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(JSE) 2013 - Zeitschrift Jura Studium & Examen

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AUSGABE 2 | <strong>2013</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Totschlag durch Unterlassen<br />

BGH, Urteil vom 21.12.2011 – 2 StR 295/11<br />

(LG Trier); NStZ 2012, 319 = BeckRS 2012,<br />

05508<br />

1. Begründet ein Garant durch die Eröffnung<br />

einer Gefahrenquelle die Möglichkeit,<br />

dass hierdurch Rechtsgüter anderer<br />

Personen verletzt werden können, so<br />

macht er sich strafbar, wenn er die aus<br />

der Gefahrenquelle resultierende Gefahr<br />

nicht abwendet und dadurch Personen<br />

zu Schaden kommen. (Leitsatz der Bearbeiter)<br />

2. Fehlt es an einer ernst gemeinten und<br />

freiverantwortlichen Entscheidung des<br />

Opfers sich zu töten, dann ist das Nichtverhindern<br />

des Todes durch einen Garanten<br />

als Totschlag durch Unterlassen zu<br />

beurteilen. (Leitsatz der Bearbeiter)<br />

Sachverhalt (vereinfacht und gekürzt):<br />

Nach einem Streit mit seiner Verlobten verbrachte<br />

A einige Zeit bei seiner früheren<br />

Freundin O in deren Studenten-WG. Die damalige<br />

Beziehung der beiden war seitens A<br />

durch sexuelle Machtspiele, dominant-aggressives<br />

Verhalten sowie emotionale Erpressung<br />

und seitens O durch Hörigkeit und Liebe<br />

geprägt.<br />

A brachte eine Flasche „Cleanmagic“ mit, ein<br />

freiverkäufliches Reinigungsmittel, das A<br />

aufgrund eingehender vorangegangener Internetrecherche<br />

in genau dosierten Mengen<br />

als Drogenersatz verwendete. O, die um die<br />

Gefährlichkeit des Mittels wusste, aber nicht<br />

im selben Maß wie A hierüber informiert<br />

war, lehnte den ihr angebotenen Konsum jedoch<br />

ab.<br />

Die Flasche stellte A daraufhin frei zugänglich<br />

auf den Wohnzimmertisch.<br />

Als O nach einigen Tagen erfuhr, dass A weiterhin<br />

an seiner Beziehung zu seiner Verlobten<br />

festhält, war sie von A, der Liebe ihres Lebens,<br />

tief enttäuscht. Deshalb nahm sie aus<br />

einem spontanen Entschluss heraus die Flasche<br />

Reinigungsmittel und schüttete – ohne<br />

zuvor Suizidgedanken geäußert zu haben –<br />

30 ml in ein Glas, das sie mit einem Getränk<br />

auffüllte und schließlich etwa zur Hälfte austrank,<br />

so dass sie etwa 15 bis 25 ml des Reinigungsmittels<br />

zu sich nahm.<br />

Bereits 6 bis 7 ml bewirken bei einer Person<br />

von Statur der O Bewusstlosigkeit, Verflachung<br />

der Atmung und Atemstillstand.<br />

A hatte dies bemerkt und wusste aufgrund<br />

der aufgenommenen Dosis und der schnellen<br />

Resorptionszeit um die Lebensgefährlichkeit,<br />

weshalb er O dazu aufforderte sich zu übergeben,<br />

was O jedoch erst fünf Minuten nach<br />

der Aufnahme tat. O wurde daraufhin bewusstlos.<br />

A suchte nun im Internet nach Informationen<br />

über geeignete Gegenmaßnahmen.<br />

Einen Notarzt rief er dagegen nicht, vielmehr<br />

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