13.11.2012 Aufrufe

ERNST LUDWIG KIRCHNER ALS ARCHITEKT - Mathildenhöhe

ERNST LUDWIG KIRCHNER ALS ARCHITEKT - Mathildenhöhe

ERNST LUDWIG KIRCHNER ALS ARCHITEKT - Mathildenhöhe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

fünften Semester belegt wurden, also entsprechend lange zurücklagen. Bei Heizungsund<br />

Lüftungsanlagen mit Berücksichtigung der Hygiene prüfte Frühling aus der Ingenieurabteilung<br />

die damals sehr aktuellen, technischen Inhalte. Die historischen Fächer<br />

Formenlehre und Geschichte der antiken, der altchristlichen, mittelalterlichen und der<br />

Renaissance-Baukunst und Stillehre des Kunstgewerbes wiederum, die von Gurlitt geprüft<br />

wurden, waren aufgrund der fast das ganze Studium umfassenden Vorlesungen<br />

von einer ziemlichen Materialfülle.<br />

R E S Ü M E E<br />

Das Studium an der Technischen Hochschule Dresden war sehr straff strukturiert. Es gab<br />

nur wenige Freiheiten, sein Studium nach eigenen Interessensschwerpunkten zu gestalten.<br />

Vergleicht man die Studienpläne mit Kirchners Einschreibebögen, so kann man feststellen,<br />

dass Kirchner einige Fächer, die nicht zum Prüfungsumfang der Diplom-Vorprüfung<br />

gehörten, erst gar nicht belegte. Überraschenderweise besuchte Kirchner die Vorlesung<br />

Mineralogie, deren Besuch zu seinem Studienbeginn nur für die Staatsprüfung,<br />

nicht jedoch die Diplomprüfung verpflichtend war. Andererseits belegte er einige Fächer<br />

schon früher als in den Studienplänen empfohlen, 76 was vermuten lässt, dass er seinen<br />

München-Aufenthalt im Wintersemester 1903/04 langfristig geplant hatte.<br />

Betrachtet man die Einschreibebögen, speziell die Noten in den jeweiligen Fächern, entsteht<br />

der Eindruck, dass Kirchner, der durch seine Familie unterhalten wurde, weniger<br />

ehrgeizig war als sein Freund Fritz Bleyl, der auf die Gewährung von Stipendien angewiesen<br />

war und gute bis sehr gute Noten vorweisen musste. 77 Aus diesem Grund dürfte<br />

Bleyl im Gegensatz zu Kirchner auch nicht um Befreiung vom Besuch der Lehrveranstaltungen<br />

in der Vorbereitungszeit für die Diplom-Hauptprüfung nachgesucht haben. Da<br />

Kirchner sein Architekturstudium später nicht mehr thematisiert hat, stand es lange<br />

nicht zur wissenschaftlichen Diskussion. Die Entwurfslehre Schumachers vom Ornament<br />

bis zum Entwerfen von Inneneinrichtungen hatte bei Kirchner jedoch ihre Spuren<br />

hinterlassen, die sich nicht nur in der relativ großen Zahl erhaltener Studienentwürfe für<br />

Innenräume und Ausstattungsgegenstände zeigt. »Eines Tages erschien er [Kirchner] in<br />

meinem Arbeitszimmer, breitete eine Mappe mit den farbigen Zeichnungen zu einem<br />

ganz extravaganten modernen Innenraum vor mir aus und eröffnete mir, das sei seine<br />

Doktorarbeit.« 78 Das Gestalten eines Architekten war bei ihm eng verknüpft mit der des<br />

Künstlers. Immer wieder hat er die Ausstattungen seiner jeweiligen Wohnungen im<br />

Sinne eines Raumkonzeptes nicht nur selber entworfen, sondern auch hergestellt. 79 Und<br />

gemäß Schumachers Worten »… nach meinen Entwurf …, die Stoffe gewebt und die<br />

kostbaren Teppiche eigens geknüpft«, 80 hat auch Kirchner Kopfkissen, Stuhlkissen und<br />

Bildteppiche entworfen und herstellen lassen. 81 Die bekanntesten sind die von Lise Gujer<br />

nach seinen Entwürfen gewebten Bildteppiche. 82 Kirchner beschäftigte sich auch<br />

nach seinem Diplom wiederholt mit Raumgestaltungen. Hier wären zum Beispiel die<br />

Standgestaltung für den Tabakhändler Feinhals auf der Werkbund-Ausstellung in Köln<br />

1914, die Ausmalung des Treppenhauses in dem zum Sanatorium Kohnstamm in Königstein<br />

im Taunus gehörigen Brunnenhaus 1916 oder die geplante Ausmalung des Festsaales<br />

des Museum Folkwang in Essen zu nennen. Auch die 1992 entdeckten Architekturzeichnungen<br />

von 1914/15 für das Ausstellungsprojekt zur Zweihundertjahrfeier Karlsruhes83 gehören in diesen Zusammenhang.<br />

A R C H I T E K T U R L E H R E I N D R E S D E N<br />

117

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!