50 Organisation_dokumentenverwaltungOhne Stolpern in die digitale WeltStarthilfe. Die Einführung <strong>de</strong>r digitalen Personalakte gerät immer wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>nselbenStellen ins Stocken. Wir zeigen die Praxisprobleme und wie sie gelöst wur<strong>de</strong>n.Von Katharina Schmitt (Red.)Am Anfang steht die Grundsatzfrage:Soll die Anwendungs-Software als komplett fertigesProdukt angeschafft wer<strong>de</strong>no<strong>de</strong>r eine spezielle Projektlösung auf <strong>de</strong>rBasis eines HR-Systems mit gestaltbarenModulen o<strong>de</strong>r auch eines – vielleichtim Hause sogar schon vorhan<strong>de</strong>nentauswahl sehr genau überlegt, welcheFunktionen wir tatsächlich brauchen“,berichtet Manuela Burzynski, Verantwortlichefür Entgelt- & HR-Systeme beiKabel BW. „Doch dann fan<strong>de</strong>n wir eineStandardlösung, die unsere Anfor<strong>de</strong>rungenabge<strong>de</strong>ckt hat und schnell auf unserespezifischen Bedürfnisse anzupassenwar. Inzwischen haben wir in <strong>de</strong>r Softwareauch manches ent<strong>de</strong>ckt, was wir„Bei Standard-Software profitieren wir von<strong>de</strong>n ‚Best Practices‘ <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Anwen<strong>de</strong>r.“Manuela Burzynski, Verantwortliche für Entgelt- & HR-Systeme bei Kabel BW– allgemeinen Dokumentenmanagementsystemsgeschaffen wer<strong>de</strong>n? EineStandardanwendung kann meist schnelleingeführt wer<strong>de</strong>n, ist kostengünstig,bringt alle nötigen Funktionen mit undwird zu<strong>de</strong>m vom Hersteller ständig weiterentwickelt.Mit Abschluss eines Wartungsvertragswird die Software auchan künftige gesetzliche Anfor<strong>de</strong>rungenohne weitere Kosten angepasst.Größere Individualität verspricht hingegendie Projektlösung, die naturgemäßeinen kun<strong>de</strong>nspezifischen Funktionsumfangbeinhaltet. Dazu ist allerdingseine entsprechen<strong>de</strong> Vorarbeit in Formvon Pflichten- und Lastenheften nötig,außer<strong>de</strong>m muss über die gesamte Laufzeitein kompetentes Projektmanagementgewährleistet sein. Das be<strong>de</strong>utetlängere Einführungszeit, höhere Kostenund ein hohes Maß an Risiko, wenn dasProjekt nicht wie ge plant zum Abschlusskommt. „Wir haben uns vor <strong>de</strong>r Produk-selbst gar nicht auf unserer Checklistehatten. So profitieren wir von <strong>de</strong>n ‚BestPractices‘ aller Anwen<strong>de</strong>r.“„Erst im Gespräch mit <strong>de</strong>m IT-Leiter wur<strong>de</strong><strong>de</strong>r Plan <strong>de</strong>r Server-Reorganisation klar.“Sind alle Beteiligten an Bord?Um spätere Probleme zu vermei<strong>de</strong>n,sollten von Anfang an alle betroffenenAbteilungen und Organisationseinheiteninvolviert sein: Vom Managementüber Einkauf bis zur IT und <strong>de</strong>r Personalabteilung,die das Projekt steuert.Nach Bedarf müssen in <strong>de</strong>n einzelnenSchritten auch externe Projektpartnerwie Rechenzentren o<strong>de</strong>r Scan-Dienstleistereinbezogen wer<strong>de</strong>n. Mitarbeiterund <strong>de</strong>m Datenschutzbeauftragte müssensich zu<strong>de</strong>m ständig austauschen.Mit Betriebsrat und Personalvertretungmuss zu<strong>de</strong>m frühzeitig geklärt wer<strong>de</strong>n,inwieweit eine bestehen<strong>de</strong> Betriebsvereinbarungauch für die digitale Personalaktegilt o<strong>de</strong>r wo diese an die neuenBedingungen angepasst wer<strong>de</strong>n muss.Die Zusammenarbeit sollte für bei<strong>de</strong>Seiten