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Die Klagen der BraunenNeonazis ziehen häufig vor GerichtNeonazis klagen oft und gerne. Gegen missliebigeÄußerungen von Antifaschisten undJournalisten, gegen behördliche Auflagen undpolizeiliche Maßnahmen versuchen sie, gerichtlichvorzugehen. Rechtsbeistand leisten ihnendabei häufig rechtskräftig verurteilte Neonaziswie der Hamburger Rechtsanwalt Jürgen Rieger.Rieger, seit Sommer 2004 Betreiber desHeisenhofes in Dörverden, gibt sein juristischesFachwissen freigiebig an „junge Kameraden“weiter. „Funkenflug“ heißt das „Handbuch fürnationale Aktivisten“, das Rieger unter demPseudonym Jürgen Riehl veröffentlicht habensoll.Der Autor des rechten Standardwerkes siehtdie „sogenannten Rechtsradikalen“ sogar einigerGrundrechte beraubt. „Damit werden nationalgesinnteMenschen zu Bürgern zweiter, wennnicht dritter Klasse degradiert“, argumentiert indem Buch ausgerechnet ein Extremist, derDemokratie und Rechtsstaat trefflich zu missbrauchenweiß.Zum Beispiel, um Mord und Umsturz alspolitisches Mittel zu propagieren: „So warten <strong>Sie</strong>es doch ab, wenn der erste Reporter umgelegt ist,der erste Richter umgelegt ist. Dann wissen <strong>Sie</strong>,es geht los. Nicht die Großen. Da wird also nunnicht der Präsident des Bundesverfassungsgerichtshofesoder was, alles Quatsch, das interessiertnicht. Aber die Gruppierung, die sinddran“*, sagt Rieger in einem Fernsehinterview.„Welche Gruppe“, hakt der Interviewer nach.Rieger droht unverhohlen und öffentlich:„Reporter, Richter, Polizisten, <strong>Sie</strong>!“Seit 30 Jahren praktiziert der gebürtigeNiedersachse als Anwalt in Hamburg-Blankenese. Selbst Anwälte der linken Szenebescheinigen ihm, ein „ausgefuchster“ Jurist zusein. Doch bei allem Know-how ist der Neonazinicht immer straflos davongekommen. Rieger istwegen Volksverhetzung und des Verwendensverfassungsfeindlicher Kennzeichen mehrfachrechtskräftig verurteilt. In den 70er Jahren habenRichter ihn auch der Körperverletzung für schuldigbefunden. Doch bislang sind gegen ihn lediglichGeldstrafen verhängt worden. Über die kanner angesichts seines Vermögens vermutlich nurlachen. Von Riegers Reichtum zeugen nicht nureine Villa in Blankenese, sondern auch zahlreicheweitere Immobilienkäufe.Sein Anwesen in Hetendorf nahe Celle allerdings,in dem Rieger regelmäßig junge Neonazisschulen lässt, schließt das Land Niedersachsen1998. Acht Jahre haben Verfassungsschützer undInnenministerium gebraucht, um das Verbot„gerichtsfest“ zu begründen. „Eine lange Zeit“,räumt Ministeriumssprecher Michael Knaps ein.„Aber nichts wäre fataler gewesen als eineNiederlage vor Gericht.“Tatsächlich schöpft Rieger gegen das Verboteinmal mehr alle Rechtsmittel aus. Als letzteInstanz muss sich das OberverwaltungsgerichtLüneburg noch im Jahr 2000 mit Hetendorfbefassen, die Richter lassen Rieger schließlichabblitzen. Aber den Rechtsanwalt kann dasnicht verdrießen: Zurzeit zankt er sich gerade mitdem Landkreis Verden vor den Gerichten. Strittigist, wie der Heisenhof genutzt werden darf.Rieger ist ein Neonazi-Anwalt, der dieÖffentlichkeit nicht scheut. Andere agieren eherim Hintergrund, haben sich aber innerhalb derSzene längst einen Namen gemacht. Gisa Pahlzum Beispiel. Die Hamburger Anwältin hat mehrereJahre in Riegers Kanzlei gearbeitet. Heute istsie laut Verfassungsschutz für das „DeutscheRechtsbüro“ tätig.Das 1991 gegründete Büro nennt sich in seinemInternetauftritt „eine Selbsthilfegruppe zurWahrung der Rechte nationaler Deutscher“.Dahinter verbirgt sich offenbar ein Netzwerkbrauner Juristen, die rechtsextremistischeStraftäter beraten. Unter „Aktuelles“ findet derJürgen Rieger fehlte auch beim Neonazi-Aufmarsch in Magdeburg im Januar 2005 nicht.Rat suchende Neonazi zum BeispielInformationen über das Thor-Steinar-Logo. DasLogo der bei Rechtsextremisten beliebtenBekleidungsmarke erinnert an Abzeichen vonAdolf Hitlers SA und SS, es ist seit November2004 verboten. Das „Deutsche Rechtsbüro“ hältaber auch umfassendere Publikationen bereit – zueinschlägigen Themen wie „Volksverhetzung“,„Pressehetze“ oder „Landfriedensbruch“.Gisa Pahl vom „Deutschen Rechtsbüro“ giltauch als Autorin zweier „Ratgeber“, die fürNeonazis längst Kultstatus haben. Unter demPseudonym Gisela Sedelmeier, auch Sedelmaiergeschrieben, werden 1992 und 1993 die Bände„Mäxchen Treuherz und die juristischenFußangeln“ und „Mäxchen Treuherz und dieFallstricke der Behörden“ veröffentlicht. BeideBücher verpacken in harmlos-lächerlicheEpisoden gefährliche Tricks, wie Neonazis ganzlegal die Demokratie bekämpfen können.Leseprobe: „O liebes Mäxchen, drum rat’ ich Dir:Halte Dich lieber an die Gesetze, denn Du mußtdamit rechnen, daß Dich die Staatsorgane mitaller Strenge verfolgen werden! Suche Dir alsoandere politische Wege, damit Du nicht als,Kanonenfutter‘ mißbraucht und von der Gewaltder Linken und der Macht des Staates zermahlenwirst!“Erschienen sind die Publikationen auch imVerlag Werner Symanek, kurz VAWS. Als dieantifaschistische Bremer Initiative „Gruftiesgegen Rechts“ Symanek des Verlegens „rechtsextremerBücher“ bezichtigt, zieht dieser 2003 vordas Landgericht Bremen. Rechtsbeistand desBuch- und Musikverlegers ist – die HamburgerAnwältin Gisa Pahl. Erfolg ist dem rechten Duonicht beschieden: Auf Anraten des Richters ziehensie die Klage zurück. So beharrlich wie erfolgloskämpft Ex-Republikaner-Mitglied Pahl auchimmer mal <strong>wieder</strong> für die rechtsextreme NPD.Der „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“im bayerischen Wunsiedel ist einer der größtenNeonazi-Aufmärsche bundesweit. Alle Jahre<strong>wieder</strong> setzt Jürgen Rieger seine Genehmigungvor den Gerichten durch.Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzigvertritt sie ein Parteimitglied, das aufgrund seinerNPD-Aktivitäten aus der Bundeswehr entlassenworden ist. Das berichtet die Partei im Internet.Aber die Richter mögen Pahls Argumenten nichtfolgen und befinden den Rausschmiss für rechtens.Nun will die NPD ihrem Mitglied raten, denFall bis zum Bundesverfassungsgericht oder zumEuropäischen Gerichtshof zu tragen. Einmal mehralso wollen die Braunen klagen und klagen . . .Christine Kröger* Geschrieben wie gesprochen.7071

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