Integrationsförderung durch Migrantenorganisationen
Integrationsförderung durch Migrantenorganisationen
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Talkrunde<br />
tung, Wahrnehmen von Verantwortung, Förderung<br />
von Kompetenzen der unterschiedlichsten Art etc.:<br />
Integration (Inklusion) ist nicht eine Aufgabe unter<br />
vielen, sondern Wirkungsprinzip und Ergebnis aller<br />
auf Teilhabe, Partizipation, Chancengleichheit<br />
etc. gerichteter Prozesse in allen möglichen gesellschaftlichen<br />
Bereichen (siehe Nationaler Integrationsplan).<br />
Ein (altmodischer) Schlüsselbegriff<br />
könnte auch sein: Emanzipation.<br />
Die Wohlfahrtsverbände unterstützen grundsätzlich<br />
und auch ganz praktisch die stärkere Einbeziehung<br />
von MO in die Integrationspolitik. Eine stärkere Beteiligung<br />
von MO ist sinnvoll und Ziel führend.<br />
Miguel Vicente:<br />
Das Leben in der Migration ist in Deutschland, wie<br />
in anderen Einwanderungsländern, stets auch Anlass<br />
zur Selbstorganisation der Zugewanderten. <strong>Migrantenorganisationen</strong><br />
sind somit aus einem „natürlichen“<br />
Prozess erwachsen und stellen einen wichtigen Teil<br />
unserer Zivilgesellschaft dar. In Deutschland wurde<br />
die Bedeutung von <strong>Migrantenorganisationen</strong> für die<br />
Gestaltung integrativer Prozesse lange Zeit von Politik<br />
und Gesellschaft übersehen. Ehemals als „ausländische<br />
Vereine“ bezeichnet, in denen Zuwanderer<br />
sich scheinbar abschotteten, wurde ihnen eher eine<br />
die Integration gefährdende Wirkung zugeschrieben.<br />
Unter diesen Umständen ist es umso eindrucksvoller,<br />
mit wie viel Engagement und Leidenschaft die<br />
„ausländischen Vereine“ über all die Jahrzehnte ihre<br />
Funktionsfähigkeit aufrechterhalten und weiterentwickeln<br />
konnten. Mittlerweile setzt sich doch verstärkt<br />
die Erkenntnis <strong>durch</strong>, dass <strong>Migrantenorganisationen</strong><br />
seit Jahrzehnten eine wichtige soziale und gesellschaftliche<br />
Funktion ausfüllen und dass sie bedeutsame<br />
Partner für eine zukünftige Integrationsarbeit<br />
sein können.<br />
So übernehmen sie wichtige Mittler- und Brückenfunktionen<br />
und tragen zur Identitätsstärkung ihrer<br />
Mitglieder bei. Das Engagement vieler <strong>Migrantenorganisationen</strong><br />
hilft Einwanderern, sich in die neue<br />
Gesellschaft einzuleben und soziale Netzwerke<br />
aufzubauen. Sie wirken <strong>durch</strong> ihre Aktivitäten und<br />
Dienstleistungen in die deutsche Mehrheitsgesellschaft,<br />
zum Beispiel <strong>durch</strong> Vermittlung von wichtigem<br />
Alltagswissen, wie Hilfen bei der schulischen Integration.<br />
Sie sind auch für die politische Meinungs- und<br />
Willensbildung sowie für die soziale Orientierung der<br />
Zuwanderer maßgeblich und unterscheiden sich da<strong>durch</strong><br />
von vielen anderen Vereinen, weil sie stärker in<br />
den Lebensalltag wirken.<br />
Zu diesem Sinneswandel hat insbesondere eine Umkehr<br />
in der bisherigen Integrationspolitik beigetragen.<br />
Wurde in der Vergangenheit ausschließlich auf die<br />
Kompensation von tatsächlichen oder vermeintlichen<br />
Defiziten von Migranten gesetzt, so liegt der Fokus<br />
nunmehr auf dem Erkennen und Stärken von vorhandenen<br />
Potenzialen der zugewanderten Bevölkerung.<br />
Dieses Prinzip findet mehr und mehr Eingang in den<br />
meisten nationalen und europäischen Programmen,<br />
die einen ressourcenorientierten Ansatz verfolgen<br />
und Migration als Potenzial für die Aufnahmegesellschaft<br />
verstehen.<br />
Die meisten <strong>Migrantenorganisationen</strong> haben längst<br />
ihre Bereitschaft signalisiert, mehr Verantwortung im<br />
Integrationsprozess zu übernehmen. Befragungen<br />
und Untersuchungen zeigen allerdings, dass <strong>Migrantenorganisationen</strong><br />
unter erschwerten Rahmenbedingungen<br />
wirken und sich mit besonderen Problemen<br />
konfrontiert sehen. So geben Aktive an, dass die<br />
vorhandenen, knappen finanziellen Ressourcen eine<br />
aktivere Rolle verhindern. Sie bemängeln, dass es ihnen<br />
an Unterstützung und Anerkennung seitens der<br />
Institutionen und der Politik fehlt, und benennen einen<br />
hohen Bedarf an fachlichen Unterstützung und Weiterbildungsangeboten.<br />
Um <strong>Migrantenorganisationen</strong> als Akteure in Integrationsprozesse<br />
einzubinden, muss genau an dieser<br />
Stelle angesetzt werden. Sie brauchen Unterstützung<br />
in Form von Qualifizierung und Weiterbildung sowie<br />
eine Politik der Anerkennung und Wertschätzung.<br />
Ein Weg zur Unterstützung von Handlungskompetenzen,<br />
gleichberechtigter Mitgestaltung und Teilhabe<br />
ist die fachliche Begleitung hin zu professionellerer<br />
Verbands- und Vereinsarbeit, der Aufbau und Ausbau<br />
tragfähiger Organisationsstrukturen sowie gleichberechtigte<br />
Kooperations- und Netzwerkarbeit. Die kommunalen<br />
Integrations- und Ausländerbeiräte fördern<br />
seit vielen Jahren diese Entwicklung der <strong>Migrantenorganisationen</strong>.<br />
Insbesondere die Landesverbände sowie<br />
der Bundesverband haben zahlreiche Programme<br />
aufgelegt, die dieses Ziel verfolgen. So wurden beispielsweise<br />
in Bayern, Brandenburg oder in Rheinland-Pfalz<br />
Qualifizierungsangebote entwickelt, die die<br />
Bedürfnisse der <strong>Migrantenorganisationen</strong> aufgreifen.<br />
Dazu gehört auch die Förderung der Netzwerkarbeit,<br />
als wichtigen Bestandteil der Verbandsarbeit.<br />
Die Zusammenarbeit in Netzwerken ist deshalb von<br />
Bedeutung, weil vorhandene Kompetenzen und Ressourcen<br />
der einzelnen Beteiligten gebündelt werden<br />
können und da<strong>durch</strong> effizienter und zielgerichteter an<br />
gemeinsamen Zielen gearbeitet werden kann. Dies<br />
BBE - Dokumentation 61