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VI. Absolution erster Klasse: Die offizielle Analyse<br />
des S-<strong>Bahn</strong>-Desasters – der Gleiss Lutz-Bericht<br />
Der 60 Seiten starke Bericht der Kanzlei Gleiss Lutz zur S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> vom 23. Februar 2010<br />
stellt die einzige umfassende Analyse des S-<strong>Bahn</strong>-Desasters dar. Der Auftraggeber für die<br />
Untersuchung war die DB selbst. Da die DB sich in Bundeseigentum befindet, tragen letzten<br />
Endes der Bund bzw. die Bundesregierung für diesen Bericht wesentliche Verantwortung.<br />
Die Bundesregierung bezieht sich auch<br />
positiv auf diesen Bericht (siehe Antwort<br />
der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage<br />
der Grünen zum „Sachstand Notbetrieb<br />
der <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong>, Drucksache<br />
17/1384). Umso fataler ist, dass es sich<br />
bei diesem Dokument, das bereits mit<br />
dem offiziellen Titel („Untersuchung zu<br />
den Ursachen der Betriebsstörungen bei<br />
der S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong>“) das S-<strong>Bahn</strong>-Desaster<br />
bagatellisiert, um ein Gutachten handelt,<br />
in dem die wesentlichen Ursachen der S-<br />
<strong>Bahn</strong>-Krise nicht genannt werden und<br />
vor allem die Konzernebene von jeder<br />
Verantwortung freigesprochen wird. Der<br />
Geschäftsführer des Verkehrsverbundes<br />
<strong>Berlin</strong>-Brandenburg, Hans Werner Franz,<br />
sprach zu Recht von einem „Gefälligkeitsgutachten“.<br />
Lunapark21·extra 6/2012<br />
Es gibt in dem Text entsprechend<br />
einen seltsamen Bruch. Während bis auf<br />
Seite 41 zum Teil krasse Fehlleistungen<br />
von Herstellern, Lieferanten und dem<br />
eigentlichen Unternehmen S-<strong>Bahn</strong><br />
GmbH dokumentiert werden, wird der<br />
Bericht ab Kapitel 4 „Konzerneinfluss<br />
und Fehler der Sanierungsprogramme“<br />
ausgesprochen schmallippig.<br />
In dem 20 Seiten langen Abschnitt,<br />
der dann folgt, gibt es keine Kritik an der<br />
Schließung von Instandhaltungseinrichtungen.<br />
Der massive Beschäftigungsabbau<br />
in diesem Zeitraum taucht nicht<br />
einmal auf. Allerdings äußert sich der<br />
Bericht in diskriminierender Weise zum<br />
Alter der S-<strong>Bahn</strong>-Beschäftigten (siehe<br />
Kasten S. 17). Der Abbau des S-<strong>Bahn</strong>-<br />
Personals auf den <strong>Bahn</strong>höfen wird posi-<br />
Die S-<strong>Bahn</strong>-Krise – Verantwortung<br />
tiv wie folgt kommentiert: „Das OBS<br />
(Rationalisierungsprogramm Optimierung<br />
S-<strong>Bahn</strong>en) zielte auf eine Effizienzsteigerung<br />
des Betriebsprozesses ab, vor<br />
allem über eine Abfertigung der Züge<br />
durch die Triebfahrzeugführer (...) Hierin<br />
wird ein Potential des Abbaus von wenigstens<br />
503 Mitarbeitern gesehen.“<br />
(S.47).<br />
Die Bilanz lautet dann auch: „In vielen<br />
Bereichen war OSB ein Erfolg.“ Noch<br />
deutlicher auf Seite 60: „Das vom DB-<br />
Konzern (...) initiierte Optimierungsprogramm<br />
OSB (ist) für die aktuellen Betriebsstörungen<br />
nicht verantwortlich.“ Es<br />
habe vor allem „Umsatzsteigerungen<br />
und weitere Verbesserungen“ mit sich<br />
gebracht. Grundsätzlich seien die Gewinne<br />
der S-<strong>Bahn</strong> quasi nur durch höhe-<br />
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