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SEI LEI<strong>DE</strong>NSCHAFTLICH<br />
IN <strong>DE</strong>INER<br />
KOMMUNIKATION.<br />
Eine Mannschaft zu sein heißt im Kern,<br />
Einzelnes zu Gemeinsamem zu machen.<br />
Das wichtigste Werkzeug dafür ist Kommunikation.<br />
Es ist ein schwierig zu beherrschendes<br />
Werkzeug. Denn es kann, nicht<br />
gut verwendet, aus dem besten Konzept<br />
ein schlechtes Ergebnis machen.<br />
Umso schwieriger wird alles, wenn du<br />
deine Ideen und Überzeugungen in einer<br />
Sprache vermitteln musst, die nicht deine<br />
ist. Beim Training der Bayern werden<br />
sechs Sprachen gesprochen: Die Basis ist<br />
das Deutsche, das Pep gelernt hat, dann<br />
das Englische; mit einigen Spielern unterhält<br />
sich Pep auf Katalanisch, Spanisch,<br />
Französisch oder Italienisch. Diese<br />
Gespräche werden sichtbar leidenschaftlich<br />
geführt, denn wo die mündliche<br />
Kommunikation nicht ausreicht, nimmt<br />
Pep Gesten zu Hilfe. Er umarmt seine<br />
Spieler, klopft ihnen auf den Rücken,<br />
küsst sie, schubst sie weiter.<br />
Und sie antworten ihm in gleicher<br />
Weise. Man muss nur sehen, wie Ribéry<br />
oder Boateng sich mit Pep über ihre Tore<br />
freuen, um zu verstehen, dass gute Kommunikation<br />
Leidenschaft braucht.<br />
Das erste Buch, für das<br />
Pep Guardiola einem Journalisten<br />
gestattete, ihn bei<br />
seiner täglichen Trainingsarbeit<br />
zu begleiten – und<br />
das eine ganze Saison lang:<br />
„Herr Guardiola“, Kunstmann,<br />
2014, 320 Seiten.<br />
Guardiola ist heißblütig. Er leidet<br />
während der Spiele, ihm ist elend, er glüht,<br />
er altert sichtlich, er schimpft auf Schiedsrichter.<br />
All diese Energie überträgt sich<br />
auf seine Spieler. Sie wissen, dass er bereit<br />
ist, mit ihnen und für sie zu kämpfen,<br />
sie zu unterstützen, sie zu Leistungen<br />
anzutreiben, die sie sich selbst nicht zugetraut<br />
hätten.<br />
Pep Guardiola ist wie Öl, das man ins<br />
Feuer gießt: Das Ergebnis ist mehr und<br />
mehr Feuer.<br />
SEI BEREIT<br />
ZU LIEBEN.<br />
Als der FC Bayern bereits im März 2014<br />
als deutscher Meister feststand, ging<br />
Franck Ribéry während der Meisterschaftsfeier<br />
zu Pep und sagte zu ihm: „Ich liebe<br />
dich! Du bist in meinem Herzen.“<br />
Im ersten Spiel der Saison 2014/15<br />
hatte der FC Bayern mit vielen Problemen<br />
zu kämpfen. Wichtige Spieler waren verletzt,<br />
und die deutschen Nationalspieler –<br />
nach ihrem WM-Triumph gerade erst nach<br />
München zurückgekehrt – hatten kaum<br />
trainiert. Es war ein schwieriges Spiel,<br />
doch Guardiola forderte von den Spielern<br />
höchsten Einsatz. Bayern gewann, und<br />
nach der Begegnung umarmten sich Pep<br />
und Philipp Lahm in grenzenloser Freude.<br />
„Philipp, ich liebe dich! Danke für deinen<br />
großartigen Einsatz“, sagte Pep zu seinem<br />
Kapitän.<br />
Für Pep ist solche Emotionalität keine<br />
Frage einer Management-Kultur oder<br />
Führungsqualität. Es geht ihm ernsthaft<br />
um die Liebe zu seinen Spielern, mit<br />
denen er durch dick und dünn geht.<br />
Als ihm der junge Pierre-Emile Højbjerg<br />
unter vier Augen anvertraute, dass<br />
sein Vater Krebs hatte, weinten beide<br />
gemeinsam. Der Trainer tat alles, was<br />
er konnte, um dem jungen Spieler und<br />
dessen Vater – der wenige Monate darauf<br />
starb – beizustehen. Højbjerg sagte einmal<br />
zu mir: „Pep ist für mich wie ein<br />
zweiter Vater.“<br />
Später begehrte Højbjerg auf. Er wollte<br />
häufiger eingesetzt werden, beanspruchte<br />
einen Stammplatz in der Mannschaft; doch<br />
Pep räumte ihm diesen Platz nicht ein.<br />
Højbjerg benahm sich wie ein aufsässiger<br />
19-jähriger Sohn. Er bat darum, an den<br />
FC Augsburg ausgeliehen zu werden. Pep<br />
verhielt sich wie ein Vater, der das Beste<br />
für sein Kind will: Er ließ ihn gehen, nahm<br />
ihm aber das Versprechen ab, wieder<br />
zurückzukommen.<br />
ZIEH ALLES<br />
IN ZWEIFEL.<br />
Pep fragt und fragt. Er fragt sich selbst,<br />
stellt anderen Fragen. Er kann mit seinen<br />
Fragen nerven. Und manchmal ändert<br />
er seine Meinung über Nacht. Nicht,<br />
weil er nicht wüsste, was er machen soll,<br />
sondern weil er sämtliche Aspekte und<br />
Eventua litäten eines Spiels in Betracht<br />
ziehen möchte.<br />
Von Pep lernen wir: Erfolg ist viel<br />
mehr das Ergebnis von Zweifeln als das<br />
Ergebnis von Gewissheiten.<br />
GETTY IMAGES ILOVEDUST<br />
44 THE RED BULLETIN