gewinnbringend sein – so kann<strong>de</strong>n Vertretern <strong>de</strong>s Betriebsrats beispielsweiseüber eine spezielle Benutzerrolle<strong>de</strong>r direkte Zugriff auf die fürihre Belange notwendigen Informationen<strong>de</strong>r digitalen Personalakte eingerichtetwer<strong>de</strong>n.Wie wichtig <strong>de</strong>r permanente Kontaktmit allen Stakehol<strong>de</strong>rn ist, kann auchVolker Bach, Personalleiter im Kin<strong>de</strong>r-und Jugendbereich <strong>de</strong>r VestischenCaritas-Kliniken, bestätigen. „Vor Einführung<strong>de</strong>r Personalakten-Software beiuns in Datteln waren <strong>de</strong>r IT-AbteilungBe<strong>de</strong>nken gekommen, die Integrationeiner weiteren Software in die bisherigeStruktur könnte zu aufwendig wer<strong>de</strong>n.“Um keine Verzögerung <strong>de</strong>s Projekts zuriskieren, hatte die PersonalabteilungVolker Bach, Personalleiter Kin<strong>de</strong>r- und Jugendbereich, Vestische Caritas-Klinikenbereits <strong>de</strong>n externen Betrieb <strong>de</strong>r Lösungin einem Rechenzentrum ins Auge gefasst.„Im Gespräch mit <strong>de</strong>m IT-Leiter habeich dann erfahren, dass ohnehin eineReorganisation <strong>de</strong>r Server-Landschaftfür alle Einrichtungen <strong>de</strong>r Vestischenpersonalmagazin 10 / 12
51Caritas-Kliniken in Planung war. Für dieEinführung <strong>de</strong>r digitalen Personalaktewur<strong>de</strong> die Neustrukturierung dann einfachvorgezogen, und allen Beteiligtenwar gedient“, freut sich Bach.Was tun mit <strong>de</strong>n Bestandsakten?Für <strong>de</strong>n Weg ins papierlose Büro ergebensich je nach Aktenumfang undArbeitsweise <strong>de</strong>r Personalabteilungunterschiedliche Vorgehensweisen. Imrudimentärsten Fall behält man die Bestandsakteneinfach bei und archiviertnur die neu hinzukommen<strong>de</strong>n Dokumentedigital. Dann wird jahrelang weiterauf das Papierarchiv zurückgegriffen– allerdings immer seltener, <strong>de</strong>nn in <strong>de</strong>rRegel beziehen sich nicht mehr als zehnProzent <strong>de</strong>r Aktenzugriffe auf Dokumente,die älter als sechs Monate sind.Bei <strong>de</strong>r bedarfsweisen Digitalisierungwird die klassische Aktenablage in Papierformso lange beibehalten, bis eineAkte erstmals benötigt wird. Dann aberscannt man sie komplett ein und kannfortan digital darauf zugreifen. Die dritte,am weitesten verbreitete Möglichkeitbesteht darin, <strong>de</strong>n Aktenbestand vonAnfang an in vollem Umfang zu digitalisieren.Doch auch das muss sorgfältiggeplant sein: „Hierfür das eigene Personaleinzusetzen, kann schnell zu großenFrustrationen führen“, warnt RolandSchäfer, Projektleiter Personal bei <strong>de</strong>rAgravis Raiffeisen AG. „Statt unsereMitarbeiter zusätzlich zur Einarbeitungin die neue Software auch noch mit <strong>de</strong>mEinscannen zu belasten, haben wir unsfür einen externen Scandienstleisterentschie<strong>de</strong>n.“ Wichtig ist es dann nur,ein Unternehmen zu wählen, das bereitsüber einschlägige Erfahrung mitPersonalunterlagen verfügt. Schließlichsind die Dokumente einer Personalaktesehr heterogen und aufgrund <strong>de</strong>r langenAufbewahrungsfristen nicht selten vonzweifelhafter Beschaffenheit.„Das eigene Personal zum Scannen einzusetzen,kann schnell zu Frustration führen.“Roland Schäfer, Projektleiter Personal bei <strong>de</strong>r Agravis Raiffeisen AG„Steht <strong>de</strong>r Mensch im Vor<strong>de</strong>rgrund, fin<strong>de</strong>nsich für alle Probleme kreative Lösungen.