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Jürgen RiegerEin Rechtsanwalt aus HamburgSuperarier im ReagenzglasEin Interview mit Jürgen Rieger im August 2004Jürgen Rieger gilt zwar als Einzelgänger, istaber eng im braunen Netzwerk verwoben undeine Schlüsselfigur in der rechtsradikalen Szene– auch über die Grenzen Deutschlands hinaus.Dass er auf eine gut ausgebaute Infrastrukturzurückgreifen kann, zeigt die Beteiligung amRudolf-Heß-Gedächtnismarsch im fränkischenWunsiedel, den Rieger seit 2001 jährlichanmeldet und leitet. In diesem Jahr kamen rund5000 Neonazis aus ganz Europa.Rieger, Jahrgang 1947 und Spross einer inHamburg-Blankenese beheimateten Arztfamilie,ist bekennender Rassist. Der Rechtsanwalt, dersich selbst unter anderem wegen Volksverhetzungund Körperverletzung vor Gericht verantwortenmusste, hat 1972 den „Nordischen Ring“mitbegründet. Er ist Vorsitzender der„Gesellschaft für biologische Anthropologie,Eugenik und Verhaltensforschung“ (GfbAEV)und leitet die „Artgemeinschaft“. BeideOrganisationen orientieren sich an derRassenideologie der Nationalsozialisten, dieGfbAEV tritt unter anderem für die Sterilisationvon Erbkranken ein.Sowohl GfbAEV wie „Artgemeinschaft“ ludenzu Tagungen in das von Rieger betriebeneSchulungszentrum in Hetendorf ein. Bis zu dessenVerbot 1998 traten hier auch Holocaust-Leugner wie Johannes P. Ney auf, der bis zuseinem Tod im Mai 2004 in Rethem (KreisVerden) lebte.Ney, in der Hitlerzeit einer der jüngstenU-Boot-Kommandeure der Reichsmarine, hattebei der dritten Hetendorfer Tagungswoche 1993vor „Rassenmischungen“ gewarnt. Und in einemoffenen Brief an Bundestagspräsident WolfgangThierse schrieb Ney: „Jetzt macht schon dieMerkelbande Jagd auf Leute, die ebenso wie ichdie Juden nicht leiden können, die also wie ichAntisemiten sind.“ Der Brief wurde noch kurzvor Neys Tod im „Reichsboten“ veröffentlicht,den der wegen Volksverhetzung verurteilte VerdenerRechtsextremist Rigolf Hennig herausgibt.Rieger hatte also schon Kontakte in dieRegion, bevor er den Heisenhof in Barme-Drübber als Direktor der Wilhelm-Tietjen-Stiftung ersteigerte. Als vor kurzem Jan Husszu Grabe getragen wurde, der zu den Bewohnerndes Heisenhofes gehörte, kam auch Rieger zurTrauerfeier nach Dauelsen, chauffiert vonHennig. Erstaunlicherweise betrat der Anwaltchristlich geweihten Boden, obgleich er dieKirche verflucht wie der Teufel das Weihwasser.Dauelsen kannte er schon von seinem Besuchdes Sachsenhains 1991. Mit einer Strafanzeigegegen die „Verantwortlichen des Fremdenverkehrsamtesin der Stadt Verden“ wegen„Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“erlitt Rieger Schiffbruch. Nach seiner Auffassungwird die Geschichte des Sachsenhains falsch dargestellt.In dem von ihm verfassten Heft„Sachsenmord und Sachsenhain“ schreibtRieger: „Die Kirche besitzt den Sachsenhainunrechtmäßig . . . Wir haben bei unserem letztenBesuch in Verden geschworen: Wir werden<strong>wieder</strong>kommen ..., bis diese Gedenkstätte von ...christlichen Merkmalen gereinigt wurde, und hier<strong>wieder</strong> das Andenken der für ihren Glaubengefallenen und ermordeten 4500 Sachsengepflegt wird!“In seiner 1972 veröffentlichten Schrift „Rasse– ein Problem auch für uns“ propagiert derEsoteriker einen Zusammenschluss der europäischenLänder „germanischer Sprachgruppe“, diegemeinsam „ein neues Reich“ bilden sollen. Unddas umfangreiche „Sittengesetz“ der „Artgemeinschaft“gebietet unter anderem den Einsatz„für Wahrung, Einigung und Mehrung der germanischenArt“, „Gefolgschaft dem besserenFührer“ und „gleichgeartete Gattenwahl, dieGewähr für gleichgeartete Kinder“.In der „Nordischen Zeitung“ brüstet Riegersich damit, dass die Artgemeinschaft unter seinerLeitung zur „größten heidnischen Gemeinschaftin Deutschland“ geworden sei. Hier drängte ernach dem Hetendorf-Verbot auf den Kauf neuerVersammlungsstätten. In Frage kämen Kurheime,die wegen der Einsparungen im Gesundheitswesenzwangsversteigert würden, Jugendherbergenoder auch frühere DDR-Betriebsferienheime.Nur eigener Besitz garantiere, dassFeiern „ungestört von durch Fernsehen, Pfaffenund anderweitige Kräfte aufgehetzte Demonstranten“durchgeführt werden könnten. ZumErwerb von Eigentum seien großzügige Spenden,Schenkungen oder Erbschaften notwendig,schreibt Rieger – vielleicht eine Erklärung