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ERNST LUDWIG KIRCHNER ALS ARCHITEKT - Mathildenhöhe

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Großen Raum nahmen im Hauptstudium neben der Entwurfsarbeit die kunst- und architekturhistorischen<br />

Fächer ein. Nachdem in den ersten Semestern in der Bauformenlehre<br />

die Grundlagen gelegt worden waren, wurde zum einen die Stillehre des Kunstgewerbes<br />

(Schumacher), zum anderen die Geschichte der Baukunst (Gurlitt) vertieft.<br />

Gurlitt las die Geschichte der Baukunst in einem viersemestrigen Zyklus – Antike, Mittelalter,<br />

Renaissance sowie Barockstil und neuere Zeit. »Beim Lehren hatte ich ständig<br />

daran zu denken, dass ich als Architekt vor jungen Architekten zu sprechen hatte. …Will<br />

ein Architekt einen alten Bau seinem Werte nach beurteilen, so muß er sich zunächst<br />

fragen, für wen, für welchen Zweck, mit welchen Werkmitteln er geschaffen sei. Er muss<br />

sich also ein Bild der Lebensverhältnisse, des Glaubens und seiner Betätigung, des Standes<br />

des handwerklichen Könnens geben, um das aus diesen Vorbedingungen entstandene<br />

Werk zu untersuchen, inwieweit der Baukünstler die ihm gestellte Aufgabe gelöst<br />

habe. Er muß sich klar sein, daß diesem nicht ästhetische Gründe Herz und Hand lenkten,<br />

sondern die Frage, wie die Wünsche des Bauherrn von ihm, als dessen Treuhänder<br />

auch in künstlerischer Beziehung, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln und Können<br />

zu erfüllen seien.« 65 Da Gurlitt der Auffassung war, dass keine Fotografie, kein Diapositiv<br />

das darstelle, was er in seinem Vortrag zeigen wollte, zeichnete er ebenso wie Schumacher<br />

und Hartung an die Tafel: »Perspektivische Querschnitte durch einen Bau, um die<br />

Konstruktion darzulegen, Aufblicke auf Gewölbe, Einblicke in diese von verschiedenen<br />

Standpunkten, Hinweise warum diese oder jene Hilfsform entstand und wie sie sich im<br />

Lauf der Zeiten auswirkte usw. Aber auch Darstellungen des Haushalts in den Wohngebäuden<br />

der verschiedenen Zeiten, wie sie sich aus den Gesellschaftsverhältnissen ergaben,<br />

gemessen an den für jeden neuzeitigen Entwurf maßgebenden Fragen. Wie kommt<br />

das Essen warm von der Küche zur Tafel? Wie erfolgt die Bedienung ohne Belästigung<br />

der Hausherrschaft? Wie waren die gesellschaftlichen Formen und was geschah, um<br />

diese festlich abspielen zu lassen?«. 66 Parallel dazu führte Gurlitt die Baugeschichtlichen<br />

Übungen ein, die er anfangs allein, später gemeinsam mit Robert Bruck67 in der<br />

Sammlung für Baukunst veranstaltete, deren Blätter und Modelle als Anschauungsmaterial<br />

dienten. Im Wintersemester 1904/05, als Kirchner die Baugeschichtlichen Übungen<br />

besuchte, gab es Vorträge über Städtebau, mittelalterlichen Kirchenbau und orientalische<br />

Baukunst.<br />

Gurlitt hielt zudem Vorlesungen über Backsteinbau und Holzbau, ausgewählte Kapitel<br />

der Ästhetik und Künstlerische Aufgaben im Städtebau. Letzteres war für ihn eine neue<br />

und so aktuelle Frage, dass er diese Vorlesung nicht nur fest in seinen Turnus integrierte,<br />

sondern ab 1910 in Form eines sechsstündigen Städtebauseminars anbot. Erste Gedanken<br />

zu den künstlerischen Aufgaben des Städtebaus publizierte Gurlitt bereits 1904 in<br />

dem Büchlein Über Baukunst, 68 in dem er sich der Gestaltung von Straßen und Plätzen<br />

widmete. Seine lange Beschäftigung mit Themen des Städtebaus mündete schließlich<br />

1920 in das Handbuch des Städtebaus. 69 Die Vorlesungen Gurlitts wurden durch diejenigen<br />

Jean Louis Sponsels70 über die Kunst in Dresden oder den Ornamentstich der Barockzeit<br />

sowie die von Georg Treu über die Bildhauerei des Altertums oder die Bildhauerei<br />

des 19. Jahrhunderts und die von Bruck über die Kunst in Dresdner Museen ergänzt.<br />

D I E D I P L O M A R B E I T<br />

Die Bearbeitung der Diplomarbeit erfolgte in den Semesterferien vor den Prüfungen im<br />

neunten Semester. Der Leiter des Ateliers für Baukunst stellte für jeden einzelnen Studenten<br />

das Thema und legte Umfang und Detaillierungsgrad fest. Gefordert waren jeweils<br />

ein Erläuterungsbericht, Grundrisse, Ansichten und ein Schnitt. Da Kirchner »die<br />

6 Karl Weißbach, Konstruktionssaal im<br />

neuen Hauptgebäude der th Dresden,<br />

historische Fotografie, 1905<br />

A R C H I T E K T U R L E H R E I N D R E S D E N<br />

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