ERNST LUDWIG KIRCHNER ALS ARCHITEKT - Mathildenhöhe
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Konzentration von bedeutenden Großbauten des 16. bis 19. Jahrhunderts auf engstem<br />
Raum auszeichnet (ABB. 1). Der sogenannte Canalettoblick über die Elbe hinweg auf die<br />
spektakuläre Silhouette der Türme und Kuppeln der Altstadt lässt jedoch bei näherem<br />
Hinsehen erkennen, wie sehr die Zeit um 1900 das Stadtbild Dresdens umgeformt hat.<br />
Bereits die Bauten Gottfried Sempers, die Gemäldegalerie am Zwinger (1847–1855) und<br />
das nach dem Brand des ersten Semperschen Theaters neuerrichtete Hoftheater (1871–<br />
1878), fügten der barocken Stadtsilhouette völlig neue Akzente hinzu. 9 Doch erst um die<br />
Jahrhundertwende wurde die alte Elbfront Dresdens an der Brühlschen Terrasse fast<br />
vollständig durch neue Repräsentationsbauten wie die Kunstakademie von Constantin<br />
Lipsius (1886–1894) und das Ständehaus von Paul Wallot (1900–1907; ABB. 2) ersetzt,<br />
und selbst das Residenzschloss hat erst zwischen 1889 und 1901 seine (Neo-)Renaissancehülle<br />
erhalten. Weitere neue Akzente setzten das Restaurant »Italienisches Dörfchen«<br />
am Theaterplatz (1911–1913) und ein Stück flussabwärts ein riesiges Speichergebäude<br />
(1913–1914), beide von Stadtbaurat Hans Erlwein entworfen, sowie die erneuerte<br />
Augustusbrücke von Wilhelm Kreis (1906–1910). Die moderne Verkehrsplanung erzwang<br />
den Durchbruch einer Straßenschneise quer durch die Altstadt; die so entstehende<br />
König-Johann-Straße (heute Wilsdruffer Straße) wurde mit Wohn- und Geschäftshäusern<br />
in den Stilformen der deutschen Renaissance bebaut; schließlich fiel<br />
dem Bau des Neuen Rathauses (1905–1910) ein ganzes Stadtviertel zum Opfer. 10 Der<br />
Umbau des historischen Stadtzentrums in den Jahren um 1900 zog immense Verluste an<br />
alter Bausubstanz nach sich, und doch fügten sich alle neuen Bauten im Sinne einer<br />
übergreifenden baukünstlerischen Kontinuität dem überkommenen Stadtbild ein, das<br />
somit den für die Atmosphäre der Stadt fundamentalen Gesamtcharakter eines barokken<br />
Stadtkunstwerks bewahren konnte. Eine besondere Qualität erreichte die Verknüpfung<br />
von künstlerischen Neuerungen und historischen Reminiszenzen im Dresdner Musikleben<br />
jener Zeit, das in den legendären Uraufführungen der Opern von Richard<br />
Strauss durch den Generalmusikdirektor der Semperoper Ernst von Schuch (Salome<br />
1905, Elektra 1909, Der Rosenkavalier 1911) seine Höhepunkte fand. 11 So zeigte sich in<br />
2 Paul Wallot, Dresdner Ständehaus,<br />
1900–1907, Fotografie von Walter Möbius,<br />
1928<br />
D R E S D E N U M 1 9 0 0<br />
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