(JSE) 2013 - Zeitschrift Jura Studium & Examen
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AUSGABE 2 | <strong>2013</strong><br />
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auf die Mittel, die den unterstützten Polizeien<br />
zur Verfügung stehen […]“, beschränkt. Sowohl<br />
Art. 35 Abs. 2, Abs. 3 als auch Art. 87a<br />
Abs. 4 Satz 1 sprechen von „Unterstützung“.<br />
„Die Identität der Formulierungen deutet<br />
trotz der unterschiedlichen Zusammenhänge,<br />
in denen sie verwendet werden, darauf hin,<br />
dass ihnen keine unterschiedliche Bedeutung<br />
zukommen sollte, zumal die Bestimmungen<br />
im Gesetzgebungsverfahren durch Aufspaltung<br />
einer ursprünglich einheitlichen Regelung<br />
entstanden sind und daher nicht davon<br />
auszugehen ist, dass dem Gesetzgeber die<br />
Übereinstimmung des Wortlauts nicht vor<br />
Augen stand.“<br />
ii. Schließlich stärkte das Plenum seine Argumentation,<br />
indem es betont, dass Art. 35<br />
Abs. 2, 3 eine wirksame Gefahrenabwehr ermöglichen<br />
soll, was sich auch im Wortlaut<br />
„wirksame Bekämpfung“ niederschlage. Daher<br />
müssen auch die Mittel eingesetzt werden,<br />
damit möglichst effektiv die Gefahr bekämpft<br />
wird.<br />
iii. Auch die Entstehungsgeschichte stehe<br />
dem Einsatz militärischer Mittel nicht entgegen:<br />
Zwar hatte der verfassungsändernde Gesetzgeber<br />
nicht „ein[en] Einsatzfall wie de[n]<br />
in § 13 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 1 LuftSiG geregelte[n]<br />
[…] als typische[n] Anwendungsfall<br />
der Verfassungsbestimmung zum Katastrophennotstand<br />
[…], sondern vor allem die Erfahrung<br />
der norddeutschen Flutkatastrophe<br />
des Jahres 1962 vor Augen […]“. Dies schließe<br />
gleichwohl aber nicht aus, „Art. 35 Abs. 2 und<br />
3 GG auch auf andersartige von Wortlaut und<br />
Systematik der Vorschrift erfasste Bedrohungslagen<br />
anzuwenden, und zwing[e] nicht<br />
zu einer angesichts heutiger Bedrohungslagen<br />
nicht mehr zweckgerechten Auslegung<br />
des Art. 35 Abs. 2 und 3 GG.“<br />
b) Nachdem also Art. 35 Abs. 2 und Abs. 3<br />
auch den Einsatz spezifisch militärischer<br />
Kampfmittel nicht grundsätzlich ausschließe,<br />
legt das Plenum die engen Voraussetzungen<br />
dar, unter denen ein Einsatz der Streitkräfte<br />
als solcher wie auch der Einsatz spezifischer<br />
militärischer Gewalt zulässig sei. Namentlich<br />
seien zwei Hürden zu überwinden:<br />
Zum einen müsse ein „besonders schwerer<br />
Unglückfall“ i. S. d. Art. 35 Abs. 2 Satz 2,<br />
Abs. 3 GG vorliegen (i.), zum anderen sei der<br />
Einsatz der Streitkräfte wie der Einsatz spezifisch<br />
militärischer Abwehrmittel nur als „ultima<br />
ratio“ zulässig (ii.).<br />
i. Zunächst sei das Merkmal des „besonders<br />
schweren Unglücksfalls“ in Art. 35 Abs. 2<br />
Satz 2 GG sehr restriktiv zu interpretieren:<br />
„nur Ereignisse von katastrophischer Dimension<br />
[seien erfasst]; es genügt nicht bereits<br />
jede Gefahrensituation, die ein Land mittels<br />
seiner Polizei nicht zu beherrschen imstande<br />
ist […]. Besonders schwere Unglücksfälle sind<br />
vielmehr ungewöhnliche Ausnahmesituationen.<br />
Eine Betrauung der Streitkräfte mit Aufgaben<br />
der Gefahrenabwehr, die über die Bewältigung<br />
solcher Sondersituationen hinausgehen,<br />
kann daher nicht auf Art. 35 Abs. 2<br />
Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 GG gestützt werden.“<br />
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