ERNST LUDWIG KIRCHNER ALS ARCHITEKT - Mathildenhöhe

5 Ernst Ludwig Kirchner, Mädchen auf
dem Sofa, 1905, Holzschnitt, 8,4 × 10 cm,
Brücke-Museum Berlin
6 Felix Vallotton, La Paresse/Die Faulheit,
1896, Holzschnitt, 17,8 × 22,2 cm, Staatliche
Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett
7 Ernst Ludwig Kirchner, Liegende Frau
(Unruhe), 1905, Holzschnitt, 11,9 x 18 cm,
Brücke-Museum Berlin
54 K A T H A R I N A S I E G M A N N
dierten, ist offensichtlich. 37 »Nirgends lernt man einen Künstler besser kennen als in seiner
Grafik« erklärte Kirchner, und der Holzschnitt sei »die graphischste aller graphischen
Techniken«. 38 In seinen ersten Holzschnitten kann man seinen Ausgangspunkt,
sein Orientieren und Suchen ablesen.
Beispiele wie Kirchners Mädchen auf dem Sofa (ABB. 5) oder das schon genannte Atelier
von Schmidt-Rottluff zeigen den frühen Holzschnitt der »Brücke«-Gründer im reinen
Flächenstil, wie ihn gegen Ende des 19. Jahrhunderts Félix Vallotton (ABB. 6) und Edvard
Munch entwickelt hatten, die den Künstlern durch Publikationen bekannt waren. Es
herrschte absolute Konzentration auf Komposition und Umriss, Einzelformen wurden
zur Vereinfachung gedrängt. Durch das Ausblenden von Farbnuancierung ließen sich
grundlegende künstlerische Kategorien erproben und eine präzise Formensprache entwickeln.
Dabei kann man beobachten, wie sich Kirchner in dem entscheidenden Jahr
1905 in seiner Grafik von der fließenden Linie zum gezackten, gerissenen und versatzstückhaften
Strich bewegt (ABB. 7). Der frühe Einfluss des Jugendstils und des Symbolismus'
hat seine Wirkung getan, entscheidende Fragen zum Umgang mit der Linie sind beantwortet
und Kirchner kann seinen eigenen Stil langsam durch äußere Prägungen dringen
lassen.