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Kulturnotizen - Druckservice HP Nacke KG

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Weg durch die Republik dann eben auch<br />

in Wuppertal Halt machten. Oder sie<br />

ließ für viel Geld Von-bis-Ausstellungen<br />

zusammenstellen, in denen Museen aus<br />

©VG Bild-Kunst, Bonn 2010<br />

anderen Städten ihre mehr oder minder<br />

leuchtenden Highlights präsentieren<br />

durften. Die Publikumsresonanz blieb<br />

über Jahre hinweg trotzdem so übersichtlich,<br />

dass der städtische Kulturausschuss<br />

irgendwann zur Kenntnis nehmen<br />

musste, dass in die Besucherstatistiken<br />

auch Cafébesucher und Handwerker<br />

mit einberechnet worden waren, die das<br />

Museum nur für Renovierungsarbeiten<br />

betreten hatten.<br />

Gerhard Finckh arbeitet dagegen mit der<br />

eigenen Sammlung, zu der großartige<br />

Hauptwerke der klassischen Moderne gehören.<br />

Wuppertal war vor dem Krieg eine<br />

Industriestadt mit progressiven Unternehmern,<br />

die bedeutende Privatsammlungen<br />

zusammentrugen. In den Villen der Stadt<br />

hingen van Goghs letztes Selbstbildnis<br />

und Cézannes „Junge mit roter Weste“.<br />

Den Einfl uss dieser Sammler auf das<br />

Kunstklima der Stadt dokumentierte<br />

Finckh vor zwei Jahren in der identitätsstiftenden<br />

Ausstellung „Der expressionistische<br />

Impuls“.<br />

Vor allem aber konzentrierte sich der<br />

Kunsthistoriker auf das, was er in der eigenen<br />

Sammlung vorfand. Einige kleine,<br />

kaum museale Ölskizzen von Renoir im<br />

Wuppertaler Bestand boten ihm vor drei<br />

Jahren Anlass zu einer Renoir-Ausstellung.<br />

Der Schritt war mutig, bedeutende<br />

Werke fehlten weitgehend - trotzdem<br />

strömten die Besucher. Zwei Jahre später<br />

wagte sich Finckh an Claude Monet, von<br />

dem das Von der Heydt-Museum einige<br />

kapitale Bilder besitzt. Wieder reiste er<br />

durch kleinere Museen in der Schweiz<br />

und in Frankreich und fragte einige bedeutende<br />

Werke in den großen Häusern<br />

der Welt an, um eine sehenswerte Ausstellung<br />

zusammenzusuchen.<br />

Die erstklassige Sammlung in Wuppertal<br />

nutzte er dabei erneut mit großem<br />

Geschick als Verhandlungsmasse: Gibst<br />

Du mir Deinen Renoir, bekommst<br />

Du meinen Kirchner. Mehrere Rouen-<br />

Kathedralen, eine imposante Reihe von<br />

Waterloo-Bridge-Bildern und verschiedene<br />

bedeutende Landschaftsgemälde<br />

ergänzten den Gemäldegrundstock, den<br />

das Pariser Marmottan-Museum aus<br />

dem Nachlass des Malers zur Verfügung<br />

gestellt hatte, und ließen die erste ernstzunehmende<br />

deutsche Monet-Retrospektive<br />

seit mehreren Jahrzehnten entstehen.<br />

In diesem Herbst nun geht es in Wuppertal<br />

um Pierre Bonnard. Der in Paris<br />

lebende Kurator Peter Kropmanns hat<br />

einen 180 Gemälde, Zeichnungen,<br />

Grafi ken und Fotografi en umfassenden<br />

Bilderparcours zusammengestellt, der auf<br />

angenehme Weise die Balance zwischen<br />

Kunstgenuss und Kunstdidaktik hält.<br />

Kabinette zum im Paris des ausgehenden<br />

19. Jahrhunderts beliebten Japonismus<br />

oder zum Einfl uss der Fotografi e beschreiben<br />

die Inspirationsquellen von Bonnards<br />

frühen Gemälden.<br />

Danach folgt die Wuppertaler Ausstellung<br />

klug jenen Sachthemen, die sich als roter<br />

Faden durch sein Oeuvre ziehen: den<br />

Familienbildern, die auf dem Wohnsitz<br />

in Savoyen, in Arcachon und später in<br />

der Normandie entstehen. Den Akten,<br />

für die Bonnards Ehefrau, aber auch seine<br />

Geliebten Modell stehen. Den berühmten<br />

Badewannenbildern, mit denen er<br />

das schon von Edgar Degas und Henri<br />

Matisse bearbeitete Boudoir-Thema der<br />

Klassischen Moderne variierte. Zahlreiche<br />

Leihgaben stammen aus einer<br />

Privatsammlung aus Marseille, bei der es<br />

sich wohl um die Familie des Künstlers<br />

handelt; eine zweite Gruppe lieh ein<br />

New Yorker Privatsammler aus, der sich<br />

erfreulicherweise entschieden hat, die<br />

Leinwände ungerahmt an die Wände<br />

hängen zu lassen.<br />

Kropmanns stellt Bonnard inhaltlich als<br />

den Chronisten des ausgehenden bürgerlichen<br />

Zeitalters. Zwar sind für ihn die<br />

wachsende Großstadt und der Umbruch<br />

durch die Industrialisierung anders als bei<br />

den Impressionisten - wie gerade in einer<br />

fulminanten Schau in Essen zu sehen ist<br />

- kein direktes Thema. Auf die Kraft der<br />

Landschaft und der Idylle allein will sich<br />

aber auch Bonnard nicht mehr verlassen.<br />

Er entscheidet sich häufi g für den Blick<br />

von innen nach außen: durch Fenster,<br />

über Balkone und Balustraden, die die<br />

Illusion vom ewigen Arkadien eher subtil<br />

zerstören. Später werden Spiegel die<br />

Grenze zwischen den Sphären markieren.<br />

Auch die großen Familienbilder, von<br />

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