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Sie marschieren wieder. . .

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Der rechte SchulterschlussAuch in Niedersachsen soll eine „Volksfront von rechts“ entstehen„Heimat“ NiedersachsenIhre ersten Landtagsmandate errang die NPD in HannoverDie rechtsradikale NPD hat im Augenblicknur ein Ziel – den „Kampf um die Parlamente“.Entschlossen sucht die Partei, die in derSzene vor dem sächsischen Wahlerfolg noch alsAuslaufmodell galt, dafür den „Schulterschlussaller aufrechten Volksdeutschen“. BrauneParteistrategen träumen von einer „rechtenVolksfront“ – auch in Niedersachsen.Mit Parolen wie „Volksfront statt Gruppenegoismus“<strong>marschieren</strong> Anhänger von NPD,militanter Kameradschaftsszene,Republikanern und DeutscheVolks-Union gemeinsam, trotzinterner Richtungsstreitigkeitenund persönlicher Querelen. Wieernst es ihnen ist, haben sie am2. April 2005 beim NPD-Aufmarschin Verden gezeigt. Großzügigräumte NPD-OrganisatorAdolf Dammann zwei ehemaligen,inzwischen zur Volksfront umgeschwenktenRepublikanern Redezeitein. Gemeinsam will man versuchen,bei der Landtagswahl 2006in Niedersachsen auch das gemäßigteWählerpotenzial am rechtenRand für die NPD zu erreichen. Die Basis fürWahlkampfaktivitäten bilden jedoch dieKameradschaften. In Niedersachsen funktioniertdie Zusammenarbeit seit Jahren. Nach Angabendes Verfassungsschutzes sind die „FreienNationalisten“ landesweit in rund 20Kameradschaften aktiv. Deren Zahl steigt. Längstexistieren überall kleine scheinbar führerloseGruppen von Neonazis und Skinheads. DieAnführer der Kameradschaften in Norddeutschlandsind über das „Aktionsbüro Nord“ inHamburg vernetzt.Die NPD klinkt sich geschickt in dieseStrukturen ein. So gewähren die niedersächsischenKameraden Schützenhilfe bei derLandtagswahl in Nordrhein-Westfalen am22. Mai 2005. Florian Cordes, stellvertretenderBundesvorsitzender der NPD-NachwuchsorganisationJunge Nationaldemokraten (JN) ausOyten, half im März 2005 bei der Gründung derJN Minden, die <strong>wieder</strong>um zum NPD-Aufmarschin Verden anreiste. Die Partei scheut weder denEinsatz von Straftätern, noch scheint sie vorunlauteren Mitteln zurückzuschrecken. So wirdRechte Fans bei einem Fußballspiel in Nienburg.der Mindener „Stützpunktleiter“ BernardMarkus Renner verdächtigt, gegen das Wahlgesetzverstoßen zu haben. Der NPD-Direktkandidatfür den nordrhein-westfälischen Landtagsoll bei der dafür notwendigen Beschaffung vonUnterschriften gemogelt haben. Wie der„Spiegel“ berichtete, setzte die NPD in etlichenWahlkreisen Drückerkolonnen zur Unterschriftenbeschaffungein, deren Werber eine politischeUmfrage vorgetäuscht haben sollen. Nunermittelt die Staatsanwaltschaft Gütersloh gegenNeonazi Renner, der wegen eines Gewaltdeliktesbereits im Gefängnis gesessen hat.Die von Florian Cordes initiierte „Schuloffensive“,mit der seit Ende 2003 Jugendlichean den Schulen im Bremer Umland geködert werden,findet nun auch in Minden statt. Anders alsin Niedersachsen, konnten die Behörden soforteingreifen, weil Renners Hetzpamphlete direktauf dem Gelände eines Gymnasiums verteilt wurden.Der JN-Aktivist erhielt eine Untersagungsverfügungmit „sofortigem Vollzug“ beieiner Zwangsgeldandrohung von 5000 Euro.Auch in Nienburg verteilten NeonazisAnfang April vor der Berufsbildenden SchuleFlugblätter. Einer von ihnen hatte am Aufmarschder NPD in Verden teilgenommen, gemeinsammit etwa einem Dutzend „Kameraden“ ausNienburg. Ein weiterer Hinweis darauf, dass dieSzene zwischen Ostwestfalen, Schaumburg,Weserbergland, Nienburg undVerden eng verbandelt ist. DerRechtsextremismusexperte der Bundesregierung,Sebastian Edathy,stammt aus Nienburg. Er weiß vonbraunen Skinheads in seinemWahlkreis. Von „festen Organisationsstrukturen“könne aber imGegensatz zur SchaumburgerRegion noch nicht die Rede sein,sagt der Sozialdemokrat. RudiKlemm vom antirassistischen„Flora“-Projekt in Nienburg berichtet,dass die noch kleine örtlicheNeonazi-Szene gegenwärtigimmer aktiver wird.Die meisten der jungen Rechtsextremistengehören dem gewaltbereiten Hooliganumfeld an,das sich regelmäßig zu Fußballspielen des ASCNienburg auf dem Mußriede-Platz