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Sie marschieren wieder. . .

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Die Bremer HetzmusikantenDie rechtsextreme Musikszene der Hansestadt ist radikal, beständig – und beängstigend lebendig<strong>Sie</strong> nennen sich „Endlöser“ und „Hetzjagd“,„Nahkampf“ und „Rufmord“. <strong>Sie</strong> hetzen gegenJuden und Ausländer, gegen Christen undDemokraten. <strong>Sie</strong> verherrlichen Krieg undRassenwahn, Adolf Hitler und Rudolf Heß. Ihren„Feinden“ drohen sie unverhohlen mit brutalerGewalt bis zum Mord. Laut und aggressivschreien sie ihre Parolen ins Mikrofon und pressensie auf CD. Das alles geschieht mitten in undrund um Bremen. Was kaum jemand weiß: DieHansestadt hat eine der radikalsten und aktivstenRechtsrock-Szenen.<strong>Sie</strong> ist Heimat einer derältesten deutschen Rechtsrock-Bands.„Endstufe“gründete sich 1981 umSänger Jens „Brandy“Brandt. Rund 20 Tonträgerhat sie seither veröffentlichtund nach eigenen Angabenmehr als 100 000 Exemplaredavon verkauft. VierVeröffentlichungen hat dieBundesprüfstelle für jugendgefährdendeMedienauf ihren Index gesetzt. <strong>Sie</strong>dürfen nicht in die HändeJugendlicher gelangen oderöffentlich beworben werden.Zwei CDs sind zudem beschlagnahmt. EineBeschlagnahme beschließen Gerichte, wenn dieInhalte einen Straftatbestand erfüllen – in derRegel Volksverhetzung oder Verfassungsfeindlichkeit.Elf Jahre jünger als „Endstufe“ ist die BremerBand „Endlöser“. Von 1993 an hieß sie„Schlachtruf“, seit 2002 firmiert sie <strong>wieder</strong> als„Endlöser“. Die Band um Sänger Andreas Loheihat seit 1995 sechs CDs auf den Markt gebracht,ihren „Kampf ums Überleben“ ließen die Richterbeschlagnahmen. Ende 2004 ist ihr jüngstesMachwerk erschienen: „Zurück von den Toten“.Ein Teil der wechselnden Bandbesetzung gehört„Wir stehen auf Sex,wir stehen auf Bier.Total besoffen,werden wir zum Tier.Es ist eine Schande,wir werden verkannt.Wir sind die Eliteaus deutschem Land.“„Skinheads aus der Arbeiterklasse“,Album„Schütze Deine Kinder“,Endstufe 1994den „Hammerskins“ an. Offen bekennen sichdie Bremer in Liedtexten und in CD-Booklets zudem gefährlichen internationalen Rassisten-Netzwerk. Die Bewegung schwappte Anfang der90er Jahre aus den USA nach Europa.„Hammerskins“ sehen sich als elitäre „arischeBruderschaft“ mit absolutem Führungsanspruch.2003 entstand in Bremen der Sampler „StatusQuo Germania“ mit dem Untertitel „Hammerskin-Nation“.Neben „Endlöser“ und „Hetzjagd“aus Bremen lärmen darauf mehrere„Hammerskin“- und„Blood & Honour“-naheBands aus dem ganzenBundesgebiet. „Blood &Honour“ ist ein großesinternationales Neonazi-Netzwerk. VordringlichesZiel: rechtsextreme Musikinternational zu vermarkten– an Behörden undVerboten vorbei – unddamit viel Geld zu verdienen.Verbrämt mit einerrudimentären rechtsextremenIdeologie „von Skinheadsfür Skinheads“ genießt„Blood & Honour“in der rechten Szene großes Ansehen. Im Jahr2000 verbot Innenminister Otto Schily „Blood &Honour“ in Deutschland. Insider der Neonazi-Szene sind sich aber mit Polizei und Experten ausJournalismus und Wissenschaft einig, dass dieBewegung im Untergrund weiter existiert. Aufeinschlägigen Internetseiten werden „Blood &Honour“-Konzerte noch immer offen angekündigt.Projekte wie „Status Quo Germania“zeugen von der Beständigkeit der BremerRechtsrock-Szene – und von ihren bundesweitenund internationalen Verbindungen. Die gibt esseit Jahren, das belegt auch „Grenadier“. So