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III. 2009: Der Beginn des Desasters<br />
Die Entwicklung der Krise der S-<strong>Bahn</strong><br />
<strong>Berlin</strong> wird am besten mit der Fieberkurve<br />
der Anzahl der zur Verfügung stehenden<br />
Viertelzüge ausgedrückt. Allerdings<br />
sind hier niedrige Werte Ausdruck der<br />
sich vertiefenden Krise und ein Ansteigen<br />
der Kurve Ausdruck eines sich normalisierenden<br />
Betriebs. Vertraglich vereinbart<br />
war, dass 562 Viertelzüge im<br />
werktäglichen Verkehr in Einsatz sind.<br />
Diese Vereinbarung wurde auch vor der<br />
Krise nicht eingehalten. Die Spitzenwerte<br />
lagen bei 546 Viertelzügen, was drei<br />
Prozent weniger sind als vertraglich vereinbart.<br />
Der Einbruch im Januar 2009 wurde<br />
in der Öffentlichkeit noch als Ergebnis<br />
natürlicher Einflüsse interpretiert. In<br />
Wirklichkeit war dies bereits Resultat<br />
Jan. 2009<br />
Lunapark21·extra 6/2012<br />
Feb. 2009<br />
Mrz. 2009<br />
unzureichender Wintervorbereitung.<br />
Nachdem am 1. Mai ein S-<strong>Bahn</strong>zug der<br />
Baureihe (BR) 481 in Kaulsdorf wegen<br />
eines Radreifenbruchs entgleiste, ging es<br />
Schlag auf Schlag: Die S-<strong>Bahn</strong> versprach,<br />
alle Radsätze im 7-Tage-Rhythmus<br />
zu überprüfen (7.5.); das EBA<br />
ertappte das Unternehmen dabei, die<br />
Selbstverpflichtung nicht einzuhalten<br />
(29.6.). Am 7.9. wurden entdeckt, dass<br />
an einem Zug vier von acht Bremszylinder<br />
defekt sind – es kommt zu neuen<br />
Auflagen. Erneut ein Wartungsfehler.<br />
Laut VBB-Qualitätsbilanz 2009 hätten<br />
„bei der Hauptuntersuchung die Druckmuttern<br />
und der Dichtungsring ausgetauscht<br />
werden müssen, was jedoch<br />
nicht erfolgte.“ Schließlich versagen ab<br />
Mitte Dezember reihenweise Fahrmoto-<br />
Apr. 2009<br />
Mai 2009<br />
Jun. 2009<br />
Jul. 2009<br />
Aug. 2009<br />
Offene S-<strong>Bahn</strong>-Krise 2009-2012<br />
ren – erneut aufgrund unzureichender<br />
Vorbereitung auf den Winter.<br />
In der Folge sind zeitweilig weniger<br />
als 200 Viertelzüge – oder nur ein Drittel<br />
der vertraglich vereinbarten Flotte – im<br />
Einsatz. Die Takte werden ausgedünnt.<br />
Wichtige Streckenabschnitte können<br />
nicht mehr bedient werden. Wochenlang<br />
verkehren selbst auf Stammstrecken wie<br />
Alexanderplatz – Westkreuz, Westkreuz<br />
- Spandau keine S-<strong>Bahn</strong>züge.<br />
Zitat zum Jahr:<br />
Bei der S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> werden wir auf der<br />
Grundlage aller uns bekannter Restriktionen<br />
noch im Jahr 2010 zum Normalfahrplan<br />
zurückkehren.<br />
Ulrich Homburg, Vorstand Personenverkehr<br />
Deutsche <strong>Bahn</strong>, 6.1.2010 (dapd)<br />
Anzahl der eingesetzten Viertelzüge der S-<strong>Bahn</strong> (werktags; Jan. bis Dez. 2009)<br />
Vor dem Beginn der Krise standen 546 Viertelzüge zur Verfügung, vertraglich bestellt waren 562 Viertelzüge (weiße Strichlinie)<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Januar 2009: 3000<br />
ausgefallene Zugfahrten<br />
durch „unvorgesehenen“<br />
Kälteeinbruch<br />
1.5.2009:<br />
Radscheibenbruch<br />
Juli 2009: Das Eisenbahn-Bundesamt<br />
ordnet an, dass alle nicht fristgerecht<br />
gewarteten Züge außer Betrieb genommen<br />
werden müssen. In der Folge sind<br />
nur noch 165 Viertelzüge einsatzfähig.<br />
Eisenbahn Bundesamt fordert weitere<br />
Sicherheitsüberprüfungen;<br />
erste Notfahrpläne<br />
Sep. 2009<br />
7.9.2009: Bremsen<br />
falsch gewartet<br />
Oktober 2009: Zum ersten Mal<br />
seit Wochen wird wieder das<br />
gesamte S-<strong>Bahn</strong>-Netz befahren,<br />
aber mit einem dauerhaften Notfahrplan<br />
und verkürzten Zügen.<br />
Okt. 2009<br />
Nov. 2009<br />
Dez. 2009<br />
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