17.11.2012 Aufrufe

S-Bahn-Krimi Berlin - S-Bahn-Tisch

S-Bahn-Krimi Berlin - S-Bahn-Tisch

S-Bahn-Krimi Berlin - S-Bahn-Tisch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

50<br />

S <strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong><br />

ist, wer die entsprechenden Kosten in<br />

Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro<br />

tragen soll. Es ist gut vorstellbar, dass<br />

dann eine solche Großinvestition dazu<br />

genutzt wird, zusätzlich Druck in Richtung<br />

Zerschlagung des Unternehmens S-<br />

<strong>Bahn</strong> bzw. Teilausschreibung von Strecken<br />

zu nutzen.<br />

Stattdessen sollte zunächst die Weiterverwendung<br />

dieser Baureihe mit dem<br />

nötigen Sachverstand umfassend geprüft<br />

werden, insbesondere durch Begleitung<br />

mit betrieblichem Fachverstand<br />

aus dem Bereich der <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Werkstätten, mit Kollegen der <strong>Bahn</strong>industrie<br />

und fachlich kompetenten<br />

Gewerkschaftsvertretern.<br />

B Wir zahlen nicht<br />

für euer Chaos!<br />

Und wer soll das alles bezahlen? Wenn<br />

die S-<strong>Bahn</strong> nicht mehr gezwungen ist,<br />

die Gewinne an den Mutterkonzern abzuführen,<br />

können die dringend notwendigen<br />

Investitionen in Infrastruktur, Personal<br />

und Wartung durchgeführt werden.<br />

Auch der <strong>Berlin</strong>er Senat muss seinen<br />

Teil zur Wiederherstellung der S-<br />

<strong>Bahn</strong> beitragen.<br />

Die per Verkehrsvertrag geregelten<br />

Kürzungen der Zuschüsse für die S-<strong>Bahn</strong><br />

sind in das Netz zu reinvestieren. Die<br />

Regionalisierungsmittel sind ausschließlich<br />

für die Bestellungen im Regionalverkehr<br />

und nicht zweckentfremdet zu verwenden.<br />

Das erfordert, dass Strukturen<br />

geschaffen werden, bei denen ein Abfluss<br />

von S-<strong>Bahn</strong>-Einnahmen und Unterstützungen<br />

für die S-<strong>Bahn</strong> nicht an die<br />

DB Regio und den Mutterkonzern fließen<br />

können (siehe unten).<br />

Wenn zusätzliche Gelder benötigt<br />

werden, müssen der Bund und das Land<br />

auch zusätzliche Mittel bereitstellen. Es<br />

ist ein Irrglaube, dass sich der öffentliche<br />

Nah- und Regionalverkehr betriebswirtschaftlich<br />

rechnen müsse. Er ist Teil<br />

der öffentlichen Daseinsvorsorge und<br />

muss vor allem Mobilitätsbedürfnisse<br />

befriedigen.<br />

Doch ganz im Sinne der Renditemaximierung<br />

mussten in den vergangenen<br />

Jahren die Beschäftigten aufgrund des<br />

Sparkurses bluten und auch die Fahrgäste<br />

mussten draufzahlen.<br />

Rücknahme der<br />

Fahrpreiserhöhungen –<br />

Für ein Sozialticket<br />

„Ich bin hier oben noch ganz dicht, der<br />

Spaß ist zu teuer, von mir kriegste<br />

nüscht!“ sang Mensch Meier von Ton<br />

Steine Scherben. „Und da sagte einer, du<br />

hast recht Mensch Meier, was die so mit<br />

uns machen, ist der reine Hohn. Erst<br />

wollnse von uns immer höhere Steuern<br />

und was se dann versieben, kostet unseren<br />

Lohn.“<br />

An dieses Lied erinnerten sich wohl<br />

viele, als mitten auf dem Höhepunkt des<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Desasters am 1. Januar 2011 die<br />

Fahrpreise für S- und U-<strong>Bahn</strong>fahrten um<br />

2,8 Prozent erhöht wurden – obwohl nur<br />

40 Prozent der Züge im Einsatz waren.<br />

Für all jene, die in <strong>Berlin</strong> vor allem Einzeltickets<br />

benutzen, erhöhten sich die<br />

Kosten sogar um 9,5 Prozent. Im März<br />

2012 setzte der VBB eins drauf und verkündete<br />

eine neuerliche Fahrpreiserhöhung<br />

von 2,8 Prozent ab Sommer.<br />

Als Sofortmaßnahme müssen die<br />

jüngsten Preiserhöhungen zurück genommen<br />

werden.<br />

Wie in anderen Städten bereits realisiert,<br />

muss auch in <strong>Berlin</strong> ein Sozialticket<br />

eingeführt werden. Dieses muss<br />

sich in seiner Höhe an dem Regelsatz-<br />

Betrag des Arbeitslosengeldes II für eine<br />

Teilnahme am ÖPNV orientieren. Der<br />

<strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong>-<strong>Tisch</strong> fordert deshalb<br />

