54 S <strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> schen <strong>Bahn</strong> zu tun hat. Aus all diesen Gründen ist es sinnvoll, eine solche weitergehende Integration zu diskutieren. 2. Aufhebung der Beherrschungsverträge Solange die DB privatwirtschaftlich organisiert ist, muss die S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH der Kontrolle der DB-Manager entzogen werden. Das heutige DB-Management kommt aus der Auto- und Luftfahrtindustrie. Diese Manager verfolgen erkennbar andere Interessen als die Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse der <strong>Berlin</strong>erinnen und <strong>Berlin</strong>er. Deutlich wird das auch bei der DB-Politik in Sachen Stuttgart 21. Hier geht es nicht um die Effektivität eines Kopfoder Tiefbahnhofs, sondern um milliardenschwere Immobilienprojekte. Deshalb muss der Beherrschungsvertrag zwischen DB AG und <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong> aufgehoben werden. 4 Das gilt umso mehr, da Bundesverkehrsminister Ramsauer im Januar 2012 private Investoren aufforderte, in die DB Mobility Logistics, zu der die DB Regio und damit auch die S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH gehören, zu „investieren“. Auch dies wäre, wie der bis 2008 verfolgte <strong>Bahn</strong>börsengang, eine Teilprivatisierung. Damit würden ganz unverfroren staatliche Gelder direkt in die Taschen von Privatinvestoren umgeleitet werden, da der Nahverkehr der Länder aus zugeteilten Bundesmitteln – den Regionalisierungsgeldern – finanziert wird. „Gewinne“ sind dann also immer nicht ausgegebene Steuergelder, die das jeweilige Unternehmen in die eigene Tasche steckt. 5 Laut Vorratsbeschluss vom Mai 2008 kann die Bundesregierung über Nacht bis zu 24,9 Prozent der DB Mobility Logistics privatisieren, also verkaufen. Damit wäre die DB ML – und mit ihr der gesamte Nah- und Fernverkehr und der Schienengüterverkehr nach EU-Recht wie ein privates Unternehmen zu behandeln, was schwerwiegende Konsequenzen für eine öffentliche Kofinanzierung hätte. Eine automatische Mitgehangen-Mitgefangen-Privatisierung der S-<strong>Bahn</strong> auf diesem Weg muss verhindert werden. Das Ziel sollte sein, erstens die DB Mobility Logistics aufzulösen und in das gesamte Unternehmen zurückzuführen und zweitens die Deutsche <strong>Bahn</strong> anstatt diese als Aktiengesellschaft zu führen, in eine öffentliche Rechtsform umzuwandeln. 3. Verbleib bei der DB oder Übergabe an das Land? Die S-<strong>Bahn</strong> muss öffentlich betrieben werden, in staatlichem Eigentum sein und demokratisch kontrolliert und verwaltet werden. Hier stellt sich die Frage: Ist das besser im Rahmen der – in modifizierter Form strukturierten - Deutschen <strong>Bahn</strong> auf Bundesebene oder als kommunaler Betrieb möglich? Dies ist umstritten. Aufgrund des Ziels, die S-<strong>Bahn</strong> als integrierten Konzern beizubehalten und eine Zerschlagung zu verhindern, gibt es starke Argumente für einen Verbleib der S-<strong>Bahn</strong> bei der Deutschen <strong>Bahn</strong> und im Eigentum des Bundes (bei Aufhebung der Beherrschungsverträge und als eigenständiger Betrieb im Rahmen der DB, siehe Punkt 2). Die S-<strong>Bahn</strong> fährt nicht nur in <strong>Berlin</strong>, sondern auch in Brandenburg. Die Beschäftigten der S-<strong>Bahn</strong> verstehen sich als Eisenbahner – das ist historisch so gewachsen – und nicht als Beschäftigte des Personennahverkehrs. Um die Verbindung von landes- und