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Offene Tore 3 / 2010 - Orah.ch

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der Gewohnheiten »höherer Tö<strong>ch</strong>ter« der damaligen Zeit. Sie war<br />

selbstsi<strong>ch</strong>er, »ungebärdig«, intelligent, energis<strong>ch</strong> und burs<strong>ch</strong>ikos.<br />

Dazu entwickelte sie soziale Interessen und trug au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> ihr<br />

Haar kurz ges<strong>ch</strong>nitten. Na<strong>ch</strong> der Gründung einer florierenden Mäd<strong>ch</strong>en-Gewerbe-S<strong>ch</strong>ule<br />

spielte sie aber s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> in der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

der Stadt Riga eine allseits gea<strong>ch</strong>tete Rolle. Sie war eben »etwas<br />

Besonderes«. Friedri<strong>ch</strong> von Jung-Stilling hatte außer diesen Tö<strong>ch</strong>tern<br />

no<strong>ch</strong> einen Sohn, den er au<strong>ch</strong> Friedri<strong>ch</strong> genannt hatte. Dieser<br />

nahm eine Stelle in der Verwaltung des Gouvernements Lettland<br />

an. Er wurde sozusagen »das statistis<strong>ch</strong>e Gewissen« der Verwaltung.<br />

Sein Wissen gab er in Bü<strong>ch</strong>ern voll endloser Zahlenkolonnen<br />

heraus. Sie enthielten (in deuts<strong>ch</strong>er Spra<strong>ch</strong>e) alle in der Verwaltung<br />

gesammelten demographis<strong>ch</strong>en Daten, von den Geburtenzahlen<br />

und Sterberaten in den einzelnen Gemeinden, über die Entwicklung<br />

der Lohne und Gehälter, bis zu den Preisen für die Lebensunterhaltung<br />

sowie allen Angaben über Verkehrsverbindungen, Straßenbau<br />

und S<strong>ch</strong>iffahrt 58 . Für Regional - Historiker sind diese Bü<strong>ch</strong>er<br />

Friedri<strong>ch</strong> von Jung-Stillings jun. heute no<strong>ch</strong> von hohem Interesse<br />

und eine Fundgrube. Friedri<strong>ch</strong> der Jüngere wiederum hatte<br />

au<strong>ch</strong> nur einen Sohn. Der hieß Roderi<strong>ch</strong> von Jung-Stilling. Er wurde<br />

S<strong>ch</strong>auspieler, was in der Familie »ungeheures Entsetzen« ausgelöst<br />

haben soll. Mit Rücksi<strong>ch</strong>t auf die Vorurteile der meisten anderen<br />

Familienmitglieder nahm Roderi<strong>ch</strong> von Jung-Stilling daher den<br />

Künstlernamen »Ri<strong>ch</strong>ard Starnberg« an. Er verließ, wie die meisten<br />

Baltendeuts<strong>ch</strong>en, im Zuge der um die Jahrhundertwende heraufziehenden<br />

politis<strong>ch</strong>en Gewitter seine baltis<strong>ch</strong>e Heimat. Ab 1922 arbeitete<br />

und lebte er in Berlin. Seine Ni<strong>ch</strong>te Elisabeth erinnert si<strong>ch</strong><br />

daran, dass sie ihren »Onkel Rodi« des öfteren darauf angespro<strong>ch</strong>en<br />

habe, ob er ni<strong>ch</strong>t do<strong>ch</strong> heiraten und eine Familie gründen wolle, um<br />

58<br />

Erwähnt seien davon nur: a) Riga in den Jahren 1866–1870, b) Beitrag zur Gebäudestatistik<br />

der Stadt Riga für das Jahr 1866, c) Beitrag zur Bevölkerungsstatistik<br />

Livlands und d) Ergebnisse der Rigaer Handelsstatistik aus den Jahren 1866 -<br />

1870.<br />

OFFENE TORE 3/10<br />

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