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(JSE) 2013 - Zeitschrift Jura Studium & Examen

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AUSGABE 2 | <strong>2013</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Provokation war, 41 andererseits seien sie<br />

umso geringer, je schwerer das von dem Angriff<br />

drohende Übel sei. 42 Gravierende Beeinträchtigungen<br />

eigener Rechtsgüter müssten<br />

vom Angegriffenen nicht hingenommen werden.<br />

43 Stellt man dies hier in Rechnung (die<br />

Hänseleien und die Beleidigung auf der<br />

einen, der Angriff mit dem Bierkrug auf der<br />

anderen Seite), erscheint eine (gedachte)<br />

Verteidigung Ts mit geringem Schädigungspotential<br />

als zulässig, zumal für ein Ausweichen<br />

oder eine rein defensive Verteidigung<br />

keine Zeit vorhanden war. Werden diese Einschränkungen<br />

auf H übertragen, war der Tritt<br />

in den Bauch eine zulässige Verteidigungshandlung.<br />

Demnach wäre die Grenze der Gebotenheit<br />

gewahrt.<br />

(d) Schlussendlich wird vertreten, Folge des<br />

absichtlich provozierten Angriffs sei, dass<br />

sich der Angegriffene bei seiner Verteidigung<br />

nicht auf das Notwehrrecht berufen kann. 44<br />

Die Begründung dieses Ergebnisses variiert:<br />

Es wird angeführt, der Angegriffene handele<br />

rechtsmissbräuchlich und in Wahrheit sei er<br />

der Angreifer. 45 Ein Verteidigungswille fehle<br />

ihm. Als „Repräsentant und Bewahrer der<br />

Rechtsordnung“ habe er sich disqualifiziert,<br />

sei in Bezug auf den provozierten Angriff<br />

41 Vgl. Günther, in: SK/StGB, Bd. 1, 31. Lfg., § 32<br />

Rdnr. 127.<br />

42 Kühl, AT, 7. Aufl., § 7 Rdnr. 260.<br />

43 Kindhäuser, AT, 5. Aufl., § 16 Rdnr. 53.<br />

44 Heinrich, AT, 3. Aufl., Rdnr. 375; Roxin, AT I,<br />

4. Aufl., § 15 Rdnr. 65 m. w. N.; Duttge, in: HK-GS,<br />

2. Aufl., § 32 Rdnr. 31; Wessels/Beulke, AT, 42. Aufl.,<br />

Rdnr. 347.<br />

45 Wessels/Beulke, AT, 42. Aufl., Rdnr. 347; Heinrich,<br />

AT, 3. Aufl., Rdnr. 375.<br />

nicht im Geringsten schutzwürdig. 46 Auch<br />

wird geltend gemacht, der Angegriffene habe<br />

den Angriff des Provozierten in seinen Gesamtplan<br />

eingerechnet, daher liege in seinem<br />

Verhalten ein der Einwilligung sowie der bewussten<br />

Risikoübernahme vergleichbarer<br />

Verzicht auf Rechtsgüterschutz. 47 Danach<br />

stünde T das Notwehrrecht nicht zu. Identisches<br />

hat für Nothelfer H zu gelten. 48 Eine<br />

Rechtfertigung nach § 32 StGB entfällt danach;<br />

Hs Handeln wäre rechtswidrig.<br />

(e) Nach den drei erstgenannten Meinungen<br />

war Hs Handlung geboten, nach der letztgenannten<br />

hingegen nicht. Fraglich ist, welcher<br />

dieser Ansichten zu folgen ist.<br />

Die Rechtsfigur der actio illicita in causa<br />

sieht sich (u. a. 49 ) dem Einwand ausgesetzt,<br />

dass nicht erklärbar ist, wie eine in der Provokation<br />

liegende Beleidigung als Körperverletzung<br />

bestraft werden kann. 50 Bei einer erfolglos<br />

gebliebenen Provokation müsste konsequenterweise<br />

Versuch angenommen werden,<br />

was nicht angehen kann. 51 Dieser Lösungsweg<br />

ist zu verwerfen.<br />

46 Duttge, in: HK-GS, 2. Aufl., § 32 Rdnr. 31 m. w. N.<br />

47 Maurach/Zipf, AT, Teilbd. 1, 8. Aufl., § 26 Rdnr. 43.<br />

48 Anders Kasiske, JURA 2004, 832 (838), der Einschränkungen<br />

des Nothilferechts für nicht begründbar<br />

hält, da der Nothelfer selbst nicht vorwerfbar<br />

provoziert hat.<br />

49 Ausführliche Kritik bei Stuckenberg, JA 2001, 894<br />

(901 ff.).<br />

50 Vgl. Kühl, AT, 7. Aufl., § 7 Rdnr. 243 m. w. N.; ferner<br />

Heinrich, AT, 3. Aufl., Rdnr. 377.<br />

51 Heinrich, AT, 3. Aufl., Rdnr. 377.<br />

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