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wir: Gesundheit & Medizin<br />
Pionier der Laparoskopie<br />
Chefarzt Dr. Wolf-Dieter<br />
Otte gehört zu den Chirurgen,<br />
die der Bauchspiegelung<br />
in Deutschland<br />
vor 20 Jahren zum<br />
Durchbruch verhalfen.<br />
Vom „Teufelszeug“ zum anerkannten<br />
chirurgischen Standardverfahren: So<br />
lässt sich die Entwicklung der Laparoskopie<br />
(Bauchspiegelung) beschreiben.<br />
Ein Pionier dieser Operationstechnik<br />
ist Dr. Wolf-Dieter Otte, seit 1994<br />
Chefarzt der Klinik für Allgemein- und<br />
Visceralchirurgie am Marien-Hospital.<br />
Er gehörte 1992 als Oberarzt der<br />
Städtischen Krankenanstalten Esslingen<br />
zu den ersten drei Medizinern in<br />
Deutschland, die eine laparoskopische<br />
Dickdarm-Operation vornahmen. „Das<br />
hat damals sechseinhalb Stunden<br />
gedauert“, erinnert sich Dr. Otte.<br />
„Heute schafft man das in zwei bis vier<br />
Stunden, weil die Medizintechnik<br />
enorme Fortschritte gemacht hat und<br />
weil der Sachverstand der Chirurgen<br />
damit einhergegangen ist.“<br />
Bei der Bauchspiegelung betrachtet<br />
der Operateur die Bachhöhle mit einem<br />
Spezialendoskop, dem Laparoskop.<br />
Dabei handelt es sich um ein Gerät mit<br />
einer Optik, die am Ende eines dünnen<br />
Rohrs angebracht ist. Im Inneren<br />
des Laparoskops befindet sich ein<br />
Stablinsen-System, das die Bildinformation<br />
zum anderen Ende des Rohres<br />
transportiert. Dort sitzt eine Kamera,<br />
die das Bild auf einen oder mehrere<br />
Monitore weiterleitet. Für ausreichende<br />
Ausleuchtung sorgt eine Lichtquelle mit<br />
Xenonlampe.<br />
Das Ziel: schonend operieren<br />
„Ziel der Laparoskopie ist es, den<br />
Patienten möglichst schonend zu<br />
operieren“, erklärt Dr. Otte. Die Technik<br />
gehört damit zu den minimal-invasiven<br />
Verfahren, die mit kleinen Schnitten<br />
auskommen, durch die das Endoskop<br />
(röhrenförmiges optisches Untersu-<br />
chungsgerät) und die Operationsgeräte<br />
in den Bauch eingeführt werden. Auch<br />
im Brustraum, an Niere und Nebenniere,<br />
an der Schilddrüse und bei Leistenbrüchen<br />
erfolgen die Eingriffe meist<br />
minimal-invasiv. „Im Marien-Hospital<br />
machen wir pro Jahr 500 bis 700 laparoskopische<br />
Operationen und ca.150<br />
bis 200 endoskopische Dickdarm-<br />
Entfernungen“, sagt Dr. Otte. Auch bei<br />
80 <strong>Pro</strong>zent der bösartigen Krebserkrankungen<br />
des Dickdarms greift<br />
der Chirurg zum Endoskop. „Studien<br />
zeigen, dass dieses Verfahren nach fünf<br />
bis zehn Jahren bessere Ergebnisse<br />
liefert als die große offene Operation“,<br />
unterstreicht der Chefarzt.<br />
Anfangs viele Skeptiker<br />
Wissenschaftlich belegt war gar nichts,<br />
als er vor 20 Jahren mit der Laparoskopie<br />
begann. Im Gegenteil: „Die<br />
Meinungsbilder und Lehrstuhlinhaber<br />
in der Chirurgie haben dieses Verfahren<br />
damals nicht unterstützt“, erinnert sich<br />
Dr. Otte. Zu den Skeptikern gehörte<br />
zunächst auch er selbst. „Mein Chef in<br />
Esslingen hielt die Laparoskopie, die<br />
er aus den USA mitgebracht hatte, für<br />
innovativ und wies mir dieses Arbeitsfeld<br />
zu“, erinnert er sich. Doch ihn<br />
überzeugte die neue Methode nicht,<br />
außerdem sprangen viele Chirurgen<br />
ohne ausreichende Sachkenntnis und<br />
Sorgfalt auf den neuen Zug auf. Die<br />
Folge waren erhebliche Komplikationen,<br />
so dass Dr. Otte zu dem Urteil<br />
kam: „Das ist patientenschädigend.“<br />
Doch dann lernte er einen deutschen<br />
Chirurgen kennen, der sich intensiv<br />
mit der minimal-invasiven OP-Technik<br />
befasst und ein Video davon gemacht<br />
hatte. „Darin sah ich, dass die Sache<br />
doch funktioniert und habe mich daran<br />
gemacht“, sagt Dr. Otte.<br />
Heute weltweit Standard<br />
Im Austausch mit anderen Pionieren in<br />
Deutschland, Frankreich und den USA<br />
gelang es, auch die Industrie ins Boot<br />
zu holen und von der Entwicklung neuer<br />
Instrumente und bildgebender Verfahren<br />
zu überzeugen. Als dann immer<br />
mehr Patienten die minimal-invasive<br />
Methode wünschten, war der Bann<br />
gebrochen. „Zunächst haben wir Gallenblasen-<br />
und Blinddarm-Operationen<br />
gemacht und schon da gemerkt, dass<br />
die Patienten sehr davon profitieren“,<br />
so Dr. Otte. „Während die Entfernung<br />
einer Gallenblase früher 14 Tage<br />
Krankenhaus-Aufenthalt bedeutete,<br />
verringerte sich diese Zeit zunächst um<br />
die Hälfte, und heute fragen die Leute<br />
schon nach dem ersten Tag, wann sie<br />
denn endlich nach Hause können.“ Die<br />
erste endoskopische Teil-Entfernung<br />
eines Dickdarms in Deutschland 1992<br />
war dann der entscheidende Schritt<br />
hin zu einer Technik, die heute in der<br />
ganzen Welt zum klinischen Leistungsstandard<br />
gehört. „Sogar die kleinen<br />
Schnitte, durch die die Instrumente in<br />
den Bauchraum eingeführt werden, setzen<br />
die Chirurgen rund um den Erdball<br />
fast gleich“, weiß der Chefarzt.