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Was macht die EVG in der Lunapark?<br />
Es mag ungewöhnlich erscheinen, den<br />
Ortsverband der <strong>Berlin</strong>er Eisenbahnund<br />
Verkehrsgewerkschaft (EVG) und die<br />
Betriebsgruppe der S-<strong>Bahn</strong> als Mitherausgeber<br />
dieser Sonderausgabe von<br />
Lunapark 21 zu sehen. „Wir machen<br />
Politik“ – mit diesem Anspruch ist die<br />
2010 durch den Zusammenschluss der<br />
Gewerkschaften TRANSNET und GDBA<br />
gegründete EVG angetreten. Die gesamte<br />
Struktur der EVG wurde vom Kopf auf<br />
die Füße gestellt. Durch die Gründung<br />
von Betriebsgruppen mit neuen Möglichkeiten<br />
der eigenständigen Gewerkschaftsarbeit<br />
ist unsere Struktur wieder<br />
näher an die Mitglieder gerückt. Den<br />
Slogan „Wir machen Politik“ nehmen wir<br />
ernst, gehen neue Wege und sind bereit,<br />
neue Erfahrungen zu sammeln.<br />
Die <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong> ist zwar „nur“<br />
einer von knapp 60 <strong>Bahn</strong>betrieben in<br />
<strong>Berlin</strong>, aber mit über 3000 Beschäftigten<br />
der größte. Somit ist auch die S-<strong>Bahn</strong>-<br />
Betriebsgruppe ein Standbein der EVG in<br />
dieser Stadt. Die Diskussionen über die<br />
Probleme der <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong> werden<br />
Lunapark21·extra 6/2012<br />
hoch emotional und mit einer großen<br />
Bandbreite von Meinungen von den <strong>Berlin</strong>ern<br />
geführt. Die Auswirkungen auf die<br />
Fahrgäste und deren Meinung haben für<br />
die Beschäftigten einen hohen Stellenwert,<br />
denn nur zufriedene Kunden garantieren<br />
eine positive Entwicklung des<br />
Betriebes und sichern die Arbeitsplätze.<br />
Auf das Entstehen der heutigen Probleme<br />
haben gerade die Kolleginnen und<br />
Kollegen der <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong> schon vor<br />
Jahren hingewiesen. Nur wollten weder<br />
<strong>Bahn</strong>management noch Minister, Senatoren<br />
oder Abgeordnete etwas davon<br />
hören. Die Probleme haben letztlich ihre<br />
Ursache in der Privatisierungspolitik.<br />
Diese hat das komplexe System <strong>Bahn</strong> ins<br />
Wanken gebracht. Daher stehen als Verantwortliche<br />
für uns nicht nur das<br />
<strong>Bahn</strong>management mit seinem von wirtschaftlichen<br />
Kennzahlen getriebenen<br />
Führungssystem im Fokus der Kritik,<br />
sondern auch die Politik der jeweiligen<br />
Bundesregierung und des <strong>Berlin</strong>er Senats<br />
sowie die Industrie. Wer hat die so genannte<br />
<strong>Bahn</strong>reform beschlossen? Wer<br />
hat gefordert, die „Aufsichten“ auf den<br />
S-<strong>Bahn</strong>höfen abzuschaffen? Wer, wenn<br />
nicht der Eigentümer, ist in der Lage, den<br />
Auftrag des <strong>Bahn</strong>managements zu<br />
ändern? Derzeit läuft die vom Senat betriebene<br />
Politik und die Untätigkeit des<br />
Eigentümers Bund, auf eines hinaus:<br />
Zerschlagung der <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong> durch<br />
Teilausschreibungen. Die Leidtragenden<br />
dieser Politik sind – neben den Fahrgästen<br />
– in erster Linie die Beschäftigten<br />
und ihre Familien, und zwar nicht nur<br />
diejenigen der S-<strong>Bahn</strong>, sondern auch<br />
weiterer <strong>Bahn</strong>betriebe, die Aufträge der<br />
S-<strong>Bahn</strong> erfüllen. Das wird Auswirkungen<br />
auf die Beschäftigungssituation in unserer<br />
Stadt haben und das Chaos auf dem<br />
S-<strong>Bahn</strong>-Netz durch die Zersplitterung<br />
vergrößern.<br />
Vor diesem Hintergrund haben wir uns<br />
entschieden, neue Wege zu gehen. Die<br />
Zusammenarbeit im S-<strong>Bahn</strong>-<strong>Tisch</strong>, mit<br />
Fahrgastverbänden, Initiativen, Vereinen<br />
und Parteien führt dazu, die eigene Posi-<br />
Vorworte<br />
tion zu hinterfragen. Auch wenn die vorliegende<br />
Ausgabe von Lunapark21 nicht<br />
zu 100 Prozent unseren Ansichten oder<br />
gar der Beschlusslage der EVG entspricht,<br />
spiegelt sie Meinungen und Diskussionen<br />
zum Thema wider und ist ein<br />
wertvoller Beitrag dazu, alles auf eine<br />
sachliche Ebene zu stellen und Perspektiven<br />
zu entwickeln. Viele Mitglieder der<br />
<strong>Berlin</strong>er EVG waren an der Entstehung<br />
beteiligt. Mögliche Schlussfolgerungen<br />
sind jedem selbst überlassen.<br />
Die Diskussionen und Aktivitäten waren<br />
für uns eine neue Erfahrung, aus der<br />
wir vieles gelernt haben. Diesen Weg<br />
wollen wir weitergehen. Die Diskussionen<br />
haben aber auch gezeigt, dass unsere<br />
Bündnispartner viele neue Erkenntnisse<br />
gewinnen konnten. Es ist schon etwas<br />
anderes, ob – wie leider oft üblich –<br />
über eine Gewerkschaft geredet wird,<br />
oder ob mit Kolleginnen und Kollegen,<br />
die unsere Gewerkschaft ausmachen,<br />
gesprochen wird. Wir denken, dass dies<br />
für alle Partner produktiv war. Unseres<br />
Erachtens erfordert die aktuelle Situation,<br />
in Zukunft öfter Allianzen jenseits<br />
der klassischen Verbündeten zu schmieden.<br />
WIR können es nur empfehlen.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünschen<br />
Klaus Just – Vorsitzender EVG-Ortsverband<br />
Jürgen Kynast – Vorsitzender EVG-<br />
Betriebsgruppe<br />
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