die Einführung eines Sozialtickets in<br />

Höhe von 18 Euro. Es kann nicht sein,<br />

dass der Bund einerseits Millionen Menschen<br />

in Armut zwingt und bei den bewilligten<br />

monatlichen Unterstützungszahlen<br />

den Satz von 18 Euro als ausreichend<br />

für die ÖPNV-Kosten der Betroffenen<br />

erklärt, und andererseits öffentliche<br />

Unternehmen ermäßigte ÖPNV-<br />

Tickets anbieten, die beim Doppelten<br />

und Dreifachen dieses Satzes liegen. Gegebenenfalls<br />

muss der Bund bei den entsprechenden<br />

ÖPNV-Unternehmen für<br />

einen finanziellen Ausgleich Sorge tragen.<br />

Jeder und jedem – egal ob jung oder<br />

alt, krank oder gesund – muss es möglich<br />

sein, kostengünstig die öffentlichen<br />

Verkehrsmittel zu nutzen und dadurch<br />

am Arbeits- und sozialen und kulturellem<br />

Leben teilzunehmen.<br />

C Nein zu Privatisierung<br />

und Ausschreibung<br />

Die sogenannte <strong>Bahn</strong>reform und die Einführung<br />

neuer Verordnungen der Europäischen<br />

Union in Bezug auf den öffentlichen<br />

Verkehr erfolgten im Interesse der<br />

privaten Konzerne und Investoren. Sie<br />

sollen die <strong>Bahn</strong> wie andere Bereiche der<br />

öffentlichen Daseinsvorsorge für die<br />

Profitinteressen privater Unternehmen<br />

lukrativer machen.<br />

Die EU-Verordnung 1370/2007 gilt<br />

seit Dezember 2009. Ihr zufolge können<br />

Kreise und Städte Verkehrsleistungen<br />

entweder ausschreiben oder unter bestimmten<br />

Bedingungen direkt an ein<br />

landeseigenes oder kommunales Unternehmen<br />

vergeben. Die genauen Bestimmungen<br />

und Auslegungen sind rechtlich<br />

umstritten.<br />

Politisch wurde die Ausschreibung an<br />

Private mit mehr Wettbewerb, sinkenden<br />

Kosten und mehr Effizienz begründet.<br />

Die realen Erfahrungen sprechen jedoch<br />

eine andere Sprache.<br />

Beispiel Brandenburg: In Brandenburg<br />

wurden seitens des Verkehrsverbunds<br />

<strong>Berlin</strong> Brandenburg (VBB) im Jahr 2009<br />

sechzehn Linien des Regionalverkehrs<br />

ausgeschrieben. Für fünf Linien bekam<br />

die private Ostdeutsche Eisenbahn<br />

GmbH (ODEG) den Zuschlag. Es handelt<br />

sich dabei originellerweise um eine „private“<br />

Gesellschaft, die im wesentlichen<br />

von den beiden öffentlichen Unternehmen<br />

FS, der italienischen Staatsbahn,<br />

und der Hamburger Hochbahn kontrolliert<br />

wird. Brandenburg spart durch die<br />

Vergabe an die ODEG vierzig Millionen<br />

Euro jährlich. Im Klartext: Das Land spart<br />

Kosten und die ODEG macht Gewinne zu<br />

Lasten der Beschäftigten und der Fahrgäste.<br />

Die ODEG bezahlt ihren Beschäftigten<br />

– auf das Jahreseinkommen berechnet<br />

– dreißig Prozent weniger. Die<br />

Arbeitsplätze wurden bei der Übergabe<br />

des Auftrags von der DB Regio an die<br />

ODEG nicht gesichert, Tarif-und Sozialstandards<br />

wurden nicht eingehalten.<br />

Aus dem Mund einer ODEG-Sprecherin<br />

hört sich das so an: „Wir bieten allen<br />

<strong>Bahn</strong>-Mitarbeitern an, sich bei uns zu<br />

bewerben. Aber sie müssen eben zur<br />

ODEG passen.“ Übersetzt: Passende Mitarbeiter<br />

sind solche, die sich mit weniger<br />

Lunapark21·extra 6/2012

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!