Schweizer Tierschutzstrafpraxis 2012 - Stiftung für das Tier im Recht
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I. Analyse Fallmaterial <strong>2012</strong><br />
1. Einleitung<br />
Art. 3 Ziff. 12 der Verordnung über die Mitteilung kantonaler Strafentscheide (Mitteilungsverordnung)<br />
5 und Art. 212b der <strong>Tier</strong>schutzverordnung (TSchV) 6 verpflichten die kantonalen Strafuntersuchungs-<br />
und Gerichtsbehörden sowie die kantonalen Veterinärdienste, sämtliche Strafentscheide<br />
und Einstellungsverfügungen dem Bundesamt <strong>für</strong> Veterinärwesen (BVET) zu melden.<br />
Soweit die kantonalen Behörden dieser Pflicht nachkommen, verfügt <strong>das</strong> BVET damit über <strong>das</strong><br />
vollständige Fallmaterial zur <strong>Schweizer</strong> <strong><strong>Tier</strong>schutzstrafpraxis</strong> 7 .<br />
<strong>Tier</strong>schutzdelikte werden gestützt auf die <strong>im</strong> <strong>Tier</strong>schutzgesetz (TSchG) 8 verankerten Straftatbestände<br />
geahndet. Der strafrechtliche <strong>Tier</strong>schutz lässt sich dabei in die beiden Hauptkategorien<br />
<strong>Tier</strong>quälereien (Art. 26 TSchG) und übrige Widerhandlungen (Art. 28 TSchG) unterteilen. Während<br />
die Tatbestände der Misshandlung, der Vernachlässigung, der unnötigen Überanstrengung, der<br />
Würdemissachtung, der qualvollen oder mutwilligen Tötung, des Veranstaltens quälerischer <strong>Tier</strong>kämpfe,<br />
der Durchführung vermeidbar quälerischer <strong>Tier</strong>versuche und des Aussetzens oder Zurücklassens<br />
von <strong>Tier</strong>en als <strong>Tier</strong>quälereien qualifiziert werden, gelten sämtliche anderen Verstösse<br />
gegen <strong>das</strong> <strong>Tier</strong>schutzrecht als übrige Widerhandlungen. Dazu gehören etwa <strong>das</strong> Missachten der<br />
Haltungsvorschriften, <strong>das</strong> jeweils vorschriftswidrige Züchten, Transportieren und Schlachten von<br />
<strong>Tier</strong>en, die Vornahme von <strong>Tier</strong>versuchen und anderen Eingriffe an <strong>Tier</strong>en sowie <strong>das</strong> Erzeugen,<br />
Züchten, Halten und Verwenden von oder Handeln mit vorschriftswidrig gentechnisch veränderten<br />
<strong>Tier</strong>en 9 .<br />
5 Verordnung vom 10.11.2004 über die Mitteilung kantonaler Strafentscheide (Mitteilungsverordnung; SR 312.3).<br />
6 <strong>Tier</strong>schutzverordnung vom 23.4.2008 (TSchV; SR 455.1).<br />
7 Die Meldepflicht wird <strong>im</strong> Vergleich zu früher zwar ernster genommen, jedoch werden noch <strong>im</strong>mer vorschriftswidrig<br />
nicht sämtliche Straffälle weitergeleitet. Diese Annahme beruht auf den Erfahrungen <strong>im</strong> Kanton Zürich, wo die<br />
Vollzugsorgane bis Ende 2010 verpflichtet waren, alle Verfügungen in tierschutzstrafrechtlichen Angelegenheiten<br />
auch dem <strong>Tier</strong>anwalt weiterzuleiten (a§ 14 der kantonalen <strong>Tier</strong>schutzverordnung; TSchV/ZH vom 11.3.1992; LS<br />
554.11). Die Anzahl der dem BVET eingereichten Fälle aus dem Kanton Zürich lag dabei regelmässig deutlich unter<br />
jenen, die dem Zürcher <strong>Tier</strong>anwalt vorlagen (vgl. dazu Gieri Bolliger/Michelle Richner/Andreas Rütt<strong>im</strong>ann,<br />
<strong>Schweizer</strong> <strong>Tier</strong>schutzstrafrecht in Theorie und Praxis, Zürich 2011 260f.). Ausserdem widersprechen die in den<br />
Jahresberichten einzelner kantonaler Veterinärdienste aufgeführten Zahlen bezüglich der vorgenommenen Beanstandungen<br />
und der eingereichten Strafanzeigen den der TIR vorliegenden Zahlen teilweise massiv (siehe nachfolgend<br />
zur entsprechenden Problematik <strong>im</strong> Kanton Genf Seite 15).<br />
8 <strong>Tier</strong>schutzgesetz vom 16.12.2005 (TSchG; SR 455).<br />
9 Zu den <strong>Tier</strong>schutzstrafnormen gehört ausserdem Art. 27 TSchG (Widerhandlungen <strong>im</strong> Verkehr mit <strong>Tier</strong>en und<br />
<strong>Tier</strong>produkten). Diese werden jedoch nicht durch die Kantone, sondern durch <strong>das</strong> BVET untersucht (vgl. Bolliger/Richner/Rütt<strong>im</strong>ann<br />
228). Weil die entsprechenden Fälle nicht publiziert werden, können sie <strong>für</strong> vorliegende<br />
Studie nicht berücksichtigt werden. Obwohl <strong>für</strong> <strong>das</strong> Berichtsjahr noch nicht von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang<br />
darauf hinzuweisen, <strong>das</strong>s mit der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über den Verkehr mit <strong>Tier</strong>en und<br />
Pflanzen geschützter Arten (BGCITES; SR 453) am 1.10.2013 Art. 27 Abs. 1 TSchG aufgehoben wurde. Verstösse<br />
gegen <strong>das</strong> Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Übereinkommen über den internationalen Handel<br />
mit gefährdeten Arten frei lebender <strong>Tier</strong>e und Pflanzen vom 3.3.1973 [SR 0.453]) sind seither nicht mehr vom<br />
Anwendungsbereich des <strong>Tier</strong>schutzgesetzes erfasst. <strong>Tier</strong>schutzgesetzlich relevant ist somit lediglich noch die von<br />
Art. 27 Abs. 2 TSchG erfasste Missachtung von Art. 14 TSchG, die etwa Verstösse gegen <strong>das</strong> Verbot der Einfuhr<br />
von an Ohren oder Rute kupierten Hunden oder von Hunde- und Katzenfellen beinhaltet.<br />
Richner / Flückiger / Rütt<strong>im</strong>ann / Künzli – <strong>Schweizer</strong> <strong><strong>Tier</strong>schutzstrafpraxis</strong> <strong>2012</strong>