Akt 2 - Anduin
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Hörnerschall<br />
Art Taschenbuch<br />
Reihe Die bizarre Bibliothek<br />
Autor Sarban<br />
Verlag Festa Verlag<br />
ISBN 3935822502<br />
Preis 13,95 Euro<br />
êêêê<br />
„Die bizarre Bibliothek“<br />
ist eine Reihe<br />
des Festa Verlages, die<br />
sich der Herausgabe<br />
von ungewöhnlicher<br />
Literatur verschrieben<br />
hat. Im vorliegenden<br />
zweiten Band der Reihe<br />
von Sarban liefert sie<br />
den nächsten Beweis<br />
dafür ab.<br />
Ein unbekannter Autor veröffentlichte 1952<br />
einen Roman, der mit gemäßigter Distanz ein<br />
damals noch hochaktuelles Thema behandelte:<br />
Was wäre, wenn die Nationalsozialisten unter<br />
Adolf Hitler den Krieg gewonnen hätten?<br />
Hinter dem Pseudonym „Sarban“ verbarg sich<br />
der britische Autor John William Wall. Er ging<br />
einer diplomatischen Tätigkeit nach und bereiste<br />
im Auftrag seiner Regierung verschiedene<br />
Länder u.a. Ägypten, Persien und Marokko.<br />
Um nicht in Konflikt mit der ihm auferlegten<br />
Zurückhaltung des Diplomatischen Korps zu<br />
kommen, verwendete er ein Pseudonym, um<br />
sein Werk zu veröffentlichen.<br />
„Hörnerschall“ schildert eine Parallelwelt-<br />
Geschichte: Ein Kriegsgefangener flieht vor den<br />
Nazis und gerät dabei in eine andere Welt, in<br />
der Hitler-Deutschland den Krieg gewonnen<br />
und ein Weltreich gegründet hat. Diese<br />
Tatsache wird nicht explizit geschildert, sondern<br />
erliest sich aus dem Kontext, quasi zwischen<br />
den Zeilen. Der Held der Geschichte wird in<br />
einer Art Privatkrankenhaus gesund gepflegt,<br />
was ihm sehr merkwürdig vorkommt. Die<br />
Pflegestation befindet sich auf den Ländereien<br />
des Reichsforstmeisters von Hackelnberg, der<br />
mit seinen Gästen einer makabren Sportart<br />
frönt: der Menschenjagd.<br />
Der Gefangene wird Zeuge einer solchen<br />
Treibjagd und lernt, nun ebenfalls als Jagdgut<br />
ausgesetzt, die Mitgefangene Y kennen und<br />
lieben. Gemeinsam versuchen sie der Meute des<br />
Grafen von Hackelnberg zu entkommen und<br />
einen Weg in die Freiheit jenseits des Zaunes,<br />
der die Ländereien umgibt, zu finden.<br />
Sarbans Sprache ist angenehm zurückhaltend,<br />
wenn er das Grauen beschreibt, das den<br />
Protagonisten befällt. Die Schilderung der<br />
Die Bücherecke<br />
Eindrücke ist detailliert, hier versteht sich der<br />
Autor als Chronist einer möglichen Parallelwelt.<br />
Fazit:<br />
Das Buch ist weit davon entfernt ein Produkt<br />
des Mainstreams zu sein und hebt sich dadurch<br />
literarisch angenehm vom Einheitsbrei ab.<br />
Mittelpunkt der Handlung bleiben stets die<br />
Charaktere, die Sarban frei von Gefühlsseligkeit<br />
und distanziert schildert. Eine unbekannt<br />
gebliebene Perle der Science-Fiction, weniger<br />
der unheimlichen Phantastik.<br />
[markus k. korb - www.x-zine.de]<br />
Die<br />
Haarteppichknüpfer<br />
Art Taschenbuch<br />
Autor Andreas Eschbach<br />
Verlag Heyne<br />
ISBN 3453133188<br />
Preis 6,95 Euro<br />
êêêêê<br />
Ostvan übt den<br />
hochgeachteten Beruf<br />
des Haarteppichknüpfers<br />
aus und knüpft aus den<br />
Haaren seiner Ehefrauen<br />
und Töchter einen<br />
Teppich für den Palast des<br />
Kaisers. Wohlgemerkt<br />
einen einzigen Teppich,<br />
denn es ist die Arbeit<br />
eines ganzen Lebens,<br />
einen solchen Teppich<br />
herzustellen. Ostvans Sohn Abron soll sein<br />
Nachfolger werden, wie es Brauch ist in den<br />
Familien der Knüpfer. Während Töchter immer<br />
willkommen sind (immerhin liefern ihre Haare<br />
den Grundstoff für den Teppich), darf es in<br />
