Schweizer Tierschutzstrafpraxis 2012 - Stiftung für das Tier im Recht
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2.1.4. Forderungen<br />
Der Verordnungsgeber hat es bis anhin verpasst, detaillierte Vorgaben insbesondere darüber zu<br />
machen, was Halter alles zu beachten haben, wenn sie ihren Katzen Freigang gewähren. Hierbei<br />
wären etwa Vorschriften zur Unterbringung <strong>im</strong> Freien oder eine allgemeine Chippflicht wünschenswert.<br />
Zur Entschärfung der in der Schweiz zunehmenden "Streunerproblematik" 58 würde<br />
ausserdem eine allgemeine Kastrationspflicht von "Freigängerkatzen" beitragen. Art. 25 Abs. 4<br />
TSchV, der vorschreibt, <strong>das</strong>s <strong>Tier</strong>halter alle zumutbaren Massnahmen treffen müssen, um zu verhindern,<br />
<strong>das</strong>s sich <strong>Tier</strong>e übermässig vermehren, vermochte sich in der Praxis noch nicht durchzusetzen.<br />
Im Vergleich zu den Hunden fehlen bei den Katzen ausserdem genaue Vorgaben zu den<br />
Sozialkontakten, etwa was die Trennung der Welpen von den Muttertieren betrifft. Weil Katzen<br />
oftmals ursächlich <strong>für</strong> nachbarschaftliche Konflikte sind, wären ferner Vorgaben bezüglich Katzenabwehrmassnahmen<br />
erstrebenswert. Detaillierte Vorschriften zum Umgang mit den über aussergewöhnliche<br />
Sinnesleistungen verfügenden Katzen könnten zu einer erhöhten Sensibilisierung<br />
der Bevölkerung, einem verbesserten Anzeigeverhalten und damit zu einem verstärkten Schutz<br />
der <strong>Tier</strong>e beitragen.<br />
2.2. Unbefriedigende <strong><strong>Tier</strong>schutzstrafpraxis</strong><br />
2.2.1. Problematik<br />
Obgleich in der Schweiz rund 1.4 Millionen Katzen leben, befassen sich die Strafbehörden relativ<br />
selten mit an Katzen verübten <strong>Tier</strong>schutzdelikten. Zudem fallen die ausgesprochenen Strafen<br />
auch bei schweren Verstössen oftmals viel zu milde aus.<br />
a) Vergleich der an Katzen und Hunden begangenen Straftaten<br />
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 <strong>2012</strong> Total<br />
Katzen 26 49 30 43 54 39 55 78 78 66 82 600<br />
Hunde 75 101 126 154 216 301 357 435 491 622 736 3614<br />
Straffälle bei Katzen und Hunden 2002-<strong>2012</strong>.<br />
58 Die Streunerpopulation stellt ein schweizweites Problem dar. Die Zahl der in der Schweiz lebenden herrenlosen<br />
Katzen n<strong>im</strong>mt rasant zu. Im heutigen Zeitpunkt geht man davon aus, <strong>das</strong>s hierzulande zwischen 100'000 und<br />
300'000 Katzen wild auf der Strasse leben (Telefonische Auskunft bei Esther Geisser, Präsidentin der <strong>Tier</strong>schutzorganisation<br />
Network for An<strong>im</strong>al Protection [NetAp] vom 22.10.2013). Diese <strong>Tier</strong>e sind oftmals krank und erhalten<br />
keine medizinische Versorgung. Auch die Futterknappheit ist ein grosses Problem <strong>für</strong> die <strong>Tier</strong>e. Viele sind<br />
deshalb sehr abgemagert und schwach. Sie sterben häufig aus Hunger, wegen einer nicht behandelten Krankheit<br />
oder werden abgeschossen. Um dieses Elend in den Griff zu bekommen, braucht es gezielte Kastrationsprogramme,<br />
<strong>im</strong> Rahmen welcher die wildlebenden <strong>Tier</strong>e kastriert und medizinisch versorgt werden. Obwohl der <strong>Tier</strong>schutz<br />
eine Staatsaufgabe darstellt, n<strong>im</strong>mt der Bund seine Pflicht den Katzen gegenüber hier bis heute nicht<br />
wahr. Kastrationsprogramme werden bisher von privaten lokalen <strong>Tier</strong>schutzorganisationen ohne staatliche Unterstützung<br />
organisiert und durchgeführt.<br />
Richner / Flückiger / Rütt<strong>im</strong>ann / Künzli – <strong>Schweizer</strong> <strong><strong>Tier</strong>schutzstrafpraxis</strong> <strong>2012</strong>