Integrationsförderung durch Migrantenorganisationen
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Arbeitsgruppen 1 - 9<br />
Zeitdruck bei der Projektbeantragung erschweren<br />
eine gemeinsame Konzeptentwicklung und damit<br />
die Schaffung einer tragfähigen Grundlage für eine<br />
kooperative Projektarbeit. Zu berücksichtigen sei<br />
generell die Gefahr der Instrumentalisierung der MO<br />
in Tandemprojekten.<br />
Fazit der Diskussion war, dass eine erfolgreiche Arbeit<br />
von Tandemprojekten <strong>durch</strong> folgende Rahmenbedingungen<br />
gefördert werden kann:<br />
• gemeinsame Projektentwicklung von Anfang an<br />
• Transparenz gewährleisten<br />
• verbindliche Absprachen und Vereinbarungen<br />
• Formen der Zusammenarbeit festlegen<br />
• kontinuierliche Abstimmung<br />
• gleichberechtigte gemeinsame Mittelverwaltung<br />
• externe Prozessbegleitung<br />
• längerfristige Ausschreibungen von Förderprogrammen<br />
• Qualifizierung von MO zu Projektentwicklung.<br />
AG 8: Netzwerke in der Flüchtlingsarbeit<br />
Impuls: Selbstorganisation junger Flüchtlinge<br />
Mohammed Youni, Jugendliche ohne Grenzen<br />
Tobias Klaus, Flüchtloingsrat Bayern<br />
No Vote but a Voice – Selbstorganisation statt Paternalismus:<br />
Die Jugendlichen Ohne Grenzen<br />
Die wichtigste Fachtagung für Flüchtlingsorganisationen<br />
sind die Hohenheimer Tage. Bei der Tagung<br />
2010 ließ die CDU/CUS, über ihren parlamentarischen<br />
Geschäftsführer Peter Altmaier, erstmals<br />
Chancen auf eine dauerhafte Bleiberechtsregelung<br />
<strong>durch</strong>blicken. Verkürzt gesagt: Flüchtlinge ohne Aufenthaltserlaubnis<br />
sollen nicht mehr geduldete werden,<br />
bis ihre Abschiebung möglich wird, sondern können<br />
nach einer gewissen Zeit bleiben – wenn sie als<br />
integriert gelten. Altmaier erklärte dies vor allem mit<br />
„den jungen Leuten, die alle gut Deutsch sprechen“,<br />
welche er bei den Jugendlichen Ohne Grenzen getroffen<br />
hätte.<br />
„Jugendliche Ohne Grenzen“ ist eine Jugendinitiative,<br />
in der Flüchtlinge, die von der Abschiebung bedroht<br />
sind, für ihre Rechte eintreten. Dass einer der<br />
zentralen Akteure deutscher Abschiebepolitik wie Dr.<br />
Peter Altmaier sich so positiv auf Menschen bezieht,<br />
die nach aktueller Rechtslage nicht in Deutschland<br />
bleiben sollen, zeigt, dass sich etwas bewegt hat.<br />
Und es zeigt vor allem: Die Selbstorganisation von<br />
Flüchtlingen ist ein gewichtiger politischer Faktor.<br />
Schon 2006 hatten die Proteste von jungen Flüchtlingen<br />
mächtig Druck erzeugt. Zwei Begnadigungsregelungen<br />
für Langzeitgeduldete wurden in den Jahren<br />
2006 und 2007 erlassen, die so genannten Altfallregelungen.<br />
60.000 Menschen, die abgeschoben werden<br />
sollten, werden wohl bleiben können. Viele Akteure<br />
von Pro Asyl und Kirchen über antirassistische<br />
Gruppen bis hin zu den unzähligen lokalen Initiativen,<br />
die sich gegen die Abschiebung ihrer Mitschüler/innen<br />
und Nachbarn einsetzten, haben diesen Erfolg<br />
gemeinsam erkämpft.<br />
Ein Akteur hätte jedoch mit absoluter Sicherheit nicht<br />
fehlen dürfen: die Jugendlichen Ohne Grenzen. Das<br />
dies so ist, ist relativ leicht zu verstehen. Rede ich<br />
als Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates mit<br />
Politikern und Pressevertretern, ist es für viele ein<br />
Leichtes, auf Durchzug zu schalten und „den Weltverbesserer<br />
mal träumen zu lassen“. Erzählt ein Jugendlicher,<br />
der seit 10 Jahren in Deutschland lebt,<br />
dass er trotz aller Bemühungen (Schulabschluss,<br />
Sprachkenntnisse etc.) abgeschoben werden soll,<br />
ist das ein Skandal. Hier funktioniert der dominante<br />
„Ausländerdiskurs“ nicht mehr, der zwischen guten<br />
und schlechten Ausländern differenziert. Die gängigen<br />
Kriterien (Sprachkenntnisse, Straftaten, Arbeit,<br />
Ausbildung und Aussehen) greifen nicht mehr,<br />
da junge Menschen auftauchen, die der Öffentlichkeit<br />
mitteilen: Ich spreche Deutsch, ich kleide mich<br />
wie ihr, ich mache meine Ausbildung und ihr wollt<br />
mich abschieben? Hier wird auf einmal die Differenz<br />
zwischen dem rechtlichem Status geduldeter Menschen<br />
und den Kriterien des Ausländerdiskurses<br />
im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar. Würde ich<br />
als Vertreter des Bayerischen Flüchtlingsrats versuchen,<br />
das Thema auf die politische Tagesordnung<br />
zu setzen, würde ich scheitern. Meine politische<br />
Meinung interessiert die Öffentlichkeit wenig, empörende<br />
persönliche Schicksale und der Konflikt zwischen<br />
Betroffenen und Entscheidungsträgern aber<br />
schon. Als Kommunikationswissenschaftler könnte<br />
ich auch schlicht feststellen: Der Nachrichtenwert<br />
ist höher, da Personalisierung, Konflikt, Authentizität<br />
und Betroffenheit bei Selbstorganisationen höher<br />
sind.<br />
Schaut man sich den Erfolg von Jugendliche Ohne<br />
Grenzen an, könnte man meinen, dass PR-Strategen<br />
der großen Flüchtlingslobbyorganisationen das Ganze<br />
am Reißbrett entworfen und mit viel Geld umgesetzt<br />
hätten, so gut funktioniert die Beeinflussung<br />
medialer Diskurse und das Lobbying bei Entscheidungsträgern<br />
<strong>durch</strong> die Jugendlichen. Wenn JOG<br />
auftritt, berichtet nicht die Lokalzeitung über engagierte<br />
Jugendliche, sondern die Tagesschau und der<br />
52 BBE - Dokumentation