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ERNST LUDWIG KIRCHNER ALS ARCHITEKT - Mathildenhöhe

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F R I T Z B L E Y L<br />

Darstellung von unabhängigen Schaubildern; wir machten bei ihm auch unsere ersten<br />

Studien nach dem lebenden Modell, freilich noch zu »akademisch«.<br />

Noch einmal zurückgreifend auf meine ersten Hochschulferien will ich erwähnen, daß<br />

damals auch in Zwickau mein erstes selbständiges wirkliches Bild entstand, eine Kohlezeichnung,<br />

von der in der Nähe von Zwickau die weite Gegend eindrucksvoll beherrschenden<br />

Grenzburg gegen die Sorben, Schönfels. Zusammen mit mehreren Freunden<br />

hatte ich einen singenden und klingenden Mondscheinausflug dorthin unternommen,<br />

wir hatten das zauberhafte Bild der sich im großen Mühlenteich spiegelnden Burg betrachtet<br />

und in uns aufgenommen und waren weit nach Mitternacht heimgekehrt. Am<br />

nächsten Nachmittag stellte ich das mit einem blaugrauen Tonpapierbogen bespannte<br />

Reißbrett, einen Kinderstuhl als behelfsmäßige Staffelei benutzend, auf und schuf in<br />

glückhafter Stimmung das Bild, das ich noch heute besitze und gern um mich habe.<br />

Es muß etwa um 1903 gewesen sein, oder auch um einiges später, als eine neue, eigenartige<br />

Persönlichkeit an unsere engere Freundesgemeinschaft herantrat. Eigenwillig<br />

grau, anscheinend nach besonderem Schnitt gekleidet, mit rundgedrücktem schwarzem<br />

Filzhut angetan, ließen hohe Stirn und klugblickende, klare, oft aufleuchtende und aufblitzende<br />

Augen und das ganze eindringliche Wesen Bedeutendes erwarten und erkennen,<br />

konnte das angehende Künstlertum des Neuen nicht verborgen bleiben. Es war, etwas<br />

jünger als wir, der von Kirchner schon angekündigte aus Chemnitz kommende Erich<br />

Heckel.<br />

Sogleich gewann durch ihn unsere Gemeinschaft neues Leben, unsere künstlerischen<br />

Belange Bereicherung und neuen Auftrieb. Aquarell und Holzschnitt wurden tüchtig gepflegt,<br />

und gezeichnet und gemalt auf Deubel komm raus.<br />

Auch Heckel war zuerst noch nicht rein Maler, sondern versuchte sich erfolgversprechend<br />

auf architektonisch-kunstgewerblichem Gebiet. So entsinne ich mich seiner Arbeit<br />

als Hilfskraft von Architekt Professor Wilhelm Kreis bei der Errichtung und Außenund<br />

Innengestaltung eines entzückenden Musiklusthauses auf der dritten Deutschen<br />

Kunstgewerbeausstellung in Dresden.<br />

Durch ein Wandgemälde, dessen Inhalt mir leider nicht mehr recht gegenwärtig ist, war<br />

auch der noch an der Kunstakademie auf der Brühlschen Terrasse als Meisterschüler des<br />

Professors Gußmann arbeitende Max Pechstein an der Innengestaltung dieses Musikheims<br />

beteiligt. Heckel lernte ihn dort kennen, fühlte richtig den kommenden Mann und<br />

zukünftigen künstlerischen Revolutionär in ihm und gewann ihn für die Beteiligung an<br />

einer nun schon allmählich sich herauskristallenden, ans Licht und zum Leben drängenden<br />

Künstlervereinigung, die mit den bisher auf den Kunstausstellungen und in der Öffentlichkeit<br />

gezeigten üblichen Richtungen und Bestrebungen brechen, neue Ausdrucksmöglichkeiten<br />

suchen und verwirklichen, um Geltung und Anerkennung kämpfen und<br />

sich durchsetzen sollte.<br />

Auf der 3. Deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden war es auch, wo uns eine<br />

große, eindrucksvolle Überraschung erwartete und erregte. In dem von Frankreich ausgestalteten<br />

Ausstellungsraum lagen mehrere dicke, etwa ½ zu ¾ m große Bände mit<br />

photographischen Wiedergaben von Meisterwerken moderner französischer Kunst aus.<br />

Wir bestaunten diese großen, hervorragenden Wiedergaben der Bilder etwa Van Goghs<br />

oder Gauguins, um nur zwei Namen der Großen aus der Reihe der französischen Künstler<br />

herauszugreifen.<br />

Ein reges und mannigfaltiges Leben künstlerischen Austausches setzte ein. Wöchentlich<br />

einmal kamen wir regelmäßig, zuerst bei Kirchner, zusammen. Der Wunsch, nach dem<br />

lebenden Modell zu zeichnen, wurde verwirklicht und sogleich durchgeführt, nicht in

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