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(JSE) 2013 - Zeitschrift Jura Studium & Examen

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AUSGABE 2 | <strong>2013</strong><br />

___________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

(Art. 35 II lit. b EMRK: „res iudicata“). Es gibt<br />

gewissermaßen eine Art Rechtskraft der Entscheidungen<br />

des EGMR. Etwas anderes gilt<br />

dann, wenn wesentliche neue Tatsachen vorgetragen<br />

werden. 30 In der Praxis wichtige Unzulässigkeitsgründe<br />

enthält Art. 35 III. Nach<br />

lit. a 1. Alt. ist eine Beschwerde unzulässig,<br />

wenn sie mit der Konvention oder ihren Zusatzprotokollen<br />

unvereinbar („incompatible“)<br />

ist, etwa wenn der Beschwerdeführer nicht<br />

betroffen ist (ratione personae), 31 wenn die<br />

fragliche Maßnahme nicht in den räumlichen<br />

Anwendungsbereich der Konvention<br />

gemäß Art. 1 EMRK fällt (ratione loci) 32 oder<br />

vor dem Beitritt zur EMRK stattgefunden hat<br />

(ratione temporis) 33 oder wenn die Konventi-<br />

30 Davon zu unterscheiden ist der Antrag auf Wiederaufnahme<br />

eines abgeschlossenen Verfahrens gemäß<br />

Rule 80 der Verfahrensordnung. Zum Ganzen s.<br />

Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention,<br />

5. Aufl., § 13 Rdnrn. 57 ff.<br />

31 Die Beschwerde ist auch dann ratione personae unzulässig,<br />

wenn der Rechtsakt dem Konventionsstaat<br />

nicht zugerechnet werden kann. In diesem Zusammenhang<br />

stellt sich das Problem des richtigen Beschwerdegegners<br />

bei Handlungen internationaler<br />

Organisationen, deren Mitglieder gleichzeitig Vertragsstaaten<br />

der EMRK sind, vgl. dazu Grabenwarter/Pabel,<br />

Europäische Menschenrechtskonvention,<br />

5. Aufl., § 17 Rdnr. 8.<br />

32 S. etwa zur Bombardierung eines Fernsehsenders in<br />

Belgrad im Rahmen des NATO-Einsatzes im Kosovo-Krieg<br />

EGMR (Große Kammer) v. 12.12.2001 –<br />

52207/99 (Banković u. a. gegen Belgien u. a.),<br />

Tz. 67-82; im Übrigen kann ein Konventionsstaat<br />

für Menschenrechtsverletzungen eines anderen<br />

Staates mittelbar verantwortlich gemacht werden.<br />

Der Klassiker ist EGMR v. 07.07.1989 – 14038/88<br />

(Soering gegen Großbritannien), Tz. 85-91 und 111:<br />

Verletzung von Art. 3 EMRK bei Auslieferung in die<br />

USA, weil dort ein Todesurteil drohte.<br />

33 S. dazu Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention,<br />

5. Aufl., § 17 Rdnrn. 18 ff.<br />

on das vom Beschwerdeführer geltend gemachte<br />

Recht offensichtlich nicht kennt (ratione<br />

materiae). Der letzte Fall ist ein Beispiel<br />

für die offensichtliche Unbegründetheit der<br />

Beschwerde (2. Alt. von lit. a). In der Praxis<br />

kommt die Zurückweisung einer Beschwerde<br />

als offensichtlich unbegründet („manifestly<br />

illfounded“) nach Art. 35 III lit. a EMRK sehr<br />

häufig vor. Faktisch verbirgt sich dahinter<br />

eine Art Annahmeentscheidung: Der Gerichtshof<br />

soll wegen seiner notorischen<br />

Überlastung nicht über Gebühr mit aussichtslosen<br />

Beschwerden belastet werden. 34<br />

Freilich überzeugt die Handhabung dieses<br />

Zurückweisungsgrundes nicht immer, 35 und<br />

für den Beschwerdeführer kann das Fehlen<br />

jeglicher inhaltlicher Auseinandersetzung<br />

sehr ärgerlich sein. Weiter kann der Gerichtshof<br />

nach dem alten Grundsatz „de minimis<br />

non curat praetor“ Beschwerden wegen der<br />

Geringfügigkeit des Nachteils zurückweisen,<br />

aber nur falls die Achtung der Menschenrechte<br />

keine Sachprüfung gebietet. 36 Ein letzter<br />

Unzulässigkeitsgrund ist der Rechtsmissbrauch.<br />

37<br />

34 Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention,<br />

5. Aufl., § 13 Rdnr. 50.<br />

35 Im Hinblick auf die schwierigen, das Konfrontationsrecht<br />

nach Art. 6 III lit. d EMRK betreffenden<br />

Probleme hat es sich der EGMR etwa in der Beschwerdesache<br />

Monika Haas zu einfach gemacht. S.<br />

EGMR v. 17.11.2005 – 73047/01 (Haas gegen Deutschland)<br />

= NStZ 2007, 103 ff. m. Anm. Esser und Bespr.<br />

Gaede, JR 2006, 292 ff.; ferner Gless, StV 2010,<br />

400 ff.<br />

36 S. dazu Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention,<br />

5. Aufl., § 13 Rdnrn. 53 ff.<br />

37 So EGMR v. 19.01.2010 – 22051/07 (Bock gegen<br />

Deutschland) im Fall eines Beamten, der einen Beihilfeanspruch<br />

über 7,99 Euro bis nach Straßburg<br />

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