Kulturnotizen - Druckservice HP Nacke KG
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Ich bin noch Archivar der alten Garde<br />
Eberhard Illner und das<br />
Historische Zentrum Wuppertal<br />
mit dem Museum<br />
für Frühindustrialisierung<br />
1774 ritt der 25 jährige Goethe von Düsseldorf<br />
nach Elberfeld, um dort Johann Heinrich<br />
Jung, genannt Stilling, wieder zu sehen.<br />
Die beiden hatten sich in Straßburg kennen<br />
gelernt, wo Jung-Stilling Medizin studierte.<br />
Er ließ sich zunächst als praktischer und<br />
dann als Augenarzt in Elberfeld nieder.<br />
Goethe hat ihm dringend geraten, seine<br />
„Lebensgeschichte“ aufzuschreiben, deren<br />
ersten Band er dann ohne Jung-Stillings<br />
Wissen herausgab. 1789 hat sich dieser in<br />
seinem Buch „Häusliches Leben“ an seine<br />
Eindrücke vom Wuppertal erinnert:<br />
„Den Sommer übersieht man das ganze<br />
Thal zwey Stunden hinauf, bis an die<br />
Märkische Gränze, mit leinen Garn wie<br />
beschneyt, und das Gewühl von thätigen<br />
und sich glücklich nährenden Menschen<br />
ist unbeschreiblich: alles steht voll einzelner<br />
Häuser; ein Garten, ein Baumhof stößt<br />
an den andern und ein Spaziergang durch<br />
dieses Thal ist paradiesisch.“<br />
An diese Beschreibung könnte man beim<br />
Betrachten des Modells denken, das sich<br />
im Museum für Frühindustrialisierung in<br />
Barmen befi ndet.<br />
Im Alter erinnert sich Goethe in „Dichtung<br />
und Wahrheit“: „Wir besuchten Elberfeld<br />
und erfreuten uns an der Rührigkeit<br />
so mancher wohlbestellten Fabriken.<br />
Hier fanden wir unseren Jung, genannt<br />
Stilling, wieder (.....). Die betriebsame<br />
Gegend gab einen beruhigenden Anblick,<br />
weil das Nützliche hier aus Ordnung und<br />
Reinlichkeit hervortrat.“<br />
Goethes Lebenszeit von 1749 bis 1832<br />
entspricht ziemlich genau der Zeit der<br />
Frühindustrialisierung. Zwölf Jahre vor<br />
seinem Tod wurde Friedrich Engels in<br />
Barmen geboren, und 1804 rollte die erste<br />
mit Dampfkraft betriebene Eisenbahn.<br />
Goethe war ein sehr genauer Beobachter<br />
der rasanten Entwicklungen seiner Zeit.<br />
In „Wilhelm Meisters Wanderjahre“,<br />
einem seiner Spätwerke, klingt es nicht<br />
mehr nach „beruhigendem Anblick“:<br />
„(...) es war nicht zu leugnen, das Maschinenwesen<br />
vermehre sich immer im Lande<br />
und bedrohe die arbeitsamen Hände nach<br />
und nach mit Untätigkeit.“ Weiter heißt<br />
es: „Das überhandnehmende Maschinenwesen<br />
quält und ängstigt mich, es wälzt<br />
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