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Grafik: Joachim Römer<br />
48<br />
S <strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Alle<br />
wettern<br />
übers Chaos<br />
Die <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong> fährt<br />
öffentlich-rechtlich in<br />
die Zukunft!<br />
Wir setzen<br />
uns für<br />
Abhilfe ein.<br />
Gründen der Betriebssicherheit absurd.<br />
Hinzu kommt, dass es in den letzten<br />
Jahren auf den <strong>Bahn</strong>höfen vermehrt zu<br />
tätlichen Übergriffen auf Fahrgäste kam.<br />
Auch hier kann eine natürliche Person<br />
mit einem Funkgerät in der Hand eher<br />
abschreckend wirken, als eine stumme<br />
Kamera, die den Überfall filmt, aber der<br />
Geschädigte trotz Kameraaufnahme verletzt<br />
auf dem <strong>Bahn</strong>steig oder gar im<br />
Gleisbereich liegt. Notwendig ist, dass<br />
auf allen 166 S-<strong>Bahn</strong>höfen wieder Aufsichtspersonal<br />
anwesend ist. Dafür sind<br />
mindestens 500 Beschäftigte erforderlich.<br />
Die aktuellen Planungen sehen die<br />
entgegengesetzte Entwicklung vor: Das<br />
Aufsichtspersonal soll weiter reduziert<br />
werden. Den Planungen der S-<strong>Bahn</strong><br />
Bürger<br />
S-<strong>Bahn</strong><br />
<strong>Berlin</strong><br />
GmbH zufolge sollen nur noch 120 Mitarbeiter<br />
an zwanzig stark genutzten<br />
<strong>Bahn</strong>höfen dauerhaft eingesetzt werden.<br />
Unter Berücksichtigung der Schichtarbeit<br />
heißt das, dass es real nur 40 Personen<br />
sein werden. Und auch die sollen<br />
großteils nicht auf dem <strong>Bahn</strong>steig arbeiten,<br />
sondern in Aufsichtsgebäuden vor<br />
Monitoren sitzen, wo sie oft sogar mehrere<br />
<strong>Bahn</strong>höfe zu beobachten haben.<br />
Hinzu kommen 120 sogenannte Kundenbetreuer,<br />
die je nach Bedarf auf die<br />
<strong>Bahn</strong>höfe verteilt werden. 2<br />
Statt weiterem Personalabbau muss<br />
auf allen S-<strong>Bahn</strong>höfen wieder Aufsichtspersonal<br />
anwesend sein. Das ist im Interesse<br />
der Fahrgäste und entlastet die<br />
Triebfahrzeugführer.<br />
Eine weitere Verbesserung aus Sicht<br />
der Fahrgäste ist die Wiedereinrichtung<br />
von Fahrkartenschaltern, die mit Menschen<br />
besetzt sind. Die Automatisierung<br />
des Fahrkartenverkaufs schreckt viele<br />
Fahrgäste ab; ältere Menschen haben<br />
oftmals Probleme mit Automaten, andere<br />
brauchen wiederum eine spezielle<br />
Auskunft. Erfolgreiche Nahverkehrsunternehmen<br />
wie die Usedomer Bäderbahn<br />
verfolgen den entgegengesetzten Weg<br />
und setzen auf Kartenverkauf durch das<br />
Personal.<br />
Die Forderung des S-<strong>Bahn</strong>-<strong>Tisch</strong>es<br />
lautet: Zumindest auf allen Umsteigebahnhöfen<br />
im S- und U-<strong>Bahn</strong>netz muss<br />
es mit Personal besetzte Schalter geben,<br />
wobei diese Verkaufsmöglichkeiten mindestens<br />
zehn Stunden am Tag geöffnet<br />
sein müssen.<br />
Offenlegung der Verträge und<br />
Untersuchungsausschuss<br />
Zu all diesen den operativen Bereich betreffenden<br />
Forderungen kommt entscheidend<br />
hinzu, dass die Rahmenbedingungen,<br />
in denen sich die S-<strong>Bahn</strong> bewegt,<br />
für Nutzer, Belegschaft, Interessenvertretungen<br />
und andere transparent<br />
gemacht werden müssen. Dazu gehört<br />
unter anderem die inzwischen zu einem<br />
Großteil erfolgte Offenlegung des Verkehrsvertrages<br />
mit allen angehängten<br />
oder weitergehenden Dokumenten. Interessanterweise<br />
stellte diese Forderung<br />
am 14. Februar 2012 auch die SPD-Fraktion<br />
auf – womit sie eine Forderung des<br />
S-<strong>Bahn</strong>-<strong>Tisch</strong>es übernahm.<br />
Um eine Wiederholung des S-<strong>Bahn</strong>-<br />
Chaos auszuschließen, muss ein Untersuchungsausschuss<br />
zur Kontrolle der<br />
Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen<br />
und zur Wiederherstellung des<br />
sicheren, vollumfänglichen und nachhaltigen<br />
Fahrbetriebs eingesetzt werden.<br />
Dieser Untersuchungsausschuss muss<br />
sich auch erneut eingehend mit den<br />
Gründen für das entstandene Chaos beschäftigen,<br />
lückenlos auf allen Ebenen<br />
die Fehler auflisten und Handlungshinweise<br />
geben. Wenn der Untersuchungsausschuss<br />
diese Ziele verfolgen soll,<br />
kann er sich folgerichtig nicht nur aus<br />
dem Management (das heißt aus Betriebswirtschaftlern<br />
und Juristen) oder<br />
der Politik zusammensetzen. Es müssen<br />
Lunapark21·extra 6/2012