“Christian Rabiega, Systemingenieur bei IQDoQRevisionssicher o<strong>de</strong>r nicht?In <strong>de</strong>r neuen Lösung müssen die eingescanntenAkten revisionssicher archiviertsein. Um gegenüber Behör<strong>de</strong>n undvor Gericht als rechtskräftige Belegezu gelten, muss die Lösung <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lsgesetzbuchs (§§239, 257 HGB) und allen weiteren steuerrechtlichenund han<strong>de</strong>lsrechtlichenVorgaben entsprechen. Um hier aufNummer sicher zu gehen, sollte die eingesetztedigitale Personalakte über einentsprechen<strong>de</strong>s Zertifikat verfügen, dasdie Einhaltung etwa <strong>de</strong>r Prüfkriterienfür Dokumentenmanagementlösungen(PK-DML) <strong>de</strong>s Verbands für Organisations-und Informationssysteme (VOI)bescheinigt. Zusätzlich muss eine Verfahrensdokumentation<strong>de</strong>n Rahmenfür die ordnungsgemäße Nutzung und<strong>de</strong>n sicheren Betrieb beim Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>finieren– die Revisionssicherheit imZusammenhang mit <strong>de</strong>r elektronischenArchivierung nicht nur auf technischeKomponenten, son<strong>de</strong>rn auf die gesamteLösung einschließlich <strong>de</strong>r Organisationim Unternehmen. I<strong>de</strong>alerweise stellt <strong>de</strong>rAnbieter <strong>de</strong>r digitalen Personalakte einepassen<strong>de</strong> Musterdokumentation zurVerfügung, die sich in vergleichbarenZertifizierungen bereits bewährt hat undan die individuelle Kun<strong>de</strong>nsituation angepasstwer<strong>de</strong>n kann. „Die revisionssichereArchivierung ist ein wesentlicherBestandteil <strong>de</strong>r Compliance von Informationssystemen“,sagt Dr. Silke Keller,Auditorin <strong>de</strong>r Tüv InformationstechnikGmbH, Unternehmensgruppe Tüv Nord.„Nur wer die dahinterstehen<strong>de</strong>n Prozessedurch eine anerkannte externeIns titution auf die Übereinstimmung mit<strong>de</strong>n Vorgaben überprüfen lässt, ist spätervor bösen Überraschungen sicher.“Alles bedacht bei <strong>de</strong>r Projektplanung?Schon die wenigen diskutierten Stolpersteinehaben klargemacht: Eine Lösungfür die digitale Personalakte einzuführen,ist kein triviales Unterfangen. DasProjekt besteht aus unzähligen Teilprojektenmit internen wie externenProjektpartnern, <strong>de</strong>ren Fä<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Personalabteilungzusammenlaufen. Damitliegt dort auch die fachliche wie organisatorischeVerantwortung für <strong>de</strong>n Erfolg<strong>de</strong>s Projekts. Hier kommt es darauf an,die einzelnen Aktivitäten von Anfang anin einem übersichtlichen Projektplan zusammenzufassenund trotz aller Detailsnicht die Zusammenhänge aus <strong>de</strong>n Augenzu verlieren.„Nach meiner Erfahrung verläuft einEinführungsprojekt umso reibungsloser,je flexibler und pragmatischer esdie Verantwortlichen verstehen, mit <strong>de</strong>rkomplexen Situation umzugehen“, betontChristian Rabiega, <strong>de</strong>r als Systemingenieurbei IQDoQ ein gutes DutzendPersonalaktenprojekte begleitet hat.„Wenn <strong>de</strong>r Projektleiter <strong>de</strong>n Menschenin <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund stellt und auchmit möglichen Projektgegnern ganz offenkommuniziert, lassen sich für alleStolpersteine kreative Lösungen entwickeln.“Und wo sollte diese Kompetenzim Unternehmen eher zu fin<strong>de</strong>n sein alsin <strong>de</strong>r Personalabteilung?10 / 12 personalmagazinBei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.<strong>de</strong>