Schweizer Tierschutzstrafpraxis 2012 - Stiftung für das Tier im Recht
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4. Zusammenarbeit zwischen Straf- und Verwaltungsbehörden<br />
Für die bestmögliche Schutzwirkung des <strong>Tier</strong>schutzrechts müssen sämtliche zur Verfügung stehenden<br />
Massnahmen zur Behebung rechtswidriger Zustände und zur Ahndung verbotener Verhaltensweisen<br />
ausgeschöpft werden. Bei einem <strong>Tier</strong>schutzverstoss ist – entgegen der Praxis verschiedener<br />
Kantone – neben den gebotenen verwaltungsrechtlichen Massnahmen zum Schutz<br />
der betroffenen <strong>Tier</strong>e in jedem Fall auch ein strafprozessuales Verfahren gegen den Delinquenten<br />
einzuleiten. Festgestellte <strong>Tier</strong>schutzdelikte sind von den Veterinärbehörden von Gesetzes wegen<br />
zwingend bei den zuständigen Strafuntersuchungsbehörden anzuzeigen (vgl. Art. 24 Abs. 3<br />
TSchG, der sich seit dem 1. Januar 2013 auch auf fahrlässige Delikte bezieht). Die enge Zusammenarbeit<br />
zwischen den Veterinärdiensten, den Strafbehörden und den <strong>Tier</strong>schutzorganisationen<br />
(wie bspw. <strong>im</strong> Kanton Bern mit dem Dachverband Berner <strong>Tier</strong>schutzorganisationen) ist <strong>für</strong> einen<br />
funktionierenden Gesetzesvollzug unerlässlich.<br />
5. Konsequente Anwendung der TSchG-Tatbestände und angemessene Strafen<br />
Die TIR hat dieses Jahr die ausgesprochenen Strafen <strong>im</strong> Hinblick auf ihre Höhe untersucht und<br />
verglichen. Dabei wurde festgestellt, <strong>das</strong>s selbst schwere <strong>Tier</strong>schutzdelikte oftmals nur mit geringfügigen<br />
Strafen geahndet werden. I.S. der <strong>Recht</strong>sgleichheit und -sicherheit haben die Strafverfolgungs-<br />
und <strong>Recht</strong>sprechungsbehörden <strong>das</strong> <strong>Tier</strong>schutzstrafrecht nicht nur strikter, sondern<br />
auch klarer und einheitlicher als bislang anzuwenden. Abgrenzungen zwischen den verschiedenen<br />
tierschutzstrafrechtlichen Tatbeständen müssen korrekt vorgenommen werden. Im Zweifelsfall<br />
sind Sachverhalte als <strong>Tier</strong>quälereien (und nicht bloss als Übertretungen) zu qualifizieren, was<br />
nicht nur Auswirkungen auf den Strafrahmen, sondern auch auf die Verjährungsfristen und einen<br />
allfälligen Strafregistereintrag hat. Damit der von einer Strafe erhoffte Effekt eintritt und sich eine<br />
abschreckende Wirkung auf Täter und Gesellschaft entfaltet, muss zudem der zur Verfügung stehende<br />
Strafrahmen besser ausgeschöpft werden.<br />
6. Verantwortungsbewusstes Anzeigeverhalten der Bevölkerung<br />
Die Verantwortung <strong>für</strong> die Verbesserung des mangelhaften Vollzugs <strong>im</strong> strafrechtlichen <strong>Tier</strong>schutz<br />
liegt nicht nur bei den staatlichen Organen, sondern bei der gesamten Gesellschaft. Viele <strong>Tier</strong>schutzdelikte<br />
ereignen sich <strong>im</strong> Verborgenen. Von den zuständigen Behörden können sie erst bei<br />
entsprechender Kenntnis untersucht werden. Gleich wie bei gegen Menschen (etwa <strong>im</strong> häuslichen<br />
Bereich) verübter Gewalt kommt Strafanzeigen und Hinweisen aus der Bevölkerung <strong>für</strong> die<br />
Verfolgung von <strong>Tier</strong>quälereien daher entscheidende Bedeutung zu. Wie <strong>im</strong> Rahmen der vorliegenden<br />
Analyse gezeigt wurde, werden gerade Katzen häufig Opfer von besonders schweren <strong>Tier</strong>schutzverstössen.<br />
Trotzdem werden verglichen etwa mit der Zahl der Hundefälle nur sehr wenige<br />
Strafverfahren pro Jahr durchgeführt, in denen es um an Katzen begangene <strong>Tier</strong>schutzwidrigkeiten<br />
geht. Privatpersonen obliegt zwar keine <strong>Recht</strong>spflicht zur Anzeige eines beobachteten oder<br />
vermuteten <strong>Tier</strong>schutzdelikts, aus ethischer Sicht ist ein Tätigwerden aber dringend geboten. Um<br />
Täter auch strafrechtlich zur Verantwortung ziehen zu können, ist <strong>das</strong> schnelle Einreichen einer<br />
Richner / Flückiger / Rütt<strong>im</strong>ann / Künzli – <strong>Schweizer</strong> <strong><strong>Tier</strong>schutzstrafpraxis</strong> <strong>2012</strong>