2. Begriffsdefinition Autorin: Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie
2.1. Was ist Bildung Bildung ganz allgemein wird in der Literatur als das integrierte, ganzheitliche Wissen einer Person beschrieben [Gonschorrek, 2003, S. 273]. Bildung wird erlangt durch Lernen (siehe Kap 3.6.2.). Sie ist ein Prozess der Entwicklung von Individualität und Persönlichkeit [Müller 2009, S. 74]. Der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt und entwickelt seine kritische Urteilsfähigkeit, indem er sich mit der umgebenden sozialen und natürlichen Umwelt reflexiv auseinandersetzt: „Bildung ist ein reflexives Gut. Es wird nicht hergestellt, wie ein Werkstück, sondern dadurch, dass ein Lernender in der praktischen und theoretischen Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen das eigene Weltverständnis verändert und die individuelle Handlungsfähigkeit erweitert.“ [Gessler, 2009, S. 227, dort zitiert Holzkamp 1993, S.237] Salzgeber formuliert Bildung als „Prozess, der Menschen dazu befähigt, auf bestehende und zukünftige Frage- und Problemstellungen Antworten zu finden, ihr Leben selbstbestimmt und selbstverantwortlich zu gestalten und aktiv an der Gesellschaft und deren Gestaltung teilzunehmen.“ [Gütl, 2006, Kapitel „Evaluation“ Salzgeber, S. 449] Bildung besitzt zudem folgende Besonderheit [Gessler, 2009, S.227]: Der Teilnehmer wirkt als Lernender aktiv im Produktionsprozess einer Bildungsmaßnahme mit. Die Vermittlung der Inhalte erlebt jeder Teilnehmer individuell, er kann sie beeinflussen und ist für den Erfolg selbst verantwortlich beziehungsweise muss aktiv daran mitarbeiten. Das heißt, Lernerfolg funktioniert nicht ohne den Lernenden. Er ist immer abhängig von der Bedeutsamkeit und Relevanz der Inhalte für den Lernenden [Faulstich, 1999, S. 25] und dessen Motivation. Im Unternehmen wird Bildung heute als entscheidender Beitrag zur Wertschöpfung gesehen und soll damit im wirtschaftlichen Kontext nutzbar gemacht werden. In der betrieblichen Bildung beziehungsweise der betrieblichen Weiterbildung stehen Fähigkeiten und Kenntnisse im Fokus, die zur Erbringung der Arbeitsleistung direkt beitragen. Nach der Erstausbildung benötigt jeder Mitarbeiter regelmäßige Weiterbildung, um seinen Wissensstand zu halten, auf den neuesten Stand der Technik und Forschung zu bringen oder neue Erkenntnisse hinzufügen. Inhalte der beruflichen Weiterbildung sind entweder fachlicher Natur und betreffen konkrete Kenntnisse, Fertigkeiten oder Fähigkeiten. Oder es handelt sich um so genannte weiche Themen aus den Bereichen Soft Skills und Kompetenzen, die eher übergreifend auf die gesamte Persönlichkeit und ihr Verhalten im Arbeitsumfeld gerichtet sind. Mehr Bildung soll den Mitarbeiter immer bei der praktischen Arbeit unterstützen. Das Unternehmen sichert damit seinen Fortbestand, Investition in betriebliche Weiterbildung ist eine Investition ins Humankapital. Damit besteht häufig ein grundlegender Interessengegensatz der betriebswirtschaftlichen Perspektive zur rein pädagogischen Sicht und den Bedürfnissen des Einzelnen. Wissensvermittlung an Erwachsene ist eine eigene pädagogische Richtung – Andragogik. Das Lehren und Lernen in der Erwachsenenbildung ist mit besonderen Anforderungen und Aufgabenstellungen verbunden. Faulstich beschreibt es wie folgt: „Es geht nicht um Erziehung, sondern um die gemeinsame Auseinandersetzung mit Lernaufgaben.“ Das Lernen Erwachsener steht immer in engem Zusammenhang mit der Biografie des Lernenden und dem jeweiligen Kontext [Faulstich, 1999, S. 19, 31]. Die Betriebliche Didaktik nutzt bei der Vermittlung von Lehrinhalten an Erwachsene deshalb zum Beispiel Erkenntnisse der Lernpsychologie, Sozialpsychologie, Soziologie und Ökonomie [Gonschorrek, 2003, S. 171]. Zu beachten 19 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- und Talentmanagement 2012