(JSE) 2013 - Zeitschrift Jura Studium & Examen
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AUSGABE 2 | <strong>2013</strong><br />
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verletzung erfolgt, indessen nicht über den<br />
Verdacht einer Trunkenheitsfahrt.“<br />
„Dies kann für die Frage nach der formellen<br />
Rechtmäßigkeit des Handelns von Polizeibeamten,<br />
vorliegend vor allem im Hinblick auf<br />
das Einhalten der wesentlichen Förmlichkeiten<br />
einschließlich einer formal ordnungsgemäßen<br />
Belehrung, nicht ohne Folgen bleiben.<br />
Die fehlerhafte, weil bei Vorliegen eines konkreten<br />
Verdachts ausdrücklich auf § 36 Abs. 5<br />
StVO gestützte, Belehrung des Angeklagten<br />
muss demnach zur Rechtswidrigkeit der maßgeblichen<br />
Diensthandlung führen.“<br />
Daraus folgt für den Senat, dass sich A nicht<br />
nach § 113 Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat.<br />
Hinweise:<br />
1. Der Senat kann es sich herausnehmen, seine<br />
Ausführungen auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit<br />
der Diensthandlung i. S. v. § 113<br />
Abs. 3 StGB zu konzentrieren (in einer Prüfungsarbeit<br />
sollten wenigstens ein paar Worte<br />
zum Tatbestand verloren werden). Denn<br />
die Frage der Rechtmäßigkeit ist der Drehund<br />
Angelpunkt der Entscheidung.<br />
a. Bei Überprüfung der (formellen) Rechtmäßigkeit<br />
musste zur „gesetzlichen Eingriffsgrundlage“<br />
und zum Vorliegen einer „ordnungsgemäße[n]<br />
Belehrung“ Stellung bezogen<br />
werden. In einer Prüfung können so<br />
Kenntnisse aus anderen Bereichen als dem<br />
StGB sozusagen über die Hintertür abgeprüft<br />
werden.<br />
b. Der vom Senat nur angedeutete (hier nicht<br />
entscheidungserhebliche) Streit um den<br />
Rechtmäßigkeitsbegriff kann etwa Auswirkungen<br />
zeitigen, sollte sich der Vollstreckende<br />
irren:<br />
Zwar besteht kein Unterschied, wenn sich<br />
der Irrtum auf die rechtlichen Eingriffsvoraussetzungen<br />
bezieht. Dann ist die Vollstreckungshandlung<br />
rechtswidrig (FISCHER, StGB,<br />
60. Aufl. (<strong>2013</strong>), § 113 Rn. 18 m. w. N.). Anders<br />
ist das jedoch bei einem Irrtum in tatsächlicher<br />
Hinsicht: Einzig auf Grundlage der Lehre<br />
vom strafrechtlichen Rechtmäßigkeitsbegriff<br />
ist die Vollstreckungshandlung – unabhängig<br />
von der materiellen Rechtslage –<br />
rechtmäßig, vorausgesetzt der Vollstreckende<br />
konnte nach pflichtgemäßer Würdigung der<br />
tatsächlichen Umstände annehmen, zur betreffenden<br />
Handlung berechtigt sowie verpflichtet<br />
zu sein. Hierbei sind sich die Vertreter<br />
dieser wohl h. M. uneins darüber, ob<br />
schon eine einfach fahrlässige Fehleinschätzung<br />
oder erst grobe Fahrlässigkeit die Handlung<br />
unrechtmäßig macht (s. RENGIER, StrR<br />
BT 2, 13. Aufl. (2012), § 53 Rn. 17 m. w. N.).<br />
Dieses Irrtumsprivileg wird abgelehnt, liege<br />
ihm ein nicht mehr zeitgemäßes Staatsverständnis<br />
zu Grunde, nämlich eine Bevorzugung<br />
staatlicher Organe zu Lasten des Bürgers<br />
(EISELE, StrR BT I, 2. Aufl. (2012),<br />
Rn. 1536 dort auch ausf. Krit.). Nur wenn die<br />
irrtümliche Einschätzung des Sachverhaltes<br />
die Rechtmäßigkeit der konkreten Handlung<br />
nicht ausschließe (z. B. bei Eingriffen aufgrund<br />
von Verdachts- oder Prognosetatbe-<br />
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