jeder Familie nur einen einzigen Sohn geben.<br />
Alle männlichen Neugeborenen werden bei<br />
der Geburt getötet. Doch Abron möchte die<br />
Familientradition nicht fortsetzen, denn er hat<br />
seltsame Gerüchte in der Stadt gehört: angeblich<br />
habe es eine Rebellion gegeben und der Kaiser<br />
habe abdanken müssen. Wenn es keinen Kaiser<br />
mehr gibt benötigt man auch keine weiteren<br />
Teppiche mehr. Ostvan will eine solche Ketzerei<br />
gegen den geheiligten Herrscher nicht dulden<br />
und erschlägt seinen Sohn. Als Nachfolger nimmt<br />
er den Sohn an, welcher ihm in der selben Nacht<br />
von einer seiner Frauen geboren wird...<br />
Nillan ist ein Forschungsreisender, welcher<br />
im Auftrag der neuen Revolutionsregierung<br />
einen Bereich der Galaxis untersucht, welcher<br />
Rubriken Lesen & Spielen Abenteuer Prosa, Lyrik & Comics Rezensionen<br />
www.anduin.de - © 2003 Tommy Heinig<br />
einstmals zum Kaiserreich gehörte. Seit<br />
Jahrtausenden wurde aber die Kenntnis über<br />
diese Region systematisch aus den Annalen<br />
des Kaiserreiches gelöscht, Sternenkarten<br />
manipuliert und alles getan, um diesen Bereich<br />
der Galaxis aus dem Wissen der Menschheit<br />
zu löschen. Bei einem etwas außerhalb der<br />
Legalität durchgeführtem Landeversuch auf<br />
einem bewohnten Planeten in dieser Zone<br />
findet Nillan eine Kultur, welche alleine auf<br />
die Herstellung von Haarteppichen für den<br />
Kaiserpalast ausgerichtet ist. Im Kaiserpalast<br />
des galaktischen Reiches gibt es aber nicht einen<br />
dieser Teppiche. Was geht hier vor?<br />
Diese Männer sind nur 2 von vielen<br />
Menschen, deren weiteres Schicksal Eschbach<br />
in seinem grandiosen Roman schildert. Ich<br />
würde ja fast sagen, dass er die Lebensfäden<br />
verschiedenster Protagonisten wie ein Teppich-<br />
Weber miteinander verknüpft, aber das wäre<br />
dann doch zu klischeehaft ausgedrückt. Falsch<br />
wird es dadurch allerdings nicht, und er mag<br />
bei der Strukturierung des Buches durchaus an<br />
einen Teppich gedacht haben. Es gibt in diesem<br />
Roman keine Hauptpersonen im eigentlichen<br />
Sinne. Wenn auch einzelne Individuen des<br />
öfteren erscheinen, werden sie allenfalls für<br />
ein Kapitel herausgehoben aus der Masse<br />
des Volkes. Leider werden dabei einige der<br />
interessanteren Charaktere auch wieder aus<br />
den Augen verloren.<br />
Welches Schicksal Nillan ereilt hätte ich schon<br />
gerne erfahren. Dabei gelingt es Eschbach<br />
durchaus, die Motivationen der geschilderten<br />
Menschen begreifbar und verständlich werden<br />
zu lassen. Dies wird besonders dann interessant,<br />
wenn die Protagonisten der verschiedenen<br />
Kapitel sich begegnen. Ob sie sich dabei helfen<br />
oder gegeneinander arbeiten ist schon fast<br />
egal, denn sie haben für jede ihrer Handlungen<br />
einen guten Grund und eine nachvollziehbare<br />
Motivation. Auch die Gesellschaftsordnung der<br />
Haarteppich-Knüpfer wird glaubhaft entwickelt,<br />
was den zum Schluss des Buches aufgedeckten<br />
Existenzgrund für all diese Haarteppiche noch<br />
verstörender wirken lässt. Offensichtlich hat<br />
die uneingeschränkte Machtfülle der Kaiser<br />
dazu geführt, dass sich einige dieser heiligen<br />
Herrscher dem Wahnsinn hingegeben haben.<br />
Fazit:<br />
Dieser Roman spielt im selben Universum wie<br />
das Buch „Quest“, hat mir aber deutlich besser<br />
gefallen. In diesem Roman hat Eschbach sein<br />
Talent erneut unter Beweis gestellt und sich den<br />
Preis für den besten deutschen SF-Roman des<br />
Jahres 1995 wirklich verdient.<br />
[stefan ohlerich - www.x-zine.de]<br />
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