heißtHochkonspirativ organisiert und häufig auchvon der Polizei unbehelligt finden in NiedersachsenHardcore-Neonazi-Konzerte statt.ein Bandprojekt, in dem „Endstufe“ mit US-amerikanischenund australischen Neonazi-BandsCDs produzieren. Die jüngste entstand 2002 undheißt „Rudolf Heß“. Der einstige StellvertreterHitlers wird von vielen Neonazis als „Märtyrerfür Deutschland“ verehrt.Eine weitere feste Größe in Bremens rechterSzene ist die Hooligan-Band „KC–HungrigeWölfe“, kurz „KC“ genannt. Mit der Wahl ihresNamens kokettieren die „Musiker“ um SängerHannes Ostendorf bereits mit ihrem Ja zurGewalt: „KC“ steht für „Kategorie C“, und sonennt die Polizei gewaltbereite Fußballfans.„KC“ hat sich bundesweit längst einen zweifelhaftenNamen gemacht, sie gilt heute als die deutscheHooligan-Band. Ihre „Musiker“ wehren sichimmer <strong>wieder</strong> gegen Bezeichnungen wie rechts-extrem oder neonazistisch. Viele Liedtexte verherrlicheneher Brutalität und Alkoholmissbrauchals rechtsextreme Weltanschauungen.Aber es gibt auch andere Lieder. In derenTexten sehen Kritiker Gewalt gegen Ausländerpropagiert oder den Nationalsozialismus verherrlicht.Die Band tritt zudem auf Konzertenauch mit einschlägig bekannten Neonazi-Gruppenauf – so zum Beispiel Ende 2004 in Bad Nenndorfbei Hannover mit den Berliner Neonazis von„Berserker“.Zumindest Sänger Ostendorf, der im Januar2002 „Kategorie C – KC Die Band“ als Wort- undBildmarke schützen ließ, scheint zu seiner neonazistischenGesinnung zu stehen: Er ist auchFrontmann der „Blood & Honour“-nahen Band„Nahkampf“. Die sehr konspirativ agierendeGruppe hat seit ihrer Gründung 1986 fünf CDsveröffentlicht, von denen zwei indiziert sind. Zweiweitere sind Gemeinschaftswerke mit einschlägigenBands – und ein weiterer Beleg für die weitreichenden Verbindungen Bremens braunerMusikanten. 2001 veröffentlichte „Nahkampf“unter anderem eine CD mit „Kolovrat“.„Kolovrat“ ist das russische Wort für Hakenkreuzund der Name der ersten neonazistischenSkinhead-Band in Russland.Das A im Schriftzug von „Nahkampf“erinnert an das verbotene Zivilabzeichen vonAdolf Hitlers Sturmabteilung (SA) – so sehr,dass selbst einige rechte CD-Versandhändler esschwärzen ließen. Im Jahr 2000 ließ sich ausgerechnetder Bremer Jens Pühse den Schriftzug alsMarke eintragen. Pühse ist Vorstandsmitglied derrechtsextremen NPD und auch im Vorstand derJungen Nationaldemokraten (JN), der radikalenNPD-Jugendorganisation. Mit „Pühses Liste“betreibt er zugleich einen großen deutschenRechtsrock-Versandhandel. Pühse lebt heute inSachsen und arbeitet dort als Geschäftsführer derNPD-Postille „Deutsche Stimme“.Bremens „musizierende“ Rechte pflegennicht nur bundesweite und internationaleKontakte, sie sind auch eng mit dem niedersächsischenUmland verbandelt. Ein Beispiel:„Nahkampf“ hat im Bandprojekt „Panzerdivision“mit den rechtsextremen „PatrioticBois“* aus Delmenhorst gespielt. Einige der„Patriotic Bois“ haben sich bei „Sturmbrigade“mit Ex-KC-Mitglied Rainer Friedrichs zusammengefunden.Mit von der Partie waren auch„Endstufe“ und „Nahkampf“. Eine Gruppe, dieoffensichtlich beim Publikum so gut ankam, dassman sich für das Projekt „Rufmord“ <strong>wieder</strong> traf.Titel der CD: „Jetzt erst recht“.Christine Kröger* In der rechten Skinhead-Szene – aber nichtnur dort – werden „eu“ und ähnlich klingendeLaute häufig durch „oi“ ersetzt.Der Rechtsrock boomt:CDs, auf denen Bremer Bands ihre Hetzmusikzum Besten geben.2223

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