(JSE) 2013 - Zeitschrift Jura Studium & Examen
(JSE) 2013 - Zeitschrift Jura Studium & Examen
(JSE) 2013 - Zeitschrift Jura Studium & Examen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
AUSGABE 2 | <strong>2013</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
liche Integrität des Kindes in Wegfall (dazu<br />
SPICKHOFF, FamRZ <strong>2013</strong>, 337 (338, 339): „alles<br />
andere als überzeugend“ (S. 338)).<br />
3. Probleme und vom Gesetzgeber wohl<br />
kaum gewollte Konsequenzen könnte der<br />
Ausschlusstatbestand des § 1631d Abs. 1 S. 2<br />
BGB aufwerfen. Zu dieser Vorschrift heißt es<br />
in der Entwurfsbegründung der Bundesregierung<br />
(BT-Drs. 17/11295, S. 18): „Eltern sind<br />
aber nicht berechtigt, in Ausübung ihrer elterlichen<br />
Sorge in die Beschneidung ihres Sohnes<br />
einzuwilligen, wenn durch die Beschneidung<br />
auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks im<br />
Einzelfall das Kindeswohl gefährdet wird.“<br />
Vergegenwärtigt man sich, dass das LG Köln<br />
in seiner diese Neuerung i. E. auslösenden<br />
Entscheidung der Einwilligung der Eltern<br />
ihre rechtfertigende Wirkung gerade deshalb<br />
versagte, weil es eine Kindeswohlgefährdung<br />
bejahte, ist diese Regelungstechnik jedenfalls<br />
überraschend. Es widerspräche zwar sicherlich<br />
dem gesetzgeberischen Willen, doch erscheint<br />
es vom Wortlaut der Norm gedeckt,<br />
mit einer vergleichbaren Argumentation wie<br />
der des LG eine Kindeswohlgefährdung zu<br />
vertreten und damit den Ausschlusstatbestand<br />
des § 1631d Abs. 1 S. 2 BGB auszulösen<br />
(ebenfalls krit. SPICKHOFF, FamRZ <strong>2013</strong>, 337<br />
(341)). Dann wäre zwar der Sinn des § 1631d<br />
Abs. 1 S. 1 BGB fraglich, doch wäre der Einwilligung<br />
ihre rechtfertigende Wirkung genommen,<br />
die Ansicht, eine Zirkumzision sei<br />
nicht rechtfertigungsfähig, hätte ein Ventil<br />
gefunden, und auf der nächsten Prüfungsebene<br />
stellte sich doch wieder die Frage nach<br />
der Schuld entgegenstehenden Gründen.<br />
4. § 1631d BGB hat das Bundesverfassungsgericht<br />
bereits beschäftigt (Kammerentscheidungen<br />
(1. Senat 2. Kammer), v. 08.02.<strong>2013</strong> – 1<br />
BvR 102/13; (1. Senat 1. Kammer), v. 13.02.<strong>2013</strong><br />
– 1 BvQ 2/13). Weitere Verfahren werden<br />
wahrscheinlich folgen. Auf die erste inhaltliche<br />
Befassung mit der Neuerung kann man<br />
gespannt sein – ebenso darauf, welche Folgen<br />
§ 1631d Abs. 1 S. 2 BGB in der Praxis zeitigen<br />
wird.<br />
(Wissenschaftliche Angestellte und RAe<br />
Dr. Patrick Alf Hinderer /<br />
Guido Philipp Ernst)<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
265