stadtbezogenen Belangen jedoch stärker zu berücksichtigen, wäre eine Beteiligung der Länder <strong>Berlin</strong> und Brandenburg am Betrieb der S-<strong>Bahn</strong> sinnvoll (womit diese dann eher eine S-<strong>Bahn</strong>-<strong>Berlin</strong>- Brandenburg sein würde). Eine solche Beteiligung könnte juristisch auch zu einer Umgehung des Ausschreibungs „zwangs“ führen, der inzwischen nach EU-Recht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs 6 weitgehend existiert. Bei alldem kann die S-<strong>Bahn</strong> nicht isoliert von der DB AG betrachtet werden. Der gesellschaftliche und betriebliche Druck für die Forderung nach Rücknahme der <strong>Bahn</strong>reform 1994 muss erhöht werden. Es darf zu keiner Teil- oder vollständigen Privatisierung der DB kommen. Die private Rechtsform der DB muss in eine öffentliche Rechtsform um- gewandelt und die Deutsche <strong>Bahn</strong> als staatlicher <strong>Bahn</strong>betrieb - zum Beispiel als Anstalt öffentlichen Rechts - unter demokratischer Kontrolle fortgeführt werden. 7 Verantwortlich für den Privatisierungskurs bei der DB AG ist die Bundesregierung. Der Bund kann als Eigentümer in der Hauptversammlung bestimmend Einfluss nehmen und beschließen, das Unternehmen wieder in eine öffentliche Rechtsform ohne Gewinnorientierung zu überführen. Hätte die Regierung ein Interesse daran, wäre dies wohl längst geschehen. Die grundsätzlich zweite Option wäre eine Übernahme des S-<strong>Bahn</strong>-Betriebs durch das Land <strong>Berlin</strong> beziehungsweise die Übergabe an ein landeseigenes Unternehmen wie die BVG. Eine ergänzende Form könnte auch die Übernahme des Unternehmens in das Eigentum der Länder <strong>Berlin</strong> und Brandenburg sein. In diesem Fall würde der Einfluss des Landes bzw. der beiden Bundesländer auf den S-<strong>Bahn</strong>-Betrieb steigen. Eine vollständige Herauslösung der S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH aus der DB würde die Gefahr einer Teilprivatisierung der S- <strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH im Zuge einer Privatisierung oder eines Börsengangs der DB AG verringern. Zudem könnte aller Voraussicht nach eine Ausschreibung des Zugbetriebs vermieden werden. Das DB-Management weigert sich jedoch, die S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH an das Land zu übergeben. Eine Kommunalisierung wäre nur als Ergebnis eines massiven politischen Drucks durchsetzbar. Das Hauptproblem ist aber, dass eine Übernahme durch das Land <strong>Berlin</strong> beim jetzigen Zustand zu einer Zerschlagung der S-<strong>Bahn</strong> führen würde – aufgrund der dann zu erfolgenden Trennung zwischen Zugbetrieb, der in kommunalem Betrieb übergehen würde, und der Infrastruktur, die bei der DB Netz bleiben würde. Es sei denn, man würde den oben skizzierten Weg verfolgen und die Infrastruktur direkt in das Unternehmen S-<strong>Bahn</strong> integrieren. Die Gewerkschaften und der Betriebsrat der S-<strong>Bahn</strong> warnen vor einer solchen drohenden Zerschlagung. Es stellt sich auch eine andere Frage: Wer sagt, dass der rot-schwarze Senat von <strong>Berlin</strong> eine progressivere Politik als Lunapark21·extra 6/2012
VON DEN MACHERN DES NEOLIBERALEN DURCHMARSCHS EIN FLUGZEUG- UND EIN AUTOMANAGER. ZWEI BAHNFREMDE, DEREN GEMEINSAMKEIT IHR AUFTRAG UND IHR FESTER WILLE IST, DIE BAHN ZU PRIVATISIEREN – HIN ZU VERSCHLEISS UND PROFIT . HARTMUT MEHDORN RÜDIGER GRUBE DER ZWILLINGSFILM ZU STUTTGART 21 55