einfindet. Injüngster Zeit haben sich brutale Übergriffe imLandkreis Nienburg gehäuft. So wurde imDezember ein jugendlicher Antifaschist auf offenerStraße verprügelt. Dann überfielen bewaffneteRechte eine Party im Naturfreunde-Haus,bis schließlich im Januar ein 15-jährigerAusländer in Rehburg-Loccum von zwei polizeibekanntenNeonazis schwer verletzt wurde.Ein 23 Jahre alter Tatverdächtiger, der inNiedernwöhrden im Landkreis Schaumburg verhaftetwurde, war bereits wegen einesTötungsdeliktes mehrere Jahre im Gefängnis. Dermutmaßliche Mittäter ist häufig auf demHeisenhof in Dörverden anzutreffen: ArwidStrelow, wegen Körperverletzung unlängst zueiner Bewährungsstrafe verurteilt.Strelow gehört zum Umfeld der Kameradschaft„Weserbergland“. Die etwa 30 Mannstarke braune Truppe taucht seit Jahren imVerfassungsschutzbericht auf, sie organisiertpolitische Schulungen, Feiern und einen alljährlichen„Knüppelmarsch“. Drei ihrer Anführerwurden zu Haftstrafen verurteilt, weil sie einenJugendlichen gequält haben. Aus taktischenGründen versucht die Kameradschaft, ihreStrukturen zu verschleiern. Zur Zeit basteln diebraunen Strategen an einem überregionalen„Aktionsbündnis“. Als Deckmantel für dieumtriebige Kameradschaft könnte aber auch dieneugegründete JN Schaumburg dienen, vermutenInsider.Die Grenze zwischen NPD und „FreienNationalisten“ ist oft fließend. Wer wen instrumentalisiert,hängt in der Regel von der Stärkeder Anführer ab. Als einer der Anführer der jungen„Kameradschaft Zentral-Heide“ mit derRechtsrock-Band „Volkswohl“ gilt Mario Indorfaus Schneverdingen. Der vorbestrafte Neonazitritt bundesweit als Mitglied des NPD-Ordnerdienstes auf. Im Februar feierten mehr als100 Skinheads in der Schützenhalle in Soltau denJahrestag der Kameradschaft – bis die Polizei dieVeranstaltung sprengte, nachdem „<strong>Sie</strong>g Heil“-Rufe gehört worden waren.Bei rockigen Klängen und rassistischenTexten, Pogotanz und Alkohol tauschen sich dieNeonazis aus. Im März nahmen etwa 150Rechtsextremisten an einem Konzert in Bröckelbei Celle teil. Die NPD tritt bei diesen meist als„Geburtstagsfeier“ getarnten Veranstaltungennicht in Erscheinung. Aber auch hier gilt dasMotto „Volksfront statt Gruppenegoismus“.Dabei fehlt den Rechtsextremisten vor allemeines, wie sie im Internet klagen: „EineFührungsperson, die alle Kräfte eint!“Andrea RöpkeDie Nationaldemokratische Partei Deutschlands(NPD) wurde am 28. November 1964 inHannover gegründet. In der Leinestadt hatte dierechtsradikale Partei auch ihren Hauptsitz.Führende Parteipolitiker wie Adolf von Thaddenund Waldemar Schütz waren Niedersachsen.Der erste Bundesvorsitzende der NPD, BetonfabrikantFriedrich Thielen, kam aus Bremen.Zwei Jahre nach ihrer Gründung gelang derNPD mit einem Stimmenanteil von siebenProzent der Einzug in den niedersächsischenLandtag. In der Zeit zwischen 1966 und 1972 wardie neonazistische Partei in sieben Landesparlamentenmit insgesamt 61 Abgeordneten vertreten.Schon 1969 begann ihr parlamentarischerNiedergang: Die NPD verfehlte den Einzug inden Bundestag und scheiterte auch bei folgendenLandtagswahlen. Die Mehrheit ihrer Mitgliederverließ die Partei. Heute ist die NPD die ältesterechtsradikale Partei Deutschlands, derenIdeologie durch Nationalismus, Rassismus undAntisemitismus gekennzeichnet ist.Landesvorsitzender ist der 52-jährige UlrichEigenfeld aus Oldenburg, der seit 1969 Mitgliedder Partei ist. Er gehört seit 1979 auch demBundesvorstand an und leitete als Bundesgeschäftsführer1998 den Bundestagswahlkampfder NPD. Als „braune Eminenz“ in Niedersachsengilt Adolf Dammann aus Buxtehude, er istGründungsmitglied der Landespartei und sitzt imLandesvorstand.Der Landesverband Niedersachsen setzt sichaus den Unterbezirken Braunschweig, Emsland,Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg,Osnabrück, Stade-Elbe/Weser und Wolfsburgzusammen. Der Kreisbereich Verden/Rotenburguntersteht Stade. Bei der Europawahl 2004erzielte die NPD in Niedersachsen 0,9 Prozentund damit 17 201 Stimmen, 10000 mehr als beider Europawahl 1999.Andrea RöpkeUlrich Eigenfeld, der Landesvorsitzende derNPD in Niedersachsen.6869

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