dafür,dass er nicht nur über Macht in neuheidnischenund rechtsradikalen Kreisen verfügt, sondernauch über viel Geld.Der Bremer Lehrer und Altnazi WilhelmTietjen jedenfalls scheint genügend hinterlassenzu haben, um damit den Heisenhof und denSchützenhof im thüringischen Pößneck zu erwerben– der erste kostete rund 255 000 Euro, derandere 360 000 Euro. In der Hamelner Innenstadtkaufte Rieger für zwei Millionen Euro einGebäudeensemble und in Schweden gehört ihmein 650 Hektar großes Landgut, für das er mehrals eine Million Euro bezahlte. Außerdem besitzter in der Region zwischen Elbe und Weser mehrereHäuser.Anke LandwehrMitte August 2004 – der Verkauf desHeisenhofes an die Wilhelm-Tietjen-Stiftung wareineinhalb Monate zuvor bekannt geworden –führte Anke Landwehr ein Gespräch mit JürgenRieger, das seinerzeit in Auszügen veröffentlichtwurde. Was der Neonazi-Anwalt damals sagte:Frage: Herr Rieger, der Kauf des Heisenhofesdurch <strong>Sie</strong> hat bundesweit Staub aufgewirbelt.Können <strong>Sie</strong> die Aufregung verstehen?Jürgen Rieger: Eigentlich nicht. Nehmenwir mal an, wir würden dort Superarier imReagenzglas zeugen oder Sonnenwendfeiern derArtgemeinschaft veranstalten wollen, dann belastetdas doch niemanden. Wir zwängen doch niemanden,teilzunehmen oder als Samenspender zufungieren.In einem ersten Gespräch mit dieserZeitung hatten <strong>Sie</strong> erklärt, in Dörverden eineArt Fruchtbarkeitsforschungbetreiben zu wollen.Ihre SekretärinTheda Ites sprach ineinem Fernsehbeitragjedoch davon, dass <strong>Sie</strong>hier ein zweites Hetendorfplanen. Was istdenn nun richtig?Als das Fernsehteamvor der Tür stand, hat esgegossen wie verrückt.Wahrscheinlich hat sie dieFrage gar nicht richtigverstanden. <strong>Sie</strong> hat auchnicht gesagt, dass ich einzweites Hetendorf plane,sondern sie sagte, ichmöchte was für meineReligionsgemeinschaftentun. Als dann der Einwurfkam „Wie in Hetendorf?“, hat sie das bejaht.Noch einmal: Wird der Heisenhof politischeSchulungs- und Tagungsstätte?Nein, nicht wie in Hetendorf. Dafür habe ichandere Möglichkeiten.Und wo?Das verrate ich nicht. Im Heisenhof wird esaber sicher Tagungen zum Thema Fertilisation,also Fruchtbarkeitsforschung geben ... Fakt ist,dass nach dem heutigen Stand auf dem Heisenhofnahezu jede Nutzung möglich ist. Unter dieserVoraussetzung habe ich ihn ersteigert und dasweiß ich auch aus einem Gespräch mit derGemeindeverwaltung.<strong>Sie</strong> haben mit der Gemeindeverwaltunggesprochen? Wann denn das?Ach, das war, bevor es mit diesem ganzenPresserummel losging. Da hat mich jemand angerufen– den Namen weiß ich nicht mehr – undwollte wissen, ob ich auf dem HeisenhofWohnungen im großen Umfang schaffen wolle.Das habe ich verneint. Dem Anrufer ging es nurum die Entwässerungsproblematik, weil es da eingemeinsames Kanalnetz mit der früheren Bundeswehrkasernegibt. Ich habe gesagt, dass icheine eigene Kläranlage bevorzugen würde.Nach Ihren Plänen hat der Anrufer nichtgefragt?Nein.Bleibt es dabei, dass <strong>Sie</strong> in zwei, dreiJahren damit beginnen werden?Ich denke, es wird schon in anderthalb Jahrenlosgehen oder vielleicht noch früher. Nach denPresseberichten habe ich viele Anfragen undAngebote bekommen – von Leuten, die an hochwertigemSperma interessiert sind und von solchen,die ihn zur Verfügung stellen wollen.Was heißt „hochwertiges Sperma“?Nun, man muss sich den Spender genauanschauen. Zuerst kommt es da auf dieIntelligenz an und dann auf die Gesundheit. Daspielen auch Erbkrankheiten eine wichtige Rolle.Also eine Neuauflage von Lebensborn?Das ist doch Quatsch. Ich bin allerdingsgegen eine Rassenmischung und würde auch daraufachten, dass eine blauäugige Frau nur denSamen eines ebenfalls blauäugigen Mannes bekämeund nicht den eines mit braunen Augen. Ichhätte auch nichts dagegen, zueinander passendeMenschen auf dem Heisenhof zusammenzuführen.Aber die meisten sind an einer anonymenSamenspende interessiert.Haben <strong>Sie</strong> denn jemanden, der den Heisenhofleiten wird?Ja.Wer ist das?Das werde ich Ihnen nicht sagen.Haben <strong>Sie</strong> Kontakt zu Sascha JörgSchüler, dem JN-„Stützpunktleiter“ in Verden,und Sven Wellhausen, dem NPD-VorsitzendenVerden/Rotenburg?Nein, die kenne ich gar nicht.3839

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