergien bezeichnen.<br />

Obwohl dieses Wort schon ziemlich abgenutzt ist<br />

– jede Firma, die eine andere schluckt, spricht von<br />

Synergie, ist die damit gemeinte Praxis eher selten<br />

anzutreffen. Aus den Unterschieden Funken schlagen,<br />

Spaß an der Vielfalt haben ist anstrengend, aber<br />

kann meines Erachtens zu Resultaten führen, die völlig<br />

überraschend, ja beglückend sein können.<br />

Netzwerkmanager sollten diese Aufgaben verfolgen,<br />

indem sie<br />

1. die Selbstorganisationspotenziale der primären<br />

Netzwerke um Familie, Nachbarschaft und bürgerschaftliches<br />

Engagement stärken und dafür<br />

sorgen, dass sie im politischen Raum der Öffentlichkeit<br />

Gehör finden;<br />

2. die Abschließung von Netzwerken aufbrechen und<br />

soziale Kreise für Prozesse der gesellschaftlichen<br />

Kooperation und Koproduktion begeistern;<br />

3. den Eigensinn des bürgerschaftlichen Engagements<br />

gegenüber Versuchen professioneller Rationalisierung<br />

bewahren;<br />

4. Netzwerke von professionellen Partnern auf eine<br />

behutsame Zusammenarbeit mit bürgerschaftlich<br />

organisierten Netzwerken vorbereiten;<br />

5. bürgerschaftliche Netzwerke als Korrektiv der Pathologien<br />

professioneller Dienste und Organisationen<br />

zur Geltung bringen;<br />

6. Plattformen der Begegnung zivilgesellschaftlicher,<br />

wirtschaftlicher und politischer Akteure schaffen;<br />

7. sich um die Evaluation der Netzwerkarbeit kümmern<br />

und den Netzwerkpartnern die Chancen, die<br />

ihr Einsatz bietet, bewusst machen.<br />

Dies ist ein anspruchsvolles Aufgabenprofil. Netzwerkarbeit<br />

muss man sich leisten können. Ich denke,<br />

man sollte sich nicht entmutigen lassen und vielleicht<br />

erst einmal klein anfangen. Aber man steht auch<br />

nicht am Anfang. Diese Tagung zeigt, dass man auf<br />

dem Weg der Vernetzung schon ein gutes Stück vorangekommen<br />

ist. Es wird darauf ankommen, diese<br />

Ausgangsposition in den kommenden Jahren auszubauen.<br />

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht,<br />

seitdem auch große Institutionen wie das BAMF die<br />

Notwendigkeit der Förderung von Netzwerkarbeit erkannt<br />

haben.<br />

BBE - Dokumentation 21

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