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The Red Bulletin Mai 2015 - DE

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SEI LEI<strong>DE</strong>NSCHAFTLICH<br />

IN <strong>DE</strong>INER<br />

KOMMUNIKATION.<br />

Eine Mannschaft zu sein heißt im Kern,<br />

Einzelnes zu Gemeinsamem zu machen.<br />

Das wichtigste Werkzeug dafür ist Kommunikation.<br />

Es ist ein schwierig zu beherrschendes<br />

Werkzeug. Denn es kann, nicht<br />

gut verwendet, aus dem besten Konzept<br />

ein schlechtes Ergebnis machen.<br />

Umso schwieriger wird alles, wenn du<br />

deine Ideen und Überzeugungen in einer<br />

Sprache vermitteln musst, die nicht deine<br />

ist. Beim Training der Bayern werden<br />

sechs Sprachen gesprochen: Die Basis ist<br />

das Deutsche, das Pep gelernt hat, dann<br />

das Englische; mit einigen Spielern unterhält<br />

sich Pep auf Katalanisch, Spanisch,<br />

Französisch oder Italienisch. Diese<br />

Gespräche werden sichtbar leidenschaftlich<br />

geführt, denn wo die mündliche<br />

Kommunikation nicht ausreicht, nimmt<br />

Pep Gesten zu Hilfe. Er umarmt seine<br />

Spieler, klopft ihnen auf den Rücken,<br />

küsst sie, schubst sie weiter.<br />

Und sie antworten ihm in gleicher<br />

Weise. Man muss nur sehen, wie Ribéry<br />

oder Boateng sich mit Pep über ihre Tore<br />

freuen, um zu verstehen, dass gute Kommunikation<br />

Leidenschaft braucht.<br />

Das erste Buch, für das<br />

Pep Guardiola einem Journalisten<br />

gestattete, ihn bei<br />

seiner täglichen Trainingsarbeit<br />

zu begleiten – und<br />

das eine ganze Saison lang:<br />

„Herr Guardiola“, Kunstmann,<br />

2014, 320 Seiten.<br />

Guardiola ist heißblütig. Er leidet<br />

während der Spiele, ihm ist elend, er glüht,<br />

er altert sichtlich, er schimpft auf Schiedsrichter.<br />

All diese Energie überträgt sich<br />

auf seine Spieler. Sie wissen, dass er bereit<br />

ist, mit ihnen und für sie zu kämpfen,<br />

sie zu unterstützen, sie zu Leistungen<br />

anzutreiben, die sie sich selbst nicht zugetraut<br />

hätten.<br />

Pep Guardiola ist wie Öl, das man ins<br />

Feuer gießt: Das Ergebnis ist mehr und<br />

mehr Feuer.<br />

SEI BEREIT<br />

ZU LIEBEN.<br />

Als der FC Bayern bereits im März 2014<br />

als deutscher Meister feststand, ging<br />

Franck Ribéry während der Meisterschaftsfeier<br />

zu Pep und sagte zu ihm: „Ich liebe<br />

dich! Du bist in meinem Herzen.“<br />

Im ersten Spiel der Saison 2014/15<br />

hatte der FC Bayern mit vielen Problemen<br />

zu kämpfen. Wichtige Spieler waren verletzt,<br />

und die deutschen Nationalspieler –<br />

nach ihrem WM-Triumph gerade erst nach<br />

München zurückgekehrt – hatten kaum<br />

trainiert. Es war ein schwieriges Spiel,<br />

doch Guardiola forderte von den Spielern<br />

höchsten Einsatz. Bayern gewann, und<br />

nach der Begegnung umarmten sich Pep<br />

und Philipp Lahm in grenzenloser Freude.<br />

„Philipp, ich liebe dich! Danke für deinen<br />

großartigen Einsatz“, sagte Pep zu seinem<br />

Kapitän.<br />

Für Pep ist solche Emotionalität keine<br />

Frage einer Management-Kultur oder<br />

Führungsqualität. Es geht ihm ernsthaft<br />

um die Liebe zu seinen Spielern, mit<br />

denen er durch dick und dünn geht.<br />

Als ihm der junge Pierre-Emile Højbjerg<br />

unter vier Augen anvertraute, dass<br />

sein Vater Krebs hatte, weinten beide<br />

gemeinsam. Der Trainer tat alles, was<br />

er konnte, um dem jungen Spieler und<br />

dessen Vater – der wenige Monate darauf<br />

starb – beizustehen. Højbjerg sagte einmal<br />

zu mir: „Pep ist für mich wie ein<br />

zweiter Vater.“<br />

Später begehrte Højbjerg auf. Er wollte<br />

häufiger eingesetzt werden, beanspruchte<br />

einen Stammplatz in der Mannschaft; doch<br />

Pep räumte ihm diesen Platz nicht ein.<br />

Højbjerg benahm sich wie ein aufsässiger<br />

19-jähriger Sohn. Er bat darum, an den<br />

FC Augsburg ausgeliehen zu werden. Pep<br />

verhielt sich wie ein Vater, der das Beste<br />

für sein Kind will: Er ließ ihn gehen, nahm<br />

ihm aber das Versprechen ab, wieder<br />

zurückzukommen.<br />

ZIEH ALLES<br />

IN ZWEIFEL.<br />

Pep fragt und fragt. Er fragt sich selbst,<br />

stellt anderen Fragen. Er kann mit seinen<br />

Fragen nerven. Und manchmal ändert<br />

er seine Meinung über Nacht. Nicht,<br />

weil er nicht wüsste, was er machen soll,<br />

sondern weil er sämtliche Aspekte und<br />

Eventua litäten eines Spiels in Betracht<br />

ziehen möchte.<br />

Von Pep lernen wir: Erfolg ist viel<br />

mehr das Ergebnis von Zweifeln als das<br />

Ergebnis von Gewissheiten.<br />

GETTY IMAGES ILOVEDUST<br />

44 THE RED